Genuine
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Filmdaten | |
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Originaltitel: | Genuine. Die Tragödie eines seltsamen Hauses |
Produktionsland: | Deutschland |
Erscheinungsjahr: | 1920 |
Länge (PAL-DVD): | 43 Minuten |
Originalsprache: | Deutsch |
Stab | |
Regie: | Robert Wiene |
Drehbuch: | Carl Mayer |
Produktion: | Decla-Bioskop AG, Berlin; Produzent: Erich Pommer, Produktionsleitung: Rudolf Meinert |
Kamera: | Willy Hameister |
Besetzung | |
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Genuine ist der Titel eines deutschen Spielfilms von Robert Wiene aus dem Jahre 1920. Stilistisch ist der Film dem Expressionismus zuzurechnen.
[Bearbeiten] Handlung
Eingebettet in eine knappe Rahmenhandlung erzählt der Film die – von einem Maler geträumte – Geschichte der jungen Genuine, die von einer orientalischen Sekte zur Priesterin gemacht und in blutrünstige Rituale hineingezogen wird. Sie wandelt sich unter dieser Erfahrung selbst zu einer grausamen Persönlichkeit und bleibt dies auch, als sie von Sklavenhändlern geraubt und auf einem Markt feilgeboten wird. Ihr Käufer ist der voyeuristische alte Lord Melo, ein Sonderling, der die junge Frau in ein käfigartiges, von einem hohen Wall umgebenes Haus einschließt und aus Eifersucht keinem Fremden Zutritt gewährt. Nur den ebenfalls eigenbrötlerischen alten Barbier Guyard lässt er täglich kommen, um sich rasieren zu lassen. Als Guyard eines Tages verhindert ist und als Ersatz seinen Neffen und Lehrling Florian schickt, nimmt die Tragödie ihren Lauf. Genuine betört den jungen Barbier, der dem alten Tyrannen mit dem Rasiermesser die Kehle durchschneidet. Ihre wiedererlangte Freiheit nutzt Genuine, um ihre Blutgier zu stillen und als Femme fatale alle verfügbaren Männer zugrunde zu richten: als Liebesbeweis fordert sie von ihnen den Selbstmord. Ihr blutiges eigenes Ende findet sie, als der auf der Suche nach dem wahnsinnig gewordenen Barbier befindliche Mob in das Haus eindringt und Genuine ersticht.
[Bearbeiten] Produktionsgeschichte, Stilmittel und Rezeption
Robert Wiene produzierte „Genuine“ gleich im Anschluss an sein Meisterwerk Das Cabinet des Dr. Caligari, um an den künstlerischen und kommerziellen Erfolg dieses Films anzuknüpfen. Für das Drehbuch engagierte er wieder Carl Mayer, dessen Interesse sich nach dem „Caligari“ vom Tyrannenthema zum Triebthema verlagert hatte; wenig später folgten bei ihm Filme wie „Hintertreppe“ und „Scherben“ (beide 1921). Für die Dekorationen und Kostüme gewann Wiene den expressionistischen Maler, Grafiker und Bühnenbildner César Klein, einen Mitbegründer der Berliner Novembergruppe, der für „Genuine“ gemeinsam mit Walter Reimann ein überaus üppiges Dekor schuf, das Wendeltreppen-Element aus „Caligari“ wiederverwendete und einen schneckenförmigen Garten erfand, wie er ein paar Jahre später auch in Fritz Langs Film Metropolis zu sehen war. Als Kostümbildner malte Klein der Darstellerin Fern Andra einen Teil der Dekorationen direkt auf den Körper.
Die Uraufführung des Films, den die Filmprüfstelle sechs Tage zuvor unter Jugendverbot gestellt hatte, fand am 2. September 1920 im Berliner Marmorhaus statt. Er wurde ein Misserfolg. Inwieweit die abwegige, wirre, kolportagehafte Handlung des Films dazu beitrug, ist ungeklärt. Lotte H. Eisner kritisiert vor allem die kunstgewerbliche Oberflächlichkeit der überreichen Dekorationen, die – wo sie die Schauspieler visuell nicht geradezu erdrückt - einerseits vom naturalistischen Spiel der Akteure dissonantisch absticht, andererseits aber nicht die Eindringlichkeit der Landschaften aus „Caligari“ erreicht.
Der Film, der bei der Zensur eine Länge von 2286 m (ca. 83 Min.) hatte und von dem ein großer Teil im Laufe der Jahre verloren ging, wurde 1996 von Filmarchiven in München, Toulouse und Bologna restauriert und im November 1996 in einer notgedrungen stark verkürzten Version wieder aufgeführt.