Hebräer
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Ausdruck Hebräer (hebr.: עִבְרִי, ʿibri) ist eine Bezeichnung für Angehörige israelitischer oder früh-israelitischer Stämme, der in der Hebräischen Bibel 33 Mal vorkommt.
Inhaltsverzeichnis |
Vorkommen des Wortes
Die Bezeichnung „Hebräer“ wird einmal in Gen 14,13 EU für Abraham benutzt. Sonst ist das Wort fast immer eine Bezeichnung, die Fremde gegenüber den Israeliten verwenden, oder eine Eigenbezeichnung von Israeliten gegenüber Fremden. Am häufigsten kommt es im Kontext der Verhältnisse der Israeliten mit den Ägyptern – in der Josephgeschichte[1] und in der Überlieferung von dem Auszug aus Ägypten[2] – und der Konfrontationen mit den Philistern[3] vor. In dieser Verwendung wird immer eine Geringschätzung, Verachtung oder – wenn es sich um eine Eigenbezeichnung handelt – Demut zum Ausdruck gebracht.[4]
In Jer 34,9.14 EU ähnlich wie in Ex 21,2 EU und Dtn 15,12 EU ist ferner „Hebräer“ ein Attribut von „Sklaven“. Nicht gesichert ist das Vorkommen des Wortes in Jona 1,9 EU, wofür die griechische Version der Septuaginta die alternative Lesung „Knecht Jahwes“ (עֶבֶד יהוה) voraussetzt.[5]
Bedeutung und Etymologie
Weder die Etymologie des Terminus „Hebräer“ noch seine genaue Bedeutung in den Texten, in denen er vorkommt, sind mit Sicherheit fixiert worden. In einigen Lexika ist das Wort mit dem Namen des Stammesvaters Eber (עֵבֶר, Gen 10,24-25 EU; 11,14-17 EU), der in der Wendung „die Sohne Ebers“ (בְּנֵי־עֵבֶר, Gen 10,21 EU) eine ethische Zugehörigkeit andeutet, in Verbindung gebracht worden.[6]
Für einige Texte der Hebräischen Bibel, deren Abfassung in die Zeit nach dem babylonischen Exil datiert wird, ist eine gelegentliche Verwendung von „Hebräer“ als Synonym für „Israelit“ angenommen worden (Gen 14,13 EU; Jona 1,9 EU und vielleicht Dtn 15,12 EU).[7] Für Ex 21,2 EU, Jer 21,2 EU (und vielleicht Dtn 15,12 EU) haben Exegeten das Wort im Sinne einer Bezeichnung des rechtlichen Lebens gedeutet. Demnach beziehe sich „Hebräer“ auf Sklaven auf Zeit oder Schuldensklaven.[8]
Sehr verbreitet ist die Auffassung, dass ein Zusammenhang zwischen dem Wort ʿApiru (bzw. Ḫabiru) und „Hebräer“ bestehe, selbst wenn eine direkte Ableitung nicht warhscheinlich erscheint (vgl. →Landnahme Kanaans#Die ʿapiru der Amarna-Briefe). Mit ʿApiru werden in einigen Texten der späten Bronzezeit aus Mesopotamien, Ugarit, Kanaan und Ägypten Gruppen von Menschen unterschiedlicher Herkunft bezeichnet, die außerhalb der Gesellschaftsordnung gestanden haben und sich aus Not in Abhängigkeitverhältnisse als Söldner oder Arbeiter begeben mussten oder ein Leben als Banditen führten.[7][9] Vielen Bibelhistorikern zufolge sei es anzunehmen, dass im Zuge der Landnahme Palästinas ʿApiru-Elemente in das spätere Israel aufgegangen seien (vgl. →Landnahme Kanaans#Ansätze in der historischen und archäologischen Forschung).
Vorwiegend gilt der Ausdruck ʿApiru und der entsprechende ägyptische ʿpr(w) als soziologische Bezeichnung eines gesellschaftlichen Status, die eine abwertende Konnotation vermittelt habe. Nach einigen Auffassungen ist es aber möglich, dass im Laufe der Zeit eine Verschiebung zu der ethnischen Bedeutung stattfand: So könne die Verwendung des Worts „Hebräer“ im Buch des Exodus eine Erinnerung daran bewahren, dass die Vorfahren Israels als ʿApiru galten.[4] Eindeutiger als ethnische Bezeichnung für Gruppen, die von der Wüste ins Kulturland vordrungen sind beide Ausdrucke – ʿApiru und „Hebräer“ – von Ronald De Vaux interpretirt worden.[10]
In hellenisticher Zeit wurde „Hebräer“, aus dem palästinischen Aramäischen (עבראיא, ʿebrāyā) ins Griechische als Ἑβραίοι übertragen, manchmal als Volksbezeichnung für Israeliten oder Juden verwendet. Eingebürgert in der späteren Tradition ist die aus dem rabbinischen Judentum stammende Benennung „hebräische Sprache“ (לשׁון עברית) für die Sprache der Bibel und größer Teile der rabbinischen Literatur.
Referenzen
- ↑ Gen 39,14.17 EU; 40,15 EU; 41,12 EU; 43,32 EU.
- ↑ Ex 1,15.16.19 EU; 2,6.7.11.13 EU; 3,18 EU; 5,3 EU; 7,16 EU; 9,1.13 EU; 21,2 EU; Dtn 15,12 EU.
- ↑ 1_Sam 4,6.9 EU; 13,3.7*.19 EU; 14,11.21 EU; 29,3 EU.
- ↑ a b Vgl. W. H. Schmidt, Exodus..., S.29f.
- ↑ Vgl. Jona 1,9 LXX.
- ↑ Z. B.: Hebräer, in dtv-Brockaus-Lexikon (1982), Mannheim: 1988, Bd. 8.
- ↑ a b Vgl. H. Donner, Geschichte des Volkes Israel, 1, S. 80-82.
- ↑ So Niels P. Lemche, The „Hebrew Slave“, in: Vetus Testamentum, 25, 1975, S. 129–144 (zit. in H. Donner, Geschichte des Volkes Israel, 1, S. 81) u.a.
- ↑ Manfred Weippert, Die Landnahme der israelitischen Stämme in der neueren wissenschaftlichen Diskussion, FRLANT 92, Göttingen: 1967 (zit. in W. H. Schmidt, Exodus..., S. 29).
- ↑ R. De Vaux, Histoire ancienne d'Israël, I, Paris: 1971, S. 106–112; 205–208 (zit. in W. H. Schmidt, Exodus..., S. 30).
Literatur
- Herbert Donner, Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn in Grundzügen (Grundrisse zum Alten Testament, Band 4/1, 4/2), Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen: 2001
- Werner H. Schmidt, Exodus, Sinai und Mose. Erwägungen zu Ex 1-19 und 24, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt: 1983