Bratscherwitz
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Dem Bratscherwitz kommt unter Musikern ein ähnlicher Stellenwert zu wie allgemein in Deutschland dem Ostfriesenwitz, er ist also ein typischer Randgruppenwitz. Das trottelige Image des Bratschers rührt daher, dass die Bratsche im klassischen Orchester bis weit ins 19. Jahrhundert hinein nur eine untergeordnete Stellung innehatte und für dieses Instrument relativ wenig Sololiteratur existiert.
Die Bratsche gilt deshalb als vergleichsweise leicht zu spielendes Instrument. Wegen ihrer baulichen Ähnlichkeit mit der Violine (Geige), von der sie sich nur durch ihre Größe und die um eine Quinte tiefere Stimmung unterscheidet, kann sie ohne Schwierigkeiten von Geigern gespielt werden. Deswegen hat man früher oft schlechtere Geiger die Bratsche spielen lassen. Es soll, laut einem Vorurteil, zu dessen empirischer Überprüfung keine Daten vorliegen, heute noch vorkommen, dass angehende Musiker, die zunächst das Violinspiel erlernt haben, aber den hohen Anforderungen der Violinliteratur nicht gewachsen sind, auf die Bratsche umsteigen. Im hoch- und spätromantischen Orchester (etwa bei Richard Wagner) hat die Bratsche eine Aufwertung erfahren, wird wegen ihres gedämpft-melancholischen Klangs allerdings exponiert hauptsächlich in langsamen, getragenen Passagen eingesetzt. Aus alledem entstand ein Klischee, demzufolge Bratscher nicht richtig spielen können, nie üben und insgesamt langsam und begriffsstutzig sind.
In Rockmusikerkreisen werden viele bewährte Bratscherwitze auf Bassisten adaptiert.
[Bearbeiten] Beispiele
Als echte Bratscherwitze können Witze angesehen werden, die in sachlichem Bezug zum Orchesterleben und der Bratsche stehen:
- Vor der ersten Probe nach dem Ende der Orchesterferien erzählt ein Bratscher seinem Pultnachbarn: „Stell dir vor, ich habe über die ganzen Ferien jeden Tag sechs Stunden geübt.“ Der Kollege erwidert: „Was du nicht sagst!“ – „Doch, wirklich, ich kann jetzt Sechzehntelnoten.“ – „Ach ja? Spiel mal eine!“
- Wie bringt man einen Bratscher dazu Vibrato und Tremolo zu spielen? Man schreibt SOLO unter die Noten.
- Du kommst zu spät zur Probe. Vor deinem Auto überquert der Dirigent, gefolgt vom Solobratscher, die Straße. Welchen überfährst du? - Den Dirigent: Erst die Pflicht, dann das Vergnügen!
- Der Solobratscher der Wiener Philharmoniker wird pensioniert. Nach dem letzten Konzert nimmt er erleichtert seine Bratsche und geht nach Hause. Als er damit im Flur steht, sagt seine Frau: "Um Gottes Willen, was ist das denn?"
- Fragt ein Bratscher einen anderen Bratscher ob er Angst vor BSE habe, worauf dieser meint „Na, eigentlich nicht so sehr; außerdem kann ich das sowieso nicht greifen...“
- Ein beliebtes Klischee über Bratscher ist das allgemeiner Langsamkeit. Frage: „Wie heißt die Teufelstrillersonate (Sonate für Violine von Giuseppe Tartini) für Bratsche?“ – Antwort: „Für Elise“ (mit einer langsamen, chromatischen Bewegung beginnende Komposition).
- Außerdem werden Bratschern oft auch erhebliche Schwierigkeiten im Zusammenspiel nachgesagt. Eine Gemeinsamkeit der Bratschengruppen vieler Orchester mit den Beatles soll darin bestehen, dass sie 1970 das letzte Mal zusammen waren.
- Die Bratsche sei zudem als Instrument sehr unbeliebt, und man könne den Diebstahl einer wertvollen Geige unwahrscheinlicher machen, indem man sie in einem Bratschenkasten aufbewahrt.
Hinzu kommen vermehrt allgemein herabsetzende Witze, die auf Bratscher umgemünzt werden, jedoch in anderen Varianten auch auf andere Berufsgruppen oder Minderheiten wie Ostfriesen bezogen wurden. Sie sind meist weniger originell:
- Ein Bratschist und ein Schlagzeuger gehen in den Park. „Schau“, sagt der Schlagzeuger, „eine tote Krähe.“ Der Bratschist schaut in den Himmel und fragt: „Wo?“
Wie viele Witzkategorien, so neigt auch der Bratscherwitz zur Sexualisierung. (Zoten kommen jedoch seltener vor.) Dies bringt dem Bratscher – der allgemein als Verlierer gilt – einen Ruf als sexueller Opportunist ein.
- Während eines Konzerts flüstert ein Bratscher mit seinem Pultnachbarn: „Ist das wahr, daß dein Vertrag für die nächste Spielzeit nicht verlängert wird?“ „Ja, stimmt, und zwar nur deshalb, weil ich während einer Probe geschlafen habe.“ „Aber das tun wir doch alle!“ „Aber nicht mit der Frau des Dirigenten!“
- Konzertmeister zum Bratscher: „Warum waren Sie gestern nicht bei der Probe?“ – „Hexenschuss, Herr Konzertmeister.“ – „Ja, das war wirklich eine schöne Hexe, mit der sie an mir vorbeigeschossen sind.“