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Haftung (Recht) - Wikipedia

Haftung (Recht)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Unter Haftung versteht man im deutschen Zivilrecht das Unterworfensein unter den Vollstreckungszugriff anderer, also unter staatliche Gewalt. Diese Bedeutung des Begriffs Haftung findet man etwa noch bei „Ver-haftung“, dem Haftbefehl oder wenn gar im Strafrecht von einer „Haftung“ wegen Totschlags, Diebstahls usw. gesprochen wird (gemeint ist der Strafanspruch des Staates): in all diesen Fällen geht es um das Unterworfensein unter staatliche Gewalt.

Häufig – aber nicht notwendig – verwirklicht die Haftung die von ihr zu unterscheidende Schuld, also Verpflichtetsein eines Gläubigers: „Die Haftung verleiht der Schuld ihre irdische Schwere“ (Karl Larenz).

Oft wird Haftung aber auch in einem weiteren Sinne verstanden und meint dann Zurechenbarkeit oder Verpflichtetsein, insbesondere zum Schadensersatz. Der Begriff wird dann also nicht als Gegenbegriff, sondern als Synonym für Schuld verwendet.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Schuld und Haftung

[Bearbeiten] Abgrenzung

Die zwischen „Schuld“ und „Haftung“ unterscheidende Terminologie wird weder in der juristischen Umgangssprache noch auch nur im Bürgerlichen Gesetzbuch durchgehalten. Dennoch ist genau zu trennen: ein Schuldverhältnis schafft einen Anspruch, also „das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen“. Diese Schuld führt nur zur Verpflichtung des Schuldners und damit korrespondierend zu einem Recht des Gläubigers (§ 241 Abs. 1 BGB). Das „Recht, zu verlangen“ alleine wäre weitgehend wertlos. Die Durchsetzung gelingt nur, weil der Schuldner auch für diese Schuld haftet, also der Anspruch notfalls in sein Vermögen vollstreckt und so zwangsweise durchgesetzt werden kann (vgl. Zwangsvollstreckung, Insolvenzverfahren).

[Bearbeiten] Auseinanderfallen von Schuld und Haftung

Typischerweise folgt die Haftung der Schuld nach: Wer die Zahlung von 50 Euro schuldet, haftet auch für die Erfüllung dieser Schuld in Höhe von 50 Euro. Es gibt aber durchaus Fälle, in denen Schuld und Haftung abweichen.

Pfandrechte beispielsweise begründen nur Haftung, aber keine Schuld (allenfalls kann der Eigentümer des verpfändeten Gegenstands gleichzeitig Schuldner der gesicherten Forderung sein, was möglich, aber nicht erforderlich ist). § 1113 BGB spricht zwar davon, die Belastung eines Grundstückes mit einer Hypothek habe zur Folge, dass „eine bestimmte Geldsumme zur Befriedigung wegen einer (...) Forderung aus dem Grundstück zu zahlen ist“, was man zunächst als Begründung einer Schuld verstehen könnte. Dagegen spricht aber, dass Geldsummen in diesem Sinne gar nicht „aus dem Grundstück“ gezahlt werden können (wie soll das gehen?), also etwas anderes gemeint sein muss. Folgerichtig ergänzt § 1147: „Die Befriedigung des Gläubigers aus dem Grundstück (...) erfolgt im Wege der Zwangsvollstreckung“. Der Eigentümer des belasteten Grundstücks schuldet also aus der Hypothek nichts, sondern haftet lediglich mit dem Grundstück für eine bereits bestehende Schuld (etwa auf Rückzahlung eines Darlehens). Noch deutlicher wird dies am Beispiel der Grundschuld, die überhaupt keine Forderung (und somit auch keine Schuld) voraussetzt.

Umgekehrt ist auch nur Schuld denkbar, für deren Erfüllung niemand haftet. Hierunter wurden früher die „unvollkommenen Verbindlichkeiten“ (Naturalobligationen) eingereiht, also Ansprüche, die zwar bestehen und erfüllbar sind, die aber nicht durchgesetzt werden können. Heute wird überwiegend vertreten, in solchen Fällen liege nicht einmal Schuld vor. Im Falle des Erben, dessen Haftung (!) für Nachlassverbindlichkeiten nach § 1975 BGB auf den Nachlass beschränkt ist, ergibt sich aber nicht selten die Situation, dass Schuld und Haftung weit auseinanderklaffen: wer etwa 50 Euro Guthaben und 500 Euro Schulden geerbt hat, schuldet zwar 500 Euro, haftet aber für diese Schuld unter bestimmten Voraussetzungen nur mit den 50 Euro.

[Bearbeiten] Haftung im weiteren Sinne

Aus meist sprachlichen Gründen wird der Begriff der Haftung aber noch in weiteren Bedeutungsvarianten verwendet, was die Unterscheidung sehr erschwert: Nicht selten meint Haftung nicht den Gegensatz, sondern ein Synonym für Schuld. So steht es etwa, wenn in § 769 BGB angeordnet wird, Mitbürgen „haften (...) als Gesamtschuldner“. Hier soll die sprachlich wenig überzeugende Formulierung „schulden als Gesamtschuldner“ vermieden werden. In diesem Sinne spricht man auch von „Haftung als Bürge“, „Haftung auf Schadensersatz“, Haftungsbeschränkung oder Haftpflicht und meint damit Zurechnung oder Einstehenmüssen.

Missverständlich ist auch der Name der GmbH als „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“: die Gesellschaft haftet für ihre Schulden keineswegs beschränkt, sondern unbeschränkt mit ihrem gesamten Gesellschaftsvermögen. Tatsächlich sorgt ihre Existenz aber dafür, dass die Gesellschafter schon nichts schulden: sie beschränkt also die Schuld (und damit die Haftung) ihrer Gesellschafter.

[Bearbeiten] Umfang der Haftung

Man unterscheidet persönliche und dingliche Haftung. Wer persönlich haftete, hatte ursprünglich tatsächlich mit seiner Person für die Schuld einzustehen (Schuldknechtschaft, Schuldsklaverei, Schuldturm). Heute meint die persönliche Haftung eine Haftung mit dem ganzen Vermögen, wobei aus Gründen des Schuldnerschutzes (und damit nicht die staatlichen Sozialsysteme einspringen müssen) bestimmte Bereiche von der Haftung ausgenommen sind („pfändbares Vermögen“). Die persönliche Haftung ist der gesetzliche Normalfall und als selbstverständlich vorausgesetzt: ohne Haftung wäre die Verpflichtung nichts wert.

Die dingliche Haftung umfasst dagegen nur einen bestimmten Vermögensgegenstand, etwa ein Grundstück, eine Forderung oder eine bewegliche Sache. Sie wird durch ein Pfandrecht begründet. Obwohl der Gegenstand selbst ein Teil des Vermögens ist, ist diese Art der Haftung für den Gläubiger weitaus günstiger als die persönliche: er muss nicht mit anderen Gläubigern konkurrieren, sondern kann sich bevorzugt aus dem Gegenstand befriedigen, der zudem typischerweise (Grundstück) seinen Wert auch langfristig behält.

Die Haftungsbeschränkung hat, entgegen ihrem Namen, mit einer Beschränkung der Haftung im engeren Sinne nichts zu tun. Sie beschränkt nämlich nicht die Haftung für bestehende Schulden, sondern verhindert bereits, dass eine Schuld überhaupt entsteht. Die Haftungsbeschränkung senkt dazu beispielsweise den „Haftungsmaßstab“ (eigentlich: den Verschuldensmaßstab) ab, indem z.B. bei leichter Fahrlässigkeit kein Schadensersatz geschuldet sein soll. Dann entsteht bereits kein Anspruch, die Frage der Haftung stellt sich gar nicht.

[Bearbeiten] Haftungsrisiko

Das Haftungsrisiko trägt, wer von einem oder mehreren Gläubigern grundsätzlich in Haftung genommen werden, also haftbar gemacht werden kann. Haftet eine Person hingegen aus rechtlichen Gründen nicht, ist ihre Haftung beispielsweise per Vertrag oder Gesetz ausgeschlossen, so ist sie frei von jeglichem Haftungsrisiko. Juristisch schwierig sind oft die Fälle, in denen sich die Haftungsrisiken mit der Zeit verlagern, mehrere Personen nach Art oder Höhe unterschiedliche Haftungsrisiken tragen, oder eine zunächst von der Haftung freigestellte Person (etwa im Wege der Durchgriffshaftung) letztlich doch haftet.

Bitte beachten Sie den Hinweis zu Rechtsthemen!
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