Ethnosprache
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Als Ethnosprache wird eine Sprache bezeichnet, die ursprünglich die Sprache einer Ethnie (eines Volksstammes, eines Volkes etc.) war, im Gegensatz zu einer Plansprache, deren Entwicklung von einem Sprachprojekt ihren Ausgang genommen hat. Trotz dieses begrifflichen Gegensatzes kann in einigen Fällen von einem fließenden Übergang gesprochen werden. Beispiele dafür sind Nynorsk, Rumantsch Grischun, die jeweils auf Grundlage von Dialekten ausgearbeitet wurden, und die ausgehend vom Malaiischen geschaffene Amtssprache Indonesiens Bahasa Indonesia.
Ethnosprachen mit nationalstaatlichem Geltungsbereich werden auch "Nationalsprachen" genannt.
Aus der Perspektive der historischen Entwicklung einer ethnischen Gruppe gesehen, bezeichnet der Begriff Ethnosprache diejenige Sprache, der bei der Bildung der entsprechenden Gruppe die entscheidende Rolle zufiel.
So bildete beispielsweise die Sorbische Sprache bzw. die beiden sorbischen Sprachen Obersorbisch und Niedersorbisch die Basis bei der Herausbildung einer sorbischen Identität. Aufgrund der Unterdrückung des Sorbischen über lange Zeit gibt es heute Personen, die sich zwar als Sorben fühlen, jedoch eine andere Sprache, meist Deutsch, besser beherrschen als Sorbisch. Im Extremfall beherrscht eine Person mit sorbischer Identität die sorbische Sprache überhaupt nicht mehr.
Dieses Phänomen gibt es bei vielen ethnischen Gruppen, deren Sprache lange Zeit unterdrückt wurde oder die in der Diaspora leben, etwa bei Russlanddeutschen, von denen nicht wenige heute überhaupt kein Deutsch mehr beherrschen, oder Armeniern, die kein Armenisch mehr sprechen.