Erbrichter
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Erbrichter hießen im Mittelalter und in der frühen Neuzeit jene Mitglieder der dörflichen Gemeinde, die dem Dorfgericht vorstanden und dieses Amt an ihre Nachkommen weitergeben konnten, ohne dass der Inhaber der Niedergerichtsbarkeit, dies war häufig der Grundherr, Einfluss auf die Besetzung der Stelle nehmen konnte. Der Erbrichter erhielt einen Teil der Gerichtsgebühren und der fälligen Bußgelder, zumeist ein Drittel. Der Rest ging an den Inhaber der Gerichtsbarkeit.
In den Ländern östlich der Elbe-Saale-Linie wurde das Erbrichteramt bei der Anlage von Dörfern nach deutschem Recht (Sachsenspiegel) geschaffen und in der Regel mit einem besonders großen Bauerngut verbunden. Nicht selten kam die Erbrichterstelle in den Besitz des Lokators und seiner Nachkommen. Er wurde damit für die Verdienste um die Gründung des Dorfes entlohnt. Häufig war mit dem Erbrichteramt auch das Schankrecht verbunden. Deshalb heißen manche Dorfgasthöfe bis heute Erbgericht, so zum Beispiel in Radibor bei Bautzen.
Ganz ähnlich war dem Erbrichter von der Funktion her der Lehnrichter, nur hatte dieser sein Amt und sein Gut eben als Lehen. Deshalb war zusätzlich auch zur Heeresfolge verpflichtet, wenn seine Herrschaft ihn dazu aufforderte. In der Oberlausitz war die Belehnung mit dem Richteramt bis zum Dreißigjährigen Krieg keine Seltenheit, sie kamen vor allem im sorbischen Siedlungsgebiet vor, wenngleich auch dort in der Mehrzahl Erbgerichte bestanden. Die Entstehung der Oberlausitzer Richterlehen ist ungeklärt. Manche Historiker sind der Auffassung, dass sie aus dem sorbischen Adel oder den Zupanen hervorgegangen sind.
Vgl. auch Setzrichter, Schultheiß, Erbgericht, Lehngericht