Handtaschenklassiker
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Da Handtaschen erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts als wichtiges Modeaccessoire anerkannt wurden, entwickelten sich Handtaschenklassiker erst im Verlauf des 20. Jahrhunderts.
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[Bearbeiten] Kelly Bag
Das Haus Hermès brachte in den 1930er Jahren eine kompakte, trapezförmige Tasche mit festem Boden heraus, die ursprünglich als Satteltasche dienen sollte. Als zwanzig Jahre später die Hollywoodschauspielerin Grace Kelly den Grimaldi-Fürsten Rainier heiratete, wählte sie für ihre Garderobe, die sie während der Verlobungszeit in der Öffentlichkeit trug, diese Tasche von Hermès. Bilder aus den Jahren 1955 und 1956 zeigen Grace Kelly immer wieder mit verschiedenen Ausgaben dieses Modells. Selbst bei der standesamtlichen Trauung trug sie eine der Taschen. Da Grace Kelly in den 1950er Jahren nicht nur eine Leinwandgöttin sondern auch eine Stil-Ikone war, stieg urplötzlich die Nachfrage nach dieser Tasche weltweit um ein vielfaches. Die Nachfrage wurde nur noch mehr gesteigert, als die junge monegassische Fürstin Ende 1956 auf dem Titel von Life abgebildet war und erneut dieses Taschenmodell trug. Hermès reagierte schnell, steigerte die Produktion und gab dem Modell den Mädchennamen der Fürstin. Fürstin Gracia Patricia trug bis zu ihrem Tod im Jahr 1982 in der Öffentlichkeit fast 25 Jahre lang nahezu ausschließlich eine Kelly Bag am Arm. Um sich während ihrer drei Schwangerschaften vor den Paparazzi zu schützen, und ihnen nicht die Möglichkeit zu geben, ihren Bauch zu fotografieren, benutzte die Fürstin die Tasche während dieser Zeit hin und wieder auch als eine Art Schutzschild, das sie vor ihre Umstandskleider hielt.
[Bearbeiten] Aussehen und Herstellung der Kelly Bag
Die Kelly Bag ist eine klassische Henkeltasche, leicht trapezförmig und mit Überschlag. Distinktiv ist der Verschluss der Tasche: zwei durch an der Seite befindlichen Ösen geführte Lederriemen mit jeweils einem in Gold eingefassten Ende, das ein rechteckiges Loch besitzt, müssen über den Überschlag (der in der Mitte ebenfalls eine rechteckige und mit Gold eingefasste Öffnung besitzt) gelegt und über einen goldenen, circa drei Zentimeter langen Stift geschoben werden, der sich auf der Vorderseite der Tasche befindet. Der Stift besitzt am oberen Ende eine ringförmige, drehbare Öse, die senkrecht nach oben gedreht werden muss, damit die Tasche geschlossen bleibt. Der Griff ist oben auf dem Überschlag festgenäht.
Die Kelly Bag wird aus Kalbsleder, Straußenleder oder - seltener - aus Fohlenleder gefertigt. Jede Tasche ist handgearbeitet und besteht aus etwa 20.000 Einzelstichen. Auf Wunsch können die Schließen, die Einfassungen der Ösen, die beiden Griffringe und die fünf Standfüßchen aus 555er Gold oder aus Platin gefertigt werden. Der Code im Echtheitsstempel verweist auf das Produktionsjahr, den Produktionsort und die Näherin, die die Tasche gefertigt hat.
1970 brachte Hermès eine streng limitierte Sonderedition heraus, bei der die Nähte der Tasche außen waren. Diese Taschen erzielen heute bei Auktionen Preise bis zu 50.000 Dollar.
[Bearbeiten] Birkin Bag
1984 saß der damalige Vorstandsvorsitzende von Hermès, Jean-Louis Dumas, auf einem Flug von New York nach Paris zufällig neben der britischen Schauspielerin Jane Birkin. Die beiden kamen ins Gespräch und Birkin beklagte sich bei Dumas, die Kelly Bag sei zwar wunderschön, aber für eine vielbeschäftigte Mutter mehrerer kleiner Kinder (Birkin hatte 1982 ihre dritte Tochter bekommen) einfach zu klein. Da das Haus Hermès in den 1980er Jahren ohnehin einen Nachfolger für die Kelly Bag kreieren wollte, begannen Dumas und Birkin - erst spaßeshalber, dann immer ernsthafter - noch während des Flugs damit, auf ein paar Servietten der Fluggesellschaft Handtaschenmodelle zu skizzieren. Dumas war von Birkins Kritzeleien so angetan, dass er nach der Ankunft in Paris seinen Designern sofort Order gab, den Prototyp anzufertigen. Da der Namenstrick dreißig Jahre zuvor schon einmal maketinggerecht funktioniert hatte, wurde das Nachfolgemodell der Kelly Bag ganz einfach Birkin Bag getauft. Die erste Kollektion erschien 1986.
[Bearbeiten] Aussehen und Herstellung der Birkin Bag
Die Birkin Bag ist ebenfalls eine Henkeltasche mit festem, rechteckigem Boden. Sie ist größer als die Kelly Bag, nicht trapezförmig, eher wie ein hochgestelltes Rechteck, und besitzt zwei Griffe, die sich am Rand des Taschenkörpers und nicht mehr auf dem Überschlag befinden. Wichtig ist, daß die Birkin Bag einen 'Bauch'/'Schwung' haben muss. Das heißt, die Seitenwände müssen einmal gefältelt sein, um das Volumen der Tasche zu vergrößern - ganz so, wie es sich Jane Birkin vorgestellt hatte. Auch die Birkin Bag wird mit zwei an der Seite durch Ösen zu führende Riemen geschlossen. Allerdings werden die Riemen hier auf der Vorderseite der Tasche noch zusätzlich links und rechts des Stifts durch zwei Häkchen geführt, die verhindern, daß die Riemen dieser großen Tasche abrutschen, wenn viel hineingepackt wird und die Tasche dann sehr schwer ist. Der Überschlag der Birkin Bag hat keinen geraden Abschluss mehr, sondern zwei Ausbuchtungen für die herabgezogenen Ledergriffe. Der entscheidende Unterschied zwischen dem Design und der Erscheinungsform der Kelly Bag und der Birkin Bag: bei der Birkin Bag wird durch den Ring des Stifts ein kleines Vorhängeschloss geführt. Der Schlüssel für dieses Schloss befindet sich in einer Clochette aus Leder, die an einem circa zwanzig Zentimeter langen Lederstreifen hängt, der um den Griff auf der Vorderseite geknotet ist.
Auch die Birkin Bag wird handgefertigt. Die Ösen, Schließen und Standfüße können in Gold oder Platin gewählt werden. Die meisten "Birkins" werden aus dem Leder von Jungstieren gefertigt. Angeblich ist das Leder von Stieren, die bei der Schlachtung gerade erst die Geschlechtsreife erreicht hatten, einerseits schon fester als Kalbsleder, andererseits aber nach der Gerbung noch formbar genug, um noch immer die nötige 'Knautschigkeit' zu besitzen.
Kelly Bags und Birkin Bags sind aufgrund des hohen Materialwertes und der aufwendigen Produktion sehr teuer. In Deutschland kostet eine Birkin Bag wenigstens 4.000 Euro. Eine Kelly Bag aus Fohlenleder und mit Goldbeschlag kann bis zu 5.000 Euro kosten.
[Bearbeiten] Nova Check
Die britische Firma Burberry ließ sich in den 1920er Jahren ihr charakteristisches Karomuster patentieren (siehe Foto). Seither gibt es von Burberry Kleidung, Regenschirme, Hüte und sogar Schuhe mit diesem beigefarbenen Muster, das für viele Leute inzwischen etwas 'typisch Britisches' geworden ist. Seit den 1930er Jahren fertigt Burberry auch Handtaschen mit diesem Muster an. Das Material ist inzwischen ein mit Vinyl überzogener Leinenstoff. Die Randverstärkung im Tascheninneren, die Griffe, Riemen und Verschlüsse sind immer aus Leder. Das Futter des Innenstoffs kann variieren. Inzwischen gibt es das Nova-Check Muster auch in Rosa oder in Hellblau. 'Klassisch' ist aber noch immer die Grundfarbe Beige. Burberry hat sehr viele Handtaschenmodelle mit dem Nova- Check Muster herausgebracht. Von der sportlichen Schultertasche bis hin zum zierlichen Abendtäschchen ist praktisch alles vertreten. "Nova Checks" kosten in Deutschland zwischen 200 und 500 Euro. Das Echtheitszertifikat ist ein Buchstaben- und Nummerncode, er sich im Inneren der Tasche auf der Unterseite des kleinen eingenähten Lederschildchens mit der Aufschrift 'Burberry Of London' befindet. Fast alle Taschen von Burberry werden heute allerdings in Italien gefertigt.
[Bearbeiten] Croissant
Mitte der 1970er Jahre machte das Haus Louis Vuitton mit einer neuen Handtaschenform auf sich aufmerksam, die heute zu den Klassikern gehört. Die Designer fertigten ein kreisrundes Henkeltäschchen an - und schnitten dann oben einen kleinen, ellipsenförmigen Teil heraus, so daß der restliche Taschenkörper nun die Form eines zu dick geratenen Hörnchens besaß. Die Designer tauften die halbmondförmige Kreation kurzerhand "Croissant", ließen sie im berühmten dunkelbraunen LV-'Monogram Canvas' anfertigen - et voila! - der Klassiker war geboren. Die "Croissant" wird noch heute hergestellt. Ihr Durchmesser beträgt nur etwa 25 Zentimeter; sie kann also eher zu den Abendtaschen gezählt werden. Sie kostet in Deutschland etwa 500 bis 600 Euro. Louis Vuitton hat den Namen nicht schützen lassen. Auch bei Fendi gibt es halbmondförmige Handtaschen, die "Croissant" heißen.
[Bearbeiten] Das Fendi-F
Das italienische Modehaus Fendi stellte bis Ende der 1980er Jahre Taschen mit breiten karamell- und schokobraunen Streifen her. In den 1990er Jahren verschwand dieses Muster aus der Kollektion. Seitdem ist das neue Grundmuster für viele Fendi-Handtaschen das Firmenlogo - zwei stilisierte 'F', wobei der eine Buchstabe dem anderen verkehrtherum gegenübersteht. Auch dieses Muster ist inzwischen ein zeitloser Design-Klassiker. Handtaschen von Fendi kosten in Deutschland zwischen 500 und 1.500 Euro.
[Bearbeiten] Das Chanel-C
Das Haus Chanel bringt schon seit den 1920er Jahren Taschen aus Lackleder heraus, deren Charakteristikum die Steppnähte sind. Seit den 1950er Jahren werden die Handtaschen mit einer Goldkette und dem Firmenlogo - zwei riesige ineinander verschlungene 'C' - verkauft, was schon von weitem erkennbar ist. Die erste Stepptasche mit Kettenriemen kam im Februar 1955 auf den Markt und trug die Seriennummer 2/1955. Als Karl Lagerfeld 1983 begann, für Chanel zu entwerfen, experimentierte er mit neuen Materialien. Noch immer sind die Merkmale einer Tasche von Chanel die Goldkette, die Steppnähte und die beiden Buchstaben. Aber der Stoff ist bei manchen Modellen aus Samt, Veloursleder, Tweed etc. In einer Sonderedition in den späten 1980er Jahren brachte Chanel den Klassiker aus Weidengeflecht und aus Bast heraus. Je nach Material und Größe kostet eine Tasche von Chanel in Deutschland zwischen 600 und 2.000 Euro.