Gammablitz
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Gammablitze , Gammastrahlenblitze oder auch Gammastrahlenexplosionen (engl. Gamma Ray Burster oder Gamma Ray Bursts, oft abgekürzt GRB) sind gewaltige Energieausbrüche im Universum von kurzer Dauer (wenige Sekunden bis maximal einige Minuten; einzige Ausnahme mit 33 Minuten: GRB 060218) mit denen große Mengen an Gammastrahlen einhergehen. Sie setzen in zehn Sekunden mehr Energie frei als die Sonne in Milliarden von Jahren. Für die Dauer seines Leuchtens ist ein Gammablitz heller als alle übrigen Gammastrahlenquellen am Himmel. Gammablitze haben zudem ein „Nachglühen“ im optischen sowie im Röntgenspektrum, welches in der Größenordnung von Tagen und Wochen langsam verblasst. Die Ursache der Gammablitze ist noch nicht abschließend geklärt. Man beobachtete sie erstmals am 2. Juli 1967 mit den amerikanischen Vela-Spionagesatelliten (vom spanischen Verb „velar“, beobachten), welche eigentlich zur Überwachung oberirdischer Atombombentests gedacht waren. Die Instrumente registrierten ein kurzes, sehr intensives Aufleuchten von Gammastrahlen. Erst 1973 konnten Wissenschaftler im Los Alamos National Laboratory in New Mexico mit den Daten der Satelliten sicherstellen, dass die Strahlen aus den Tiefen des Weltraums kamen.
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[Bearbeiten] Beobachtungen
Die Erdatmosphäre ist für Gammastrahlen undurchlässig, weswegen man Gammablitze nur mit Weltraumteleskopen beobachten kann (aktuell beginnt man zusätzlich auch mit bodengestützten Beobachtungen durch indirekte Beobachtungsmethoden; mehr dazu unter Gammaastronomie). Wegen ihrer kurzen Dauer, des geringen Auflösungsvermögens der Satellitenteleskope im Bereich der Gammaastronomie und ihrer hohen Leuchtkraft konnte man sie lange Zeit weder bekannten (optischen) Quellen zuordnen, noch adäquate Theorien zu ihren Ursachen aufstellen. Zuerst wurde vermutet, dass die Quellen dieser Blitze innerhalb unserer Milchstraße zu finden seien. Diese Vermutung basierte auf der Annahme, dass ein solches Ereignis bei einem weiter entfernten Objekt aufgrund der gewaltigen Energiemengen nicht erklärbar wäre, ohne dass hierbei grundlegende physikalische Prinzipien verletzt werden würden.
Aufgrund ihrer gleichförmigen Verteilung über den gesamten Himmel konnte man jedoch indirekt schließen, dass sie extragalaktische Strahlungsquellen sind, da sie sich andernfalls in der Ebene der Milchstraße, in der sich die meisten Sterne der Milchstraße befinden, hätten häufen müssen oder, falls sie zum Halo der Milchstraße gehörten, in Richtung des galaktischen Zentrums.
1996 konnte mit Hilfe des italienisch-niederländischen Röntgen-Satelliten BeppoSAX erstmals das Nachglühen von Gammablitzen im Röntgenbereich beobachtet werden. Aufgrund der wesentlich exakteren Positionsbestimmung in der Röntgenastronomie konnte man dadurch gezielte Nachbeobachtungen im sichtbaren Licht machen und sie bekannten Quellen zuordnen. Infolgedessen fand man an den Stellen der Gammablitze weit entfernte Galaxien und konnte somit erstmals direkt nachweisen, dass Gammablitze tatsächlich extragalaktische Quellen haben.
GRBs lassen sich in zwei verschiedene Klassen einteilen. Die langen GRBs dauern im Mittel etwa 35 Sekunden, aber auch Längen von 2000 Sekunden wurden schon beobachtet. In einigen von diesen langen GRBs konnte man zeitgleich zum Gammablitz eine Kernkollaps-Supernova beobachten. Den bislang stärksten beobachteten Gammablitz registrierte der NASA-Satellit Swift am 4. September 2005. Der Ausbruch, der 100 Sekunden aufleuchtete und damit zu den langen GRBs gehört, kam aus einer 13 Milliarden Lichtjahre entfernten Region, also aus der Zeit des relativ jungen Universums. Dieser Gammablitz stellt damit das (nach einem beobachteten Quasar) zweitälteste dokumentierte Ereignis dar.
Im Gegensatz dazu dauern kurze GRBs weniger als 2 Sekunden. Das optische Nachleuchten dieser Sorte von GRBs ist ebenfalls wesentlich kürzer als das der langen GRBs und konnte 2005 erstmals beobachtet werden. Kurze GRBs haben normalerweise härtere Röntgenspektren als die langen. Nachdem lange GRBs durch Beobachtungen mit Supernovae in Verbindung gebracht wurden, glaubt man mittlerweile im Verschmelzen zweier Neutronensterne in einem engen Doppelsternsystem den Mechanismus für kurze GRBs gefunden zu haben.
[Bearbeiten] Theorien
Aufgrund der kurzen Dauer des Gammablitzes kann das Gebiet, aus dem er ausgesendet wurde, nicht sehr groß sein (der Durchmesser eines langsamen Objekts (v < 0,1c) ist maximal so groß wie die kürzeste Helligkeitsänderung multipliziert mit der Lichtgeschwindigkeit; aufgrund relativistischer Effekte kann dieser Bereich jedoch etwas größer sein, ist aber immer noch relativ klein). Spezielle Supernovaexplosionen, so genannte Hypernovae, sind daher ein Kandidat für die Quellen der Gammablitze. Ein weiterer Kandidat sind verschmelzende Neutronensterne.
Nimmt man an, dass ein Gammablitz gleichmäßig in alle Richtungen abgestrahlt würde, so hätte beispielsweise der Gammablitz GRB-990123 vom Januar 1999 (siehe obiges Bild) eine gigantische Strahlungsleistung von über 1045 W haben müssen. Dieser Leistung entsprechen Sonnenleuchtkräfte oder 2.5 Trillionen Sonnen - Quasare schaffen „nur“ 1040 W.
Man nimmt daher an, dass ein Gammablitz nur in zwei engen, entgegengesetzten, kegelförmigen Bereichen mit einem Öffnungswinkel von wenigen Grad ausgesandt wird, die Strahlung also wie in einem Leuchtturm fokussiert ist. Dadurch verringert sich die erforderliche Strahlungsleistung, um die beobachtete Helligkeit zu erklären, drastisch (um ca. 3 Zehnerpotenzen), ist jedoch immer noch exorbitant. Zudem lässt sich durch die Fokussierung die Heftigkeit der Energieausbrüche erklären, ohne dass grundlegende physikalische Prinzipien verletzt würden. Der Gammablitz schließlich entsteht durch Stoßwellen in dem sich mit nahezu Lichtgeschwindigkeit ausbreitenden Gas der Supernovaexplosion. Die gesamte freiwerdende Energiemenge ist ungefähr in derselben Größenordnung wie von einer gewöhnlichen Supernova, jedoch strahlt eine Supernova den Großteil ihrer Energie in Form von Neutrinos ab. Modellrechnungen zeigen, dass der beobachtete Helligkeitsverlauf der Gammablitze gut zu den Annahmen passt.
Den Unterschied zu einer normalen Supernova erklärt man sich dadurch, dass eine Hypernova mit anschließendem Gammablitz bei extrem massereichen Sternen von über 20 Sonnenmassen entstehen, deren zentraler Kernbereich zu einem rasch rotierenden Schwarzen Loch kollabiert. Das umgebende Gas läuft in einer Akkretionsscheibe um das Schwarze Loch und heizt sich beim Einfall extrem stark auf, Gasjets werden dann senkrecht zur Scheibenebene ausgestoßen, welche dann die beobachteten Gammablitze erzeugen. Die Verschmelzung zweier Neutronensterne führt abgesehen von den unterschiedlichen Ausgangsbedingungen zu ähnlichen Resultaten.
Auch wenn schon lange ein Zusammenhang mit Supernovae vermutet wurde, war es doch erst 1997 möglich, einen Gammastrahlenausbruch direkt in Verbindung mit eben solch einem Sternentod zu bringen. Dabei beobachtete der Satellit High Energy Transient Explorer (HETE) einen Gammastrahlenausbruch, dessen Quelle sich als der Kollaps eines Sterns mit 15-facher Sonnenmasse herausstellte.
Am 27. Dezember 2004 wurde die Erde kurz vor Mitternacht (21:30 UTC) von einem gewaltigen Gamma- und Röntgenstrahlen-Ausbruch getroffen. Wie sich später herausstellte, hatte ein Neutronenstern in Sekundenbruchteilen mehr Energie freigesetzt als die Sonne in 100.000 Jahren. Die Wellenfront des Sterns in etwa 50.000 Lichtjahren Entfernung war intensiver als der stärkste jemals gemessene Strahlungsausbruch unserer Sonne. Forscher in Australien berichteten, die Riesenexplosion des Neutronensterns SGR 1806-20 habe ihn für eine Zehntelsekunde heller als den Vollmond gemacht. Er sei damit das hellste Objekt außerhalb unseres Sonnensystems, das je ermittelt worden sei. Der Ausbruch am 27. Dezember 2004 dauerte nur 0,2 Sekunden.
Kurzzeitig glaubten Astronomen sogar, dass gigantische Magnetare (instabile junge Neutronensterne die von einem extrem starken Magnetfeld umgeben sind) die Quelle jener besonders kurzen Gammablitze sein könnten, die ihnen schon seit längerem Rätsel aufgeben. Doch die Magnetar-Theorie ist wahrscheinlich falsch, wie weitere Beobachtungen in diesem Jahr ergaben. Beginnend im Mai 2005 konnten NASA-Satelliten erstmals einige der Blitze erspähen, die wegen ihrer kurzen Dauer nur schwer zu beobachten sind.
So konnte die betagte Sonde HETE-2, die bereits seit Oktober 2000 im All ist, am 9. Juli 2005 einen Gammablitz von nur 70 Millisekunden Dauer auffangen. In höchster Eile richteten Wissenschaftler die Weltraumteleskope Hubble und Chandra sowie das dänische 1,5-Meter-Teleskop im chilenischen La Silla auf die Explosion aus. Auf diese Weise entstanden die ersten Bilder vom Nachglühen eines kurzen Gammablitzes im Bereich des optischen Lichts.
Die Analysen bestätigten einen früheren Verdacht der Wissenschaftler: Kurze Gammablitze werden verursacht, wenn zwei enorm massereiche Neutronensterne oder aber ein Neutronenstern und ein Schwarzes Loch umeinander kreisen und schließlich kollidieren.
[Bearbeiten] Weitere Folgerungen
Man kann jedoch noch nicht alle Arten von Gammablitzen mit den obigen Theorien erklären, weswegen also zukünftige genauere Beobachtungen durchaus noch überraschende Ergebnisse bringen können.
Eventuell war sogar eines der größten Massenaussterben der Erdgeschichte vor 443 Millionen Jahren (Ende des Ordoviziums), bei dem viele nahe der Wasseroberfläche lebende Arten der zu dieser Zeit sehr häufigen Trilobiten ausstarben, durch einen Gammablitz in unserer Milchstraße ausgelöst worden, der direkt auf die Erde gerichtet war.
Die Gammastrahlen erreichten zwar nicht den Erdboden, bildeten jedoch in der Atmosphäre giftiges Stickoxid, welches die Ozonschicht zerstörte, und somit wurde das Leben nahe der Wasseroberfläche (Landlebewesen gab es noch nicht) durch die ungehindert eindringende UV-Strahlung der Sonne abgetötet. Dies und eine Klimaänderung kann natürlich auch beispielsweise durch die Strahlung einer nahen Supernova oder Hypernova verursacht werden.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Neil Gehrels, Luigi Piro, Peter JT Leonard: Die stärksten Explosionen im Universum. Spektrum der Wissenschaft 03/2003, Seite 48
- Tödliche Sternexplosion. Astronomie Heute 01-02/2004, Seite 13
- J. S. Villasenor u.a.: Discovery of the short Gammaray burst GRB 050709. Nature 437, 855-858 (6 October 2005). Preprint
- P. Mészaros: Theories of Gamma-Ray Bursts. Annual Review of Astronomy and Astrophysics, Vol. 40, p. 137-169 (2002), doi:10.1146/annurev.astro.40.060401.093821
- J. van Paradijs, C. Kouveliotou, & R. Wijers: Gamma-Ray Burst Afterglows. Annual Review of Astronomy and Astrophysics, Vol. 38, p. 379-425 (2000), doi:10.1146/annurev.astro.38.1.379
[Bearbeiten] Videos
- Real Video (Aus der Fernsehsendung Alpha Centauri):
- Real Video (Aus der Fernsehsendung Alpha Centauri):
[Bearbeiten] Weblinks
- www.wissenschaft.de: Wenn Gammablitze sterben. – Satellit Swift beobachtet erstmals Übergang vom Blitz zum Nachglühen