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Deutsche Rechtschreibung im 19. Jahrhundert

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Im 19. Jahrhundert gab es noch keine für den gesamten deutschen Sprachraum verbindliche Rechtschreibung. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden in den deutschen Ländern Rechtschreibungen amtlich eingeführt. Es gab Bemühungen, die deutsche Rechtschreibung in allen Ländern zu vereinheitlichen. Dies gelang jedoch erst mit der Reform der deutschen Rechtschreibung von 1901.


Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Die Rechtschreibung der vierten Auflage des Duden (1895)

Der folgende Text enthält teilweise Zitate aus dem Duden von 1895. Die Schreibung dieser Zitate, außer den Wortbeispielen, erfolgen hier in der aktuellen Rechtschreibung.

[Bearbeiten] Th

Folgende acht ursprünglich deutschen Wörter müssen mit "th" geschrieben werden:

Thal, Thon, Thor (der und das), Thran, Thräne, thun, Thür und Thron

sowie deren Ableitungen.

Beispiel: Thaler, thönern, thöricht, thranig, thränen, thätig, Unterthan

Weitere Wörter und deren Ableitungen können mit "th" oder "t" geschrieben werden, wobei die Schreibweise mit "t" favorisiert wird:

Thau/Tau, Thee/Tee, Theer/Teer, Theil/Teil, theuer/teuer, Thibet/Tibet, Thier/Tier

[Bearbeiten] Der F-Laut und ph

Es gab auch ursprünglich deutsche Wörter mit ph:

Epheu, Rudolph, Westphalen

In "vollständig eingebürgerten" Fremdwörtern stand auch ph:

Elephant, Elphenbein, Phasan und Sopha

Diese Schreibweisen waren aber schon 1895 veraltet und als solche nur noch teilweise im Duden aufgenommen.

[Bearbeiten] Weitere wichtige Worte mit abweichender Schreibung

Litteratur (in Bayern: Literatur)

[Bearbeiten] Über die S-Laute

Wo die Rechtschreibung ein einfaches oder doppeltes s fordert (also kein ß), schreibe man in der Regel ſ.

Beispiel: ſehen, Vaſe, wachſen, Erbſe; Waſſer, ich laſſ’ (aber: Laß das!); Drechſler (wegen drechſeln), Baſler (wegen Baſel).

Am Wort- und Silbenauslaut schreibe man s.

Beiſpiel: das, was, Haus, Wachs; Dresden, Potsdam, Weihnachtsmann.

In betreff des S-Lautes in Verbindung mit anderen Konsonanten merke man folgendes:

Vor t und p steht in der Regel ſ.

Beispiel: faſten, Knoſpe, Kiſte, Pfoſten, Haſt, Luſt, Roſt, er lieſt, reiſt, toſt, Haſpe, Weſpe, Riſpe, knuſpern; aber: Wachstuch, Weihnachtstanne (da Silbenauslaut)

Ebenso in Fremdwörtern.

Beiſpiel: Diſtanz, Deſpot.

s ſteht im Silbeninlaut vor k.

Beispiel: grotesk, brüsk.

Nur bei Zusammensetzungen, deren erster Teil auf s ausgeht und leicht als ein selbständiger Bestandteil der Zusammensetzung erkennbar ist, bleibt dieses s auch vor t und p.

Beispiel: distribuieren, disputieren, transportieren.
Dagegen: abſtrakt, abſtrus, Abſtinenz.

Bei „tranſpirieren“ und ähnlichen ist das s des ersten Bestandteils (trans) vor dem ſ das zweiten (ſpirieren) ausgefallen.

In Verbindung mit einem zweiten s steht immer ſſ, wenn kein ß stehen muss.

Beispiel: weſſen, Diſſonanz (obwohl dis + ſonanz).

Ein s kann niemals doppelt auftreten.

ſ bleibt auch bei Silbentrennung erhalten.

Beispiel: Waſ-ſer, weſ-ſen.

Vor anderen Konsonanten als p, ſ und t gehört der S-Laut in der Regel zur ersten Silbe und wird daher mit s bezeichnet.

Beispiel: Maske, Boskett, Rekonvalescent, Diskus

Ist aber aus der Etymologie oder den Lautgesetzen erkennbar, dass der S-Laut zur zweiten Silbe gehört, so schreibt man ihn auch hier mit ſ

Beispiel: proſkribieren, obſkur.

[Bearbeiten] Zusammentreffen dreier gleicher Konsonanten

Nach der preußischen Regel schreibt man:

dennoch, Dritteil, Mittag, Brennessel, Schiffahrt

In allen übrigen Wörtern, in welchen durch Zusammensetzung drei gleiche Konsonanten zusammentreffen, behaupten alle drei ihren Platz

Beispiel: Betttuch, Schwimmmeister

Das bayerische Regelbuch schreibt vor, daß in allen Wörtern, in denen durch Zusammensetzung drei gleiche Konsonanten zusammenstoßen würden eins auszulassen sei

Beispiel: Schalloch, Bettuch, Kammacher
aber: Rückkehr, Schutzzoll

[Bearbeiten] Über die Silbentrennung

Über die Silbentrennung lautet die Hauptregel: Man trennt nach Sprachsilben, d.h. nach der Aussprache, nicht nach der Ableitung.

Beispiel: lie-ben, nicht lieb-en; En-dung, nicht End-ung.

Abweichend von dieser Regel werden zusammengesetzte Wörter nach ihren Bestandteilen zerlegt, auch wenn diese Teilung der Aussprache nicht gemäß ist

Beispiel: war-um, vor-aus, her-ein, be-ob-ach-ten, voll-enden, Inter-esse, Atmo-sphäre, Mikro-skop, Di-stinktion, Dis-put.

Als besondere Regeln merke man:

  1. Steht nur ein Konsonant zwischen zwei Vokalen, so kommt er, wenn nicht, wie in den obigen Beispielen her-ein, Inter-esse etc., Zusammensetzung vorliegt, immer auf die zweite Zeile.
    Beispiel: tre-ten, le-sen, nä-hen, bü-ßen
    Die Konsonantenverbindungen, welche nur einen Laut bezeichnen: ch, sch, ph, th, können nicht getrennt werden und kommen daher ebenfalls auf die zweite Zeile
    Beispiel: Bräu-che, lö-schen, Or-thogra-phie
    Ebenso ist dt zu behandeln, wo es nur einen Laut bildet
    Stä-dte, Verwan-dte
  2. Stehen mehrere Konsonanten im Inlaut, so kommt der letzte auf die zweite Zeile
    Beispiel: här-ten, Las-ten (auch Laſ-ten), Was-ser, klop-fen, Ach-sel, An-ker, Fin-ger, Hoffnun-gen
    ck wird in k-k aufgelöst:
    hak-ken
    Steht vor pf noch ein r oder m, so gehört pf zur zweiten Zeile
    däm-pfen, Kar-pfen
    Ebenso steht nach vorhergehenden Konsonanten st auf der zweiten Zeile
    Für-sten, gün-stig, schwül-stig
    (Trenne nie S und T, denn es tut ihnen furchtbar weh!
    ST wird nicht getrennt, auch wenn das ganze Schulhaus brennt!)
    Bayern und Württemberg lassen pf, Bayern auch sp, st, ck und ß stets ungetrennt auf die zweite Zeile treten. Beide lassen ng stets ungetrennt auf der ersten Zeile
    Fing-er, Hoffnung-en

[Bearbeiten] Über den Bindestrich

(nach dem preußischen Regelbuch)

Wird ein zu mehreren aufeinander folgenden Zusammensetzungen gehörendes Wortglied nur einmal gesetzt, so tritt an den übrigen Stellen statt seiner ein Bindestrich ein

Beispiel: Feld- und Gartenfrüchte, Vokallänge und -kürze (in diesem Falle wird klein weitergeschrieben)

Der Bindestrich tritt außerdem ein

  • In Zusammensetzung von Eigennamen und in Adjektiven, welche von solchen gebildet sind
Jung-Stilling, Reuß-Greiz, niederschlesisch-märkische Eisenbahn
  • in unübersichtlichen Zusammensetzungen
Oberlandesgerichts-Präsident, Staatsschuldentilgungs-Kommission, das Für-sich-selbst-sein

Anmerkung: Auch sonst läßt es zuweilen die Rücksicht auf die Deutlichkeit der Schrift wünschenswert erscheinen, den Bindestrich zu gebrauchen

Beispiel: Schluß-s, Dehnungs-h, Erd-Rücken zum Unterschied von Erdrücken u.ä.

[Bearbeiten] Über den Apostroph

(nach dem preußischen Regelbuch)

  • Wenn Laute, die man gewöhnlich bezeichnet, unterdrückt werden, so bezeichnet man in der Schrift ihre Stelle durch einen Apostroph.
Ich lieb' ihn. Das leid' ich nicht. Heil'ge
Jedoch ist in der gewöhnlichen prosaischen Darstellung eine solche Verstümmelung der Wortform zu vermeiden, ausgenommen etwa im Pronomen "es"
ist's, geht's
Wenn die Präposition mit dem von ihr regierten Artikel verschmolzen wird, gebraucht man den Apostroph nicht
am, beim, unterm, zum, ans, aufs, ins
  • Bei Eigennamen ist es nicht erforderlich, das s des Genitivs durch einen Apostroph abzutrennen
Ciceros Briefe, Schillers Gedichte, Homers Ilias
Hingegen wird bei Eigennamen, welche den Genitiv auf s nicht bilden können, das Rektionsverhältnis durch den Apostroph bezeichnet
Voß' Louise, Demosthenes' Reden

[Bearbeiten] Über das Trema

Ä, Ö, Ü statt Ae, Oe, Ue

Das Trema braucht in der deutschen Schrift nur ganz vereinzelt angewendet zu werden. Es ist überall unzulässig, wo ein Missverständnis nicht möglich ist. So ist es nie anzuwenden zur Trennung von a und e, o und e, u und e, auch nicht am Anfang großgeschriebener Wörter. Denn da hier der Umlaut nach den amtlichen Regelbüchern statt durch Ae, Oe, Ue nur noch durch Ä, Ö, Ü bezeichnet werden darf, so muss Ae, Oe, Ue stets zweisilbig sein, und es kann z.B. Aeronaut nur viersilbig gelesen werden.

Auch sonst wende man das Trema nur an, wo man glaubt, der unrichtigen Aussprache des Geschriebenen vorbeugen zu müssen, z.B. etwa in Aï (Faultier) oder Alëuten, nicht aber bei Rhomboid, Atheist, Wörtern, die nicht leicht jemand falsch, d.h. zweisilbig, aussprechen wird. In amtlichen Regelbüchern wird das Trema überhaupt nicht erwähnt.

[Bearbeiten] Kommaregeln

Der Duden von 1895 macht zu Kommaregeln keine Aussage; da diese in der Reform der deutschen Rechtschreibung von 1901 aber nicht geändert wurden, können die Regeln aus dem Duden von 1919 verwendet werden, die im Artikel Deutsche Rechtschreibung im 20. Jahrhundert zusammengefasst sind.

[Bearbeiten] Verweise

Siehe auch:

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