Das Lesekabinett
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Das Lesekabinett |
Johann Peter Hasenclever, 1843 |
Öl auf Leinwand, 35 × 43 cm |
Historisches Zentrum der Stadt Remscheid |
Das Lesekabinett ist ein Gemälde von Johann Peter Hasenclever aus dem Jahr 1843. Das 35 cm x 43 cm große Gemälde wurde mit Ölfarben auf Leinwand gefertigt. Zurzeit befindet es sich im städtischen Museum Remscheid ("Haus Cleff" in Remscheid-Hasten).
[Bearbeiten] Geschichtliches Umfeld
Auf der hinteren Wand des abgebildeten Raumes hängt eine Karte vom Balkan. In den 1840er Jahren brachen dort immer wieder Aufstände gegen das Osmanische Reich los, nachdem sich die Griechen bereits 1829 hatten befreien können. 1841 beispielsweise kam es zu offenen Aufständen der Serben in Niš.
"Lesekabinette" oder "Lesegesellschaften" hatten sich in Deutschland im Zuge der Aufklärung entwickelt. Für das letzte Drittel des 18. Jahrhunderts gelten sie als "zentrale Institutionen der Kulturvermittlung" (Wolfgang Ruppert, Bürgerlicher Wandel, Frankfurt 1981) und sind charakteristisch noch für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts. Entstanden waren sie zum Zwecke der Verbreitung aufklärerischen Gedankenguts durch Lektüre, Vorträge und politische Debatten. Als Stützen "der Neuerungssucht" und des "revolutionären Ungeists" wurden sie vielfach diffamiert oder gar verboten. Es wurde ihnen schon mal ein Zensor vorgesetzt, der das politische Spektrum der abonnierten Zeitungen überwachte. Im 19. Jahrhundert veränderter sich zunehmend der Charakter der Lesegesellschaften. Sie öffneten sich einer größeren Anzahl von Mitgliedern und es verstärkte sich ihr geselliger Charakter. (Knut Soiné, Johann Peter Hasenclever, Neustadt an der Aisch, 1990).
Als 1840 Friedrich Wilhelm IV. von Preußen den Thron bestieg, knüpfte man an den Wechsel auch im Rheinland große Hoffnungen bezüglich der Liberalisierung des politischen Lebens, gar auf eine Verfassung. In der Tat wurden auch einige Gemaßregelte der "Demagogenverfolgung" rehabilitiert. Das Spionagesystem wurde beseitigt und zu Weihnachten 1841 gab es eine liberale Zensurverfügung, die als beachtlicher Schritt zur Pressefreiheit aufgenommen wurde.
Aber im Januar 1843 wurde die Zensur erneuert verschärft und eine Reihe von Zeitungen verboten, darunter die "Rheinische Zeitung", die durch die Arbeit von Ferdinand Freiligrath, Moses Hess, Georg Herwegh und des Redakteurs Karl Marx ihre Auflage innerhalb eines Jahres vervierfacht hatte.
[Bearbeiten] Bildbeschreibung und Interpretation
Der Hund links am Bildrand stiehlt einem der Zeitungsleser die Wurst vom Teller. Dieser ist von seiner Lektüre so fasziniert, dass er den Diebstahl noch nicht bemerkt hat. Es handelt sich um eine politisch-moralische Allegorie, die satirisch die Behäbigkeit des damaligen rheinischen Bürgertums aufs Korn nimmt.
Die Bürger auf diesem Bild interessieren sich deutlich für die Befreiungskriege in fremden Ländern, vergessen darüber aber ihre eigenen unmittelbaren Interessen. In diesem Sinne allegorisch könnte auch der siegesgewisse Schachspieler rechts im Bild sein. Sein Nachbar jedenfalls schätzt die Siegeschancen nicht ganz so optimistisch ein. Beide Szenen machen zusammen mit der dritten (das Paar links im hinteren Raum) auch die Zeit zum Thema – nur einen kleinen Augenblick lang sind sie so erkennbar:
- das Paar nur so lange, wie das Licht brennt
- der Hund wird gleich mit den Würsten unter dem Tisch verschwinden
- die Siegesgewissheit des Dicken wird schon beim nächsten Zug eine Abkühlung erfahren.
Kategorien: Gemälde | 19. Jahrhundert | Lesen | 1843