Brechzahl
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Die Brechzahl (oft auch als Brechungsindex bezeichnet) ist eine physikalische Größe in der Optik. Sie kennzeichnet die Brechung einer elektromagnetischen Welle beim Übergang zwischen zwei Medien und ist das Verhältnis zwischen der Phasengeschwindigkeit des Lichtes c0 im Vakuum und seiner Phasengeschwindigkeit c im jeweiligen Medium:

In einem Stoff mit einer Brechzahl von 2 beträgt die Phasengeschwindigkeit des Lichts genau die Hälfte der Vakuumlichtgeschwindigkeit, d. h. 149.896,229 km/s.
Allgemein bekannte Anwendungen der Bestimmung der Brechzahl sind die Kontrolle der Bremsflüssigkeit und die Bestimmung des Zuckergehaltes von Wein.
Es ist auch üblich, bei hoher Brechzahl von einem „optisch dichten Medium“ bzw. bei niedriger Brechzahl von einem „optisch dünnen Medium“ zu sprechen. Der Begriff optische Dichte selbst sollte allerdings nicht mit der Extinktion verwechselt werden.
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[Bearbeiten] Physikalische Grundlagen
Die Bezeichnung "Brechzahl" kommt vom Begriff Brechung und seinem Auftreten im Snelliusschen Brechungsgesetz. Zusätzlich hat diese physikalische Größe keine Einheit und ist somit eine dimensionslose Zahl. Sie kann auch als komplexe Zahl angegeben werden und kennzeichnet dann auch die Extinktion, meist wird aber nur der Realteil, der durch die Lichtgeschwindigkeit im Medium bestimmt ist, angegeben.
Die Brechzahl ist frequenz- und damit auch wellenlängenabhängig. Dieser als Dispersion bezeichnete Effekt ermöglicht beispielsweise die Zerlegung von weißem Licht in seine Spektralfarben an einem Prisma. Die Frequenzabhängigkeit der (komplexen) Brechzahl in Materie kann recht gut über das Modell des Lorentzoszillators beschrieben werden.
Betrachtet man hingegen das Verhältnis der Gruppengeschwindigkeiten von Licht im Vakuum zu dem im Medium, so ergibt sich die Gruppenbrechzahl

Die effektive Brechzahl mittelt über verschiedene Brechzahlen, die in großer Nähe auftreten.
[Bearbeiten] Messung der Brechzahl
Zur experimentellen Bestimmung der Brechzahl eines Mediums mit (z.B. nicht magnetisch) nmed kann man z. B. den Brewster-Winkel beim Übergang von Luft in dieses Medium messen. Für diesen Fall gilt
. Für die Messung wird ein Refraktometer angewandt.
[Bearbeiten] Andere Definitionen
Die Definition der Brechzahl erfolgte oben strahlenphysikalisch – über die verschiedene Lichtgeschwindigkeit. Diese Formel ist elegant, aber für unlängst entdeckte Meta-Materialien untauglich, da in diesen negative Brechzahlen n auftreten. Dies ist mit dieser Definition unmöglich.
Doch lässt sich die Brechung auch auf drei anderen Wegen definieren:
- über das Fermatsche Prinzip – nach welchem das Licht zwischen zwei Punkten jenen Weg zurücklegt, für den es einen Extremwert der Zeit benötigt – ,
- über das Huygens-Fresnelsche Prinzip – das besagt, dass jeder Punkt einer Wellenfront als Ausgangspunkt einer neuen Welle, der sog. Elementarwelle, betrachtet werden kann – und
- über die Strahlenoptik. Nach dem erwähnten Snellius-Brechungsgesetz entspricht n dem Sinus-Verhältnis von Einfalls- und Reflexionswinkel. Dabei wird der Winkel des einfallenden als auch der des gebrochenen "Lichtstrahls" jeweils auf das Lot bezüglich der Grenzfläche bezogen.
[Bearbeiten] Brechzahl der Luft und anderer Stoffe
Material | Brechzahl n |
---|---|
Vakuum | exakt 1 |
Luft (bodennah) | 1,000292 |
Plasma | 0...1 |
Aerogel | 1,007...1,24 |
Eis | 1,31 |
Wasser | 1,33 |
menschl. Augenlinse | 1,35...1,42 |
Ethanol | 1,37 |
Magnesiumfluorid | 1,38 |
Flussspat (Calciumfluorid) | 1,43 |
menschl. Epidermis | 1,45 |
Tetrachlorkohlenstoff | 1,46 |
Quarzglas | 1,46 |
Celluloseacetat (CA) | 1,48 |
Plexiglas (PMMA) | 1,49 |
Benzol | 1,49 |
Kronglas | ~1,46...1,65 |
COC (ein Kunststoff) | 1,533 |
PMMI (ein Kunststoff) | 1,534 |
Quarz | 1,54 |
Halit (Steinsalz) | 1,54 |
Polycarbonat (PC) | 1,585 |
Polystyrol (PS) | 1,58 |
Flintglas | ~1,56...1,93 |
Epoxidharz | 1,60 |
Rubin (Aluminiumoxid) | 1,76 |
Glas | 1,45...1,93 |
Bleikristall | bis 1,93 |
Zirkon | 1,92 |
Schwefel | 2,00 |
Zinksulfid | 2,30 |
Diamant | 2,42 |
Titandioxid (Anatas) | 2,52 |
Siliciumcarbid | 2,65...2,69 |
Titandioxid (Rutil) | 2,71 |
Titandioxid (Rutil, 590 nm) | 3,10 |
Bleisulfid (PbS, 590 nm) | 3,90 |
Die Brechzahl der Luft beträgt auf Meeresniveau durchschnittlich 1,00029. Sie hängt ab von der Dichte und der Temperatur der Luft sowie von der speziellen Zusammensetzung der Luft – insbesondere der Luftfeuchtigkeit. Da die Luftdichte nach oben – entsprechend den Gasgesetzen in einem Schwerefeld – exponentiell abnimmt, siehe barometrische Höhenformel, beträgt sie in etwa 8 km Höhe nur mehr 1,00011. Dennoch werden die von Sternen kommenden Lichtstrahlen in Horizontnähe um 0,6° gehoben und in 45° noch um 0,017°. Der Effekt heißt astronomische Refraktion und beeinflusst in ähnlicher Art auch jede terrestrische Vermessung.
[Bearbeiten] Totalreflexion
Wird Licht beim Auftreffen auf eine Grenzschicht zwischen zwei Medien mit verschiedenen Brechzahlen nicht gebrochen, sondern vollständig reflektiert, spricht man von Totalreflexion. Um diesen Effekt hervorzurufen muss der Winkel (zwischen dem Lot auf die Grenzschicht und dem einfallenden Lichtstrahl) einen bestimmten Wert (den Akzeptanzwinkel, bzw. Grenzwinkel) überschreiten. Für den Grenzwinkel der Totalreflexion αG gilt

[Bearbeiten] Anwendung
In der Chemie wird die Brechzahl bei einer bestimmten Temperatur oft eingesetzt, um flüssige Substanzen zu charakterisieren. Die Temperatur, bei der die Brechzahl bestimmt wurde, wird dabei dem Symbol für die Brechzahl angefügt, für 20° z. B. nD20.
Die Bestimmung der Brechzahl erlaubt eine einfache Bestimmung des Gehaltes einer bestimmten Substanz in einem Lösungsmittel:
- Zucker in Wein, siehe Grad Brix
- Harz in Lösungsmittel
- Wirksubstanz in Gefrierschutzmittel
Mikroprozessoren werden mittels Photolithographie hergestellt. Die Ätzmaske wird dabei durch ultraviolettes Licht einer Wellenlänge von 193 Nanometern übertragen. "Normalerweise" sind die kleinstmöglichen Abmessungen durch die halbe Wellenlänge begrenzt. Durch Einsatz von Flüssigkeiten mit einer Brechzahl von 1,6 gelingt es Entwicklern bei IBM, ein Gitter paralleler Linien einer Dicke von nur 29,9 Nanometern zu erzeugen. Dadurch ist bei der Chipherstellung eine zukünftige weitere Steigerung unter Verwendung der "alten" Lichtquelle möglich.
- IBM beats optical lithography limits (Technology News in optics.org vom 22. Februar 2006)
- Photolithographie ist noch lange nicht am Ende (Newsticker wissenschaft.de vom 28. Februar 2006)
[Bearbeiten] Negative Brechzahlen
1964 sagte der sowjetische Physiker Victor Veselago die Existenz von Materialien mit negativen Brechzahlen voraus. Würde die Herstellung eines solchen Materials gelingen, könnte man damit Linsen herstellen, deren Auflösungsvermögen weit besser wäre als das von Linsen aus gewöhnlichen optischen Werkstoffen.
Forschern um Srinivas Sridhar von der Northeastern University in Boston gelang es, einen Verbundwerkstoff herzustellen, der ein feines Gitter aus Metalldrähten enthält, das für Mikrowellen eine negative Brechzahl zeigt. Ob und wann aber ein Material hergestellt werden kann, das auch im optischen Bereich derartige Eigenschaften hat, war vor kurzem noch völlig unklar.
Im Oktober 2003 hat nun eine Gruppe um Yong Zhang in Colorado entdeckt, dass Kristalle aus einer Legierung von Yttrium, Vanadium und Sauerstoff auch ohne Weiterverarbeitung eine negative Brechzahl für Lichtwellen eines großen Frequenzbereichs aufweisen. Der Kristall besteht aus zwei ineinandergeschachtelten Kristallgittern mit symmetrischen optischen Achsen. Die negative Lichtbrechung tritt aber nur in einem gewissen Winkelbereich des Einfallswinkels auf. In künftigen Experimenten wollen die Forscher weitere vermutete Eigenschaften der negativen Brechung prüfen – wie etwa die Umkehrung des Dopplereffekts und der Tscherenkow-Strahlung.
Auf der Märztagung 2007 der Amerikanischen Physikalischen Gesellschaft stellten Vladimir Shalaev und seine Kollegen von der Purdue-Universität ein Metamaterial mit negativem Brechungsindex für Strahlung im nahen Infrarotbereich vor. Damit sind sie nahe am sichtbaren Spektrum.
In fernerer Zukunft könnte die Herstellung perfekter Linsen gelingen, die kleinere Objekte als das Beugungslimit der Optik abbilden können. Einen ersten Schritt in diese Richtung machten Forscher um Prof. Xiang Zhang an der Uni Berkeley: Sie nutzten die in einem 35 Nanometer dünnen Silberfilm an der Grenzfläche zu PMMA auftretende negative Brechzahl, um ein Mikroskop zu bauen, das eine sechsfach höhere Auflösung besitzt als die Wellenlänge des zur Beobachtung verwendeten Lichts (vgl. folgende wissenschaftliche Veröffentlichung über eine Superlinse (in englischer Sprache)).
[Bearbeiten] Weblinks
- Negative Brechzahl bei Mikrowellen
- Spezieller Kristall mit negativer Brechzahl
- Metamaterial mit negativem Brechungsindex im nahen Infrarotbereich
- Left Handed Material at Work
- Brechzahlen verschiedener Glassorten
- dynamische Arbeitsblätter zum Thema "Brechung und Totalreflexion"
- The speed of light is not violated by negative refraction
- Brechzahlmeßstand der Firma Carl Zeiss