Entscheidungstheorie
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Die Entscheidungstheorie ist ein Zweig der angewandten Wahrscheinlichkeitstheorie, der Konsequenzen von Entscheidungen evaluiert. Die Entscheidungstheorie wird vielfach als betriebswirtschaftliches Instrument benutzt. Zwei bekannte Methoden dazu sind z.B. die einfache Nutzwertanalyse (NWA) oder der präzisere Analytic Hierarchy Process (AHP), wo Kriterien und Alternativen dargestellt, verglichen und bewertet werden, um die optimale Lösung zu einer Entscheidung oder Problemstellung zu finden.
Man unterscheidet drei Teilgebiete der Entscheidungstheorie:
- Die normative Entscheidungstheorie sucht nach Kriterien rationalen Entscheidens und will Hilfestellungen für die Frage geben, wie man in einer gegebenen Situation vernünftigerweise entscheiden soll. Dazu muss sie einige vereinfachende Modellannahmen treffen, so muss sie beispielsweise vom Axiom der Rationalität des Entscheiders ausgehen.
- Die präskriptive Entscheidungstheorie beschäftigt sich mit der Bereitstellung von Verfahren zur Fällung rationaler und praktikabler Entscheidungen.
- Die deskriptive Entscheidungstheorie untersucht dagegen empirisch die Frage, wie Entscheidungen in der Realität tatsächlich getroffen werden.
Das Grundmodell der (normativen) Entscheidungstheorie besteht aus dem Entscheidungsfeld und dem Zielsystem. Das Entscheidungsfeld beinhaltet den Aktionsraum (Menge der möglichen Handlungsalternativen), den Zustandsraum (Menge der möglichen Umweltzustände) und eine Ergebnisfunktion, die jeder Kombination von Aktion und Zustand einen Wert zuordnet. Ein häufiges Problem ist, dass der wahre Umweltzustand nicht bekannt ist. Hier spricht man von Unsicherheit, im Gegensatz zur Situation der Sicherheit, in der der Umweltzustand bekannt ist. Die Unsicherheitssituation lässt sich gliedern in
- Entscheidung unter Sicherheit: Die eintretende Situation ist bekannt. (Deterministisches Entscheidungsmodell)
- Entscheidung unter Unsicherheit: Es ist nicht mit Sicherheit bekannt, welche Umweltsituation sj eintritt, man unterscheidet dabei weiter in:
- Entscheidung unter Risiko: Die Wahrscheinlichkeit pj für die möglicherweise eintretenden Umweltsituationen sj ist bekannt. (Stochastisches Entscheidungsmodell)
- Entscheidung unter Ungewissheit: Man kennt zwar die möglicherweise eintretenden Umweltsituationen, allerdings nicht deren Eintrittswahrscheinlichkeiten.
- Bei einer Entscheidung unter Risiko können über alle möglichen Konsequenzen jeder einzelnen Entscheidung Erwartungswerte errechnet werden, während das bei einer Entscheidung unter Ungewissheit nicht möglich ist bzw. das Prinzip vom unzureichenden Grund/Indifferenzprinzip angewendet wird, welches jeder Option die gleiche Wahrscheinlichkeit zuordnet. Auf der Basis derartiger Wahrscheinlichkeitsbewertungen kann auch unter Unsicherheit eine Bestimmung des Erwartungswertes vorgenommen werden
Der (ein- oder mehrstufige) Entscheidungsprozess mitsamt den verschiedenen Konsequenzen lässt sich grafisch als Entscheidungsbaum darstellen.
Nicht einsetzbar ist die Entscheidungstheorie, wenn der Unternehmer bzw. Manager mit einem rationell handelnden Gegenspieler (einem Mitbewerber etwa) konkurriert welcher ebenfalls diese Konkurrenz in seine Entscheidung einfließen lässt. Dies kann auch mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitsrechnung alleine nicht mehr abgebildet werde, da das Verhalten des Gegners zwar nicht deterministisch aber nicht zufällig ist. In einem solchen Fall kommt die Spieltheorie zum Einsatz.
Die Entscheidungstheorie wird neuerdings auch bei der Beurteilung von Investitionen eingesetzt. Unter dem Namen Realoption wird das Entscheidungsbaumverfahren (bzw. Optionen) dazu verwendet, den Wert von Flexibilität bzgl. Entscheidungen - d.h. die Option (zu einem späteren Zeitpunkt) entscheiden zu können - zu beurteilen.
[Bearbeiten] Siehe auch
Klassifizierung, Kybernetik, Ungewissheit, Entscheidungsverfahren, Spieltheorie, Sozialwahltheorie
[Bearbeiten] Literatur
- Anderson / Sweeney / Williams: An Introduction to Management Science. Minneapolis (et al.): West Publishing Co., 71994. ISBN 0-314-02479-4. Kapitel 14.
- Bamberg / Coenenberg: Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre, 13. Aufl. 2006, Verlag Vahlen (Standardlehrbuch)
- Domschke / Scholl: Grundlagen der Betriebswirschaftslehre., Springer Verlag, ISBN 3-540-66578-1
- Bitz, Michael: Entscheidungstheorie, Verlag Vahlen, 1981, ISBN 3-800-60789-1