Evangeliar
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Ein Evangeliar (= Evangelienbuch) ist ein liturgisches Buch mit dem Text der vier Evangelien des Neuen Testaments.
Bei den seit frühmittelalterlicher Zeit erhaltenen Evangeliaren handelt es sich um Codices, in denen dem Evangelientext in der Regel weitere Begleittexte wie die Konkordanztabellen (Kanontafeln) des Eusebius, die Vorreden des Hieronymus zur Vulgata (praefationes), Kurzviten der vier Evangelisten (als prologus oder argumentum bezeichnet), Inhaltsangaben der einzelnen Evangelien (capitulationes) sowie das Verzeichnis der für die gottesdienstliche Lesung vorgesehenen Evangelienperikopen (capitulare evangeliorum) beigefügt sind.
Im Unterschied zu den aus solchen Perikopenverzeichnissen entstandenen Evangelistaren, die nur die für den Gottesdienst benötigten Textabschnitte wiedergeben und diese nach den Festen des Kirchenjahres anordnen, bieten Evangeliare den vollständigen Text meist aller vier Evangelien (Tetraevangeliar) in der ursprünglichen Textfolge, wobei die im Gottesdienst zu lesenden Abschnitte durch die Kapiteleinteilung und Rubrizierung besonders kenntlich gemacht sein können.
Evangeliare waren oft sehr kunstvoll gestaltet und mit Bildern versehen (z. B. der Codex Aureus aus Echternach, heute Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, 11. Jahrhundert; Hitda-Codex). Einzelne Widmungs- und Stiftungsexemplare für Könige und Fürsten gehören zu den kostbarsten Büchern, die überhaupt hergestellt wurden (z. B. das Evangeliar Heinrichs des Löwen, heute Wolfenbüttel, 1185-1188).