Berufskolleg in Nordrhein-Westfalen
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Das Berufskolleg ist in Nordrhein-Westfalen die Bezeichnung für die Ende der 90er Jahre aus den berufsbildenden Schulen und den Kollegschulen hervorgegangene Schule der Sekundarstufe II mit unterschiedlichen Schulformen. Intention des Berufskollegs ist eine zeitgleiche Qualifizierung, sowohl im berufsbildenden, als auch im allgemeinbildenden Bereich, was in den vielfältigsten Bildungsgängen bereits realisiert wird. Aufgrund des Mangels an Ausbildungsstellen im Dualen System (klassische Lehre mit den Lernorten Ausbildungsbetrieb und Berufsschule), verschiebt sich das Gewicht der Bildungsgänge immer mehr in Richtung auf vollzeitliche Schulformen. Immer mehr junge Menschen suchen über die Berufskollegs einen berufsnahen Weg zum Abitur oder Fachabitur mit attraktiven Fachschwerpunkten wie Technik, Wirtschaft oder Erziehungswissenschaft.
In einigen anderen Bundesländern sind Berufskollegs lediglich besondere Schularten einer berufsbildenden Schule.
Alle Angaben zu den Schulformen, die grundsätzlich in einem Berufskolleg in NRW angeboten werden können haben natürlich eine formale Grundlage. Neben dem aktuellen Schulgesetz für NRW gilt hier besonders die "Verordnung über die Ausbildung und Prüfung in den Bildungsgängen des Berufskollegs" (APO-BK) Schulministerium
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[Bearbeiten] Berufsschule
Die Berufsschule ist für Schüler, die ihre Vollzeitschulpflicht von 10 Jahren erfüllt haben und einen Berufsausbildungsvertrag mit einem Unternehmen oder einer öffentlichen Einrichtung abgeschlossen haben. Die Klassen sind nach Berufen geordnet. Der Unterricht umfasst fachbezogene theoretische Grundlagen sowie allgemeinbildende Fächer.
- Eingangsvoraussetzungen: Berufsausbildungsvertrag
- Form: Teilzeit (ca. 8–12 Std/Woche an ein bis zwei Tagen oder in Blockform, einige Wochen pro Schuljahr)
- Dauer: drei bis dreieinhalb Jahre, Verkürzung möglich, und nur so lange wie das Berufsausbildungsverhältnis besteht
- Abschluss: betrieblich: Gesellen- oder Facharbeiterprüfung bzw. Kaufmannsgehilfenprüfung, schulisch: durch Besuch von zusätzlichen Kursen besteht u.U. die Möglichkeit, die Fachhochschulreife zu erlangen.
[Bearbeiten] Berufsvorbereitende Klassen
Diese Schulform ist für Schüler, die ihre Vollzeitschulpflicht von 10 Jahren an einer allgemeinbildenden Schule erfüllt haben und eine Berufsausbildung in einem Betrieb anstreben und keine anderweitige Vollzeitschule besuchen. Da die Schulpflicht für alle Jugendlichen bis zum Ende des Schuljahres besteht, in dem sie ihr 18. Lebensjahr vollenden, besuchen sie in dieser Zeit eine dieser berufsvorbereitenden Klassen. Auch wenn Jugendliche einer Vollzeitarbeit ohne Berufsausbildung nachgehen, sind sie zum Besuch dieser Schule verpflichtet.Je nach Art des Berufskollegs werden die Klassen nach Berufsfeldern ausgerichtet. Der Unterricht findet an einem Tag der Woche statt.
- Eingangsvoraussetzungen: keine
- Form: Teilzeit (ca. 7 Std/Woche an einem Tag)
- Dauer: Ein bis zwei Jahre
- Abschluss: Hauptschulabschluss bei entsprechenden Leistungen
Aktuell: Wegen des mangelnden Angebots an betrieblichen Ausbildungsplätzen steigen seit einigen Jahren in diesem Bereich die Schülerzahlen an, so dass diese Klassen die Stärke einer eigenen Abteilung an den Berufskollegs annehmen. (Stand: September 2006)
[Bearbeiten] Berufsgrundschule
Diese Schulform ist für Schüler, die ihre Vollzeitschulpflicht von 10 Jahren an einer allgemeinbildenden Schule erfüllt haben oder das 10. Schuljahr zur Vorbereitung auf eine Berufsausbildung nutzen wollen. Die Klassen sind nach Berufsfeldern geordnet. Der Unterricht umfasst fachbezogene theoretische Grundlagen, allgemeinbildende Fächer sowie berufsfeldbezogene Praxis in Werkstätten, Küchen, Backstuben usw. innerhalb der Schule.
- Eingangsvoraussetzungen: Hauptschulabschluss,
- Form: Vollzeit (ca. 36 Std/Woche an fünf Tagen)
- Dauer: Ein Jahr
- Abschluss: Hauptschulabschluss bei entsprechenden Leistungen; Mittlerer Schulabschluss (FOR) bei guten Leistungen; Laut Anrechnungsverordnung ist der erfolgreiche Besuch des Berufsgrundschuljahres als erstes Jahr der Berufsausbildung im gleichen Berufsfeld anzurechnen.
[Bearbeiten] Fachoberschulen
Die Fachoberschule (FOS) vermittelt Schülern die Fachhochschulreife bzw. die Allgemeine Hochschulreife und vertiefte berufliche Kenntnisse.
Zur Fachhochschulreife führen die Klassen 11 und 12. Die FOS Klasse 12 wird sowohl als Vollzeitklasse als auch als Teilzeitklasse für Berufstätige angeboten. Voraussetzung für den Besuch der Klasse 12 ist die Fachoberschulreife und eine erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung oder die Fachoberschulreife und der erfolgreiche Besuch der Klasse 11.
Ziel der Klasse 13 ist die Allgemeine Hochschulreife (Abitur) bzw. die Fachgebundene Hochschulreife bei fehlenden Kenntnissen in einer zweiten Fremdsprache (berechtigt zum Universitätsstudium in der gewählten beruflichen Fachrichtung). Die Voraussetzungen für den Eintritt in die FOS Klasse 13 sind die Fachhochschulreife und mindestens eine zweijährige erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung. Eine mindestens fünfjährige Berufstätigkeit kann an die Stelle der abgeschlossenen Berufsausbildung treten. Die FOS Klasse 13 führt demnach für Leute mit FH-Reife und Ausbildung in nur einem Jahr zum Abitur!
Achtung: Fachoberschüler, die hier die Allgemeine Hochschulreife anstreben und die Bedingungen für die zweite Fremdsprache vorab noch nicht erfüllt haben, müssen bei Eintritt in die Klasse 13 nachweisen, dass sie am Unterricht in der zweiten Fremdsprache im Umfang von 160 Unterrichtsstunden in Bildungsgängen des Berufskollegs teilgenommen haben.
[Bearbeiten] Berufsfachschulen
Die zweijährigen Berufsfachschulen, die früher "Höhere Berufsfachschule" hießen, wie z.B. die "Höhere Handelsschule", vermitteln bei der Eingangsvoraussetzung mittlerer Schulabschluss (FOR) die Fachhochschulreife und je nach Form erweiterte berufliche Kenntnisse oder sogar einen Berufsabschluss (die sog. Assistentenausbildung).
Außerdem gibt es zweijährige Berufsfachschulen, die es Menschen mit Hauptschulabschluss ermöglichen, den mittleren Bildungsabschluss mit berufsbezogenen Inhalten zu absolvieren bzw. nachzuholen. Hinzu kommen die einjährigen Berufsfachschulen mit diversen Kernfächern (z. B. Metallverarbeitung,...). Diese Schulform bietet kleinen mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit ihre Auszubildenden das erste Ausbildungsjahr in der Berufsfachschule absolvieren zu lassen; dies spart dem Unternehmen etwaige Kosten, die ein (zunächst unproduktiver) Lehrling im ersten Ausbildungsjahr verursachen würde. Des Weiteren bietet diese Schulform Jugendlichen, die noch keinen Ausbildungsplatz erhalten haben, die Möglichkeit das erste Lehrjahr in der Schule zu absolvieren, wodurch die Chancen auf einen Ausbildungsplatz im zweiten Anlauf deutlich verbessert werden sollen.
[Bearbeiten] Gymnasiale Oberstufe
In einigen Bundesländern bieten die Berufskollegs die Möglichkeit, in den Bildungsgängen der Berufsfachschule mit gymnasialer Oberstufe das Abitur und gleichzeitig eine berufliche Qualifikation zu erwerben. Als Beispiel seien hier die Regelungen in Nordrhein-Westfalen dargestellt.
[Bearbeiten] Eingangsvoraussetzungen
Die Schüler müssen mindestens die Fachoberschulreife mit der Berechtigung zum Besuch der gymnasialen Oberstufe besitzen. Schüler, die die volle Fachhochschulreife der zweijährigen Berufsfachschule am Berufskolleg erworben haben, können im gleichen fachlichen Schwerpunkts direkt in die Jahrgangsstufe 12 des AHR-Bildungsgangs aufgenommen werden. Sie müssen Kenntnisse in einer zweiten Fremdsprache im Umfang des Unterrichts der Jahrgangsstufe 11 nachweisen. Die Berufskollegs tragen damit zur Durchlässigkeit des Bildungssystems bei und bieten eine berufsbezogene Alternative zur Sekundarstufe II an Gymnasien oder Gesamtschulen.
[Bearbeiten] Bezug zum Berufsfeld
Die Verbindung zum gewählten Berufsfeld wird zum einen durch Pflichtpraktika, zum anderen durch entsprechende Fächerangebote hergestellt. Im kaufmännischen Bereich etwa wird das Fach BWL zum Pflichtleistungskurs. Folgende Berufsfelder können in Nordrhein-Westfalen angeboten werden:
- Staatl. gepr. kaufmännischer Assistent
- Staatlich anerkannter Erzieher (vier Jahre unter Einbeziehung eines fachpraktischen Ausbildungsjahres)
- Staatl. gepr. bautechn. Assistent
- Staatl. gepr. biologisch-techn. Assistent
- Staatl. gepr. chemisch-techn. Assistent
- Staatl. gepr. elektrotechn. Assistent
- Staatl. gepr. gestaltungstechn. Assistent
- Staatl. gepr. hauswirtschaftlich-techn. Assistent
- Staatl. gepr. informationstechn. Assistent
- Staatl. gepr. konstruktions- und fertigungstechn. Assistent
- Staatl. gepr. physikalisch-techn. Assistent
- Staatl. gepr. umwelttechn. Assistent
- Staatl. gepr. techn. Assistent für Betriebsinformatik
[Bearbeiten] Unterricht
Der Unterricht ist nach dem Muster der gymnasialen Oberstufe in Grund- und Leistungskursen organisiert. In der Jahrgangsstufe 12 muss ein mindestens vierwöchiges Betriebspraktikum im gewählten beruflichen Bereich absolviert werden. Zu dem Fächerangebot des Gymnasiums kommen berufsbezogene Fächer hinzu, im kaufmännischen Bereich etwa die Wirtschaftsinformatik oder VWL. Das Abitur und der erste Teil der Berufsabschlussprüfung werden am Ende der Jahrgangsstufe 13 absolviert. Mit Ausnahme der Erzieher (s.o.) müssen die Absolventen nach dem Abitur ein zwölfwöchiges Betriebspraktikum absolvieren, das von der Schule begleitet wird. Danach erfolgt der zweite Teil der Berufsabschulprüfung (Jahrgangsstufe 14).
[Bearbeiten] Fachschulen
Aufnahmebedingungen
Fachschulen sind Einrichtungen der beruflichen Weiterbildung. In die Fachschule wird aufgenommen, wer mindestens
- den Abschluss der Ausbildung in einem für die Zielsetzung der jeweiligen Fachrichtung einschlägigen Ausbildungsberuf und
- den Berufschulabschluss und
- eine Berufstätigkeit im Ausbildungsberuf von mindestens einem Jahr, die auch während der Fachschulausbildung abgeleistet werden kann, nachweist und
- die Fachoberschulereife besitzt.
Abweichend davon kann in die Fachschule aufgenommen werden, wer eine einschlägige Berufstätigkeit von mindestens 5 Jahren nachweist.
Dauer des Bildungsganges
Im Regelfall dauert der Bildungsgang 8 Semester (Schulhalbjahre) in der Abend- bzw. Teilzeitform (diese Form wählen Absolventen oft, wenn sie ihre berufliche Tätigkeit während der Zeit der Technikerausbildung beibehalten wollen); für Bewerber/innen, die mindestens die Fachhochschulreife besitzen, kann sich die Dauer gegebenenfalls auf 6 Semester verkürzen. In der Vollzeitform beträgt die Dauer der Ausbildung 2 Schuljahre (4 Semester).
Abschlussprüfung
Der Bildungsgang schließt mit der Abschlussprüfung z. B. zur oder zum „Staatlich geprüfteR ErzieherIn/TechnikerIn/BetriebswirtIn“ ab. Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil, darüber hinaus kann die Fachhochschulreife erlangt werden. Dies ist eine postsekundäre Ausbildung in Deutschland bzw. eine tertiäre Ausbildung im internationalem Vergleich.