Hernie
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Eine Hernie (lat. fem. hernia von griechisch hernios „Knospe“) ist der Austritt von Eingeweiden aus der Bauchhöhle durch eine angeborene oder erworbene Öffnung. Ihr deutscher Name Eingeweidebruch verwendet die Nebenbedeutung von Bruch als Riss.
Wiktionary: Bruch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Merkmale
Drei Merkmale weist jeder Eingeweidebruch auf:
- Bruchpforte
- Eine Voraussetzung für die Entstehung einer Hernie ist eine Schwachstelle in der Wandung der Bauchhöhle. Meist ist diese bereits in der Embryonalentwicklung angelegt, sie kann aber auch später entstehen, beispielsweise durch eine Narbe nach einer Bauchoperation.
- Durch den stetigen intraabdominellen Druck und eine leichte Überforderung (Hustenstoß) können die tragenden Bauchwandschichten soweit auseinander weichen, dass eine beutelartige Vorwölbung der restlichen Bauchwandschichten, der
- Bruchsack
- resultiert. Dessen innere Auskleidung besteht im Regelfall aus gleitendem Bauchfell (Peritoneum). Er beinhaltet einen
- Bruchinhalt
- Aufgrund entzündlicher Reaktionen kann ein Bruch Bruchwasser enthalten, aber auch temporär leer sein. Häufig aber enthält er einen Zipfel des großen Netzes oder gar eine Dünndarmschlinge. Auch frei bewegliche Organe wie Eierstock, Wandanteile der Harnblase oder des Dickdarms können enthalten sein. Bei einem Zwerchfellbruch ist es häufig der Magen, der durch einen Schlitz in den Brustkorb gleitet.
Auch Organe (Magen, Dickdarm, Blase), die nur teilweise innerhalb der mit Bauchfell ausgekleideten Bauchhöhle gelegen sind, so genannte retro- oder extraperitoneale Organe, können durch eine Bruchpforte gleiten und nehmen dann eine ihnen außen anliegende Bauchfelltasche als Bruchsack mit. Diese Hernien werden Gleitbrüche genannt.
Mangelernährung, Kachexie bei Tumorerkrankung und Aszites bewirken ebenfalls eine Bauchdrucksteigerung und Bauchwandschwächung und begünstigen so die Entstehung von Bauchwandbrüchen, die dann als symptomatische Hernien bezeichnet werden.
Frische Hernien sind meist reponibel (von lat. reponere = wiederherstellen), d. h. durch sanften Druck von außen kann der Inhalt wieder in die Bauchhöhle zurückgeführt werden. Dieses Manöver wird Taxis genannt und kann bei unkritischer Anwendung und fehlender nachfolgender Überwachung Komplikationen verschleiern.
[Bearbeiten] Bruch"zufälle"
In der klassischen deutschen chirurgischen Literatur wurden so die Komplikationen bei Eingeweidebrüchen bezeichnet.
Einige Hernien sind durch entzündliche Verwachsungen irreponibel, d.h. nicht mehr reponibel und können intermittierend Schmerzen verursachen.
Anstauung von Darminhalt in den ausgetretenen Darmschlingen bewirkt eine kotige Einklemmung mit folgender Darmwandschädigung. Noch gefürchteter aber ist das Abklemmen der Blutversorgung der Darmschlingen, Inkarzeration genannt.
Die letzten beiden Komplikationen sind hochschmerzhaft und bedürfen einer operativen Therapie innerhalb von 6 Stunden.
[Bearbeiten] Therapieoptionen
Historisch ist die Behandlung der Leistenhernie mit einem Bruchband. Aber da nur eine Operation einen bleibenden Erfolg sichert, ist sie heute die Regel. Für die chirurgische Versorgung stehen verschiedene Operationsverfahren zur Verfügung. Wegen der Gefahr einer lebensbedrohenden Inkarzeration (s.o.) besteht besonders bei kleinen Brüchen eine Indikation zur frühzeitigen Bruchoperation. Eine bekannte Op-Methode ist die nach Shouldice. Hierbei wird die Fascia transversalis (auch unter örtlicher Betäubung möglich) "gedoppelt" und erhält so mehr Stabilität.
[Bearbeiten] Symptome
Eine Hernie kann je nach Lokalisation durch eine Schwellung auffallen oder unbemerkt bleiben. Dabei können auch Schmerzen auftreten. Bei äußeren Hernien kann ein erhöhter intraabdomineller Druck, z. B. durch Husten oder Bauchpresse, die Hernie hervortreten lassen.
[Bearbeiten] Arten
Es werden nach dem Ort ihres Auftretens innere und äußere Hernien unterschieden. Ist die Hernie von außen zu erkennen, oder führt die Bruchpforte vom Körperinneren in Richtung Haut, spricht man von einer äußeren Hernie. Liegt die Hernie innerhalb des Rumpfes (z. B. vom Bauch in den Brustkorb gerichtet), dann ist sie ohne Hilfsmittel nicht zu entdecken. Man spricht dann von einer inneren Hernie.
[Bearbeiten] Innere Hernien
[Bearbeiten] Zwerchfellhernie
Beim Zwerchfellbruch (lat. Hernia diaphragmatica) gelangen Teile des Magens oder Dünndarms in die Brusthöhle.
Die angeborene Form (engl. Congenital diaphragmatic hernia, Abk. CDH) wird zumeist durch unvollständige Zwerchfellausbildung verursacht.
Im Erwachsenenalter hingegen begünstigt eine anatomische Schwachstelle im Zwerchfell, der schlitzförmige Durchtritt der Speiseröhre, Hiatus esophageus genannt, eine Hiatushernie. Es gibt zwei Arten: Gleitet der Magen teilweise unter Mitnahme einer Bauchfellduplikatur hoch in die Brusthöhle, handelt es sich um einen Ösophagusgleitbruch. Gelangt hingegen eine Dünndarmschlinge neben der Speiseröhre in den Thorax, ist es eine Paraösophagealhernie. Eine Sonderform ist der völlige Umschlag der Magens in den Brustkorb, also ganz über das Zwerchfell. Im englischen Sprachraum wird dies als upside down stomach bezeichnet.
Die Zwerchfellhernie selbst verursacht selten Schmerzen hinter dem Brustbein. Häufig aber sind Sodbrennen, nächtlich brennende Schmerzen in der Speiseröhre. Es wird von Refluxkrankheit oder dem Trend folgend von gastroesophageal reflux disease (GERD) gesprochen.
Zu größeren Komplikationen führt eine Zwerchfellhernie beim Säugling, wenn sie bereits im Mutterleib entsteht. Häufig entsteht dieser Defekt während der Zwerchfellausbildung in der 8. - 10. Schwangerschaftswoche und tritt bei ca. 3-4 von 10000 Geburten auf. Über 90 % der angeborenen Zwerchfellhernien sind linksseitig, wobei hauptsächlich der Magen nach oben gleitet. Bei der selteneren rechtsseitigen Form ist häufig die Leber betroffen. Die in die Brusthöhle eingedrungenen Baucheingeweide können die Entwicklung der Lunge behindern. Der Defekt kann bereits während der Schwangerschaft mittels Ultraschall diagnostiziert werden. Zur weiteren und noch genaueren Abklärung besteht in manchen Zentren die Möglichkeit eine fetale Magnetresonanztomographie Untersuchung durchzuführen. In den meisten Fällen ist nach der Geburt eine Korrektur-Operation notwendig, in der die verlagerten Organe wieder zurückverlegt und die Zwerchfellhernie geschlossen wird. Die Überlebenschancen von Feten mit rechtsseitigen Hernien sind deutlich schlechter als von Feten mit linksseitigen Hernien. In ganz bestimmten Fällen (jene mit besonders schlechter Prognose) wird in darauf spezialisierten Zentren versucht, das Lungenwachstum des Feten mittels einer Operation während der Schwangerschaft zu beschleunigen. Auch die postnatale Therapie erfordert viel Erfahrung in einem geübten interdisziplinären Team aus Neonatologie und Kinderchirurgie. Bei drohendem Lungenversagen kann der Einsatz von ECMO (Extracorporale Membranoxygenierung) hilfreich sein um ein Überleben zu ermöglichen.
[Bearbeiten] Treitz-Hernie
Bei dieser Art gelangen Darmanteile zwischen Zwölffingerdarm und hinterer Rumpfwand in einen Bereich hinter der eigentlichen Bauchhöhle (Retroperitonealraum).
[Bearbeiten] Äußere Hernien
[Bearbeiten] Leistenhernie
Die Leistenhernie (lat. Hernia inguinalis} ist die häufigste Form der Hernie (80 %). Sie treten über dem Leistenband an einer anatomisch vorgegeben Stelle, dem äußeren Leistenring in Erscheinung. Man unterscheidet die
- direkten Leistenhernie (lat. Hernia inguinalis directa aut medialis). Hier tritt der Bruch durch eine Schwachstelle der inneren Bauchwandschicht, der Fossa inguinalis medialis, die sich auf den äußeren Leistenring projiziert, aus. Diese Bruchform, wie auch die folgende, tritt äußerlich am äußeren Leistenring (Anulus inguinalis superficialis) aus. Aber da keine begünstigende embryonale Struktur als Leitschiene existiert, ist diese Form nur selten angeboren.
- indirekte Leistenhernie (lat. Hernia inguinalis indirecta aut lateralis). Sie tritt am inneren Leistenring in die Bauchwand ein, verläuft beim Mann im Samenstrang und begleitet den Samenleiter und tritt ebenso wie der vorhergenannte Bruch am äußeren Leistenring an die Körperoberfläche. Bei der Frau verläuft im Leistenkanal nur das Mutterband. Da dieses niemals eine solche Dimensionen wie der Samenstrang aufweist, ist die laterale Leistenhernie beim weiblichen Geschlecht selten, aber auch die mediale Form kommt bei der Frau nicht häufig vor.
[Bearbeiten] Schenkelhernie
Schenkelhernien kommen bei älteren Frauen häufiger vor. Sie machen 95 % der Hernien bei Frauen aus. Sie kommen nach einer Leistenhernien-Operation nach Shouldice oder Bassini natürlich auch bei Männern vor (2-3 %). Die Schenkelhernie tritt unterhalb des Leistenbandes durch die Lacuna vasorum aus. Die Schenkelhernien sind schmerzhafter als die Leistenhernien und klemmen häufig ein. Schenkelhernien sind im Allgemeinen nicht reponibel. In ihnen ist oft nur das Omentum majus und nicht der Darm eingeklemmt. Aber auch mobile Eierstöcke kommen vor. Bei jeder unterhalb des Leistenbandes tastbaren Schwellung sollte eine Schenkelhernie ausgeschlossen werden.
Als Differentialdiagnose kommen geschwollene Lymphknoten in Frage.
[Bearbeiten] Nabelschnurbruch
Bei einer Omphalocele ist durch eine Bauchwandfehlbildung die Nabelschnur sackartig aufgebläht und Bauchorgane treten durch den Nabel hervor.
[Bearbeiten] Nabelbruch
Nabelhernien (lat. Hernia umbilicalis et paraumbilicalis) treten häufig direkt nach der Geburt im Säuglingsalter auf. Ursache ist die noch nicht vollends ausgebildete Bauchwand im Bereich des Bauchnabels. Diese Säuglingsnabelbrüche haben in der Regel keine Einklemmungstendenz und werden daher mit Bandagierung behandelt. In seltenen Fällen, wenn z. B. durch starkes Schreien des Säuglings die Hernie nicht sofort in die Bauchhöhle zurück gleiten will, kann der Arzt Beruhigungsmittel verabreichen und damit durch die Entspannung des Kindes ein Zurückgleiten des Bruches (Reposition) erreichen.
Beim Erwachsenen sind relativ häufig Nabelhernien zu beobachten. Oft haben die Betroffenen keine subjektiven Beschwerden und haben sich auch mit dem vorgewölbten Aussehen des Nabels arrangiert. Bei Nabelbrüchen mit kleiner Bruchpforte kann eine Einklemmung von Bauchorganen auftreten und erhebliche Beschwerden verursachen. Am häufigsten wird das große Netz vorgefunden. Besonders bei kleinen Hernien ist Inkarzeration (s. o.) gefürchtet.
Zur chirurgischen Versorgung von Nabelhernien existieren viele Techniken. Die Auswahl der „richtigen“ OP-Technik ist von der Größe der Hernie, der Aktivität des Patienten, dem allgemeinen Gesundheitszustand u. a. abhängig.
[Bearbeiten] Hernia obturatoria
Eine Hernia obturatoria verläuft durch das Foramen obturatum (Hüftbeinloch), eine mit Bindegewebe verschlossene Durchtrittsstelle zwischen Becken und Oberschenkel. Diese Form der Hernie ist sehr selten und wird, da äußerlich nicht sichtbar, erst durch den Darmverschluss bei Einklemmung erkannt.
[Bearbeiten] Epigastrische Hernie
Ein meist schmerzhafter Tastbefund in der Linea alba zwischen Xiphoid und Nabel. Der Tastbefund imponiert als schmerzhafte Fettgeschwulst”. (Epi=Vor, gastrisch=Magen)
[Bearbeiten] Spieghel'sche Hernie
Hier handelt es sich um eine Hernie, die sich im Bereich des hinteren Blattes der Rectusscheide (Linea semilunaris) in die Bauchdecke hinein erstreckt. Auch sie ist selten und wird oft verkannt.
[Bearbeiten] Narbenhernie
Bei der Narbenhernie (lat. Hernia cicatrica) bildet eine allschichtige Bauchwandnarbe durch ihre fehlenden Elastizität die Bruchpforte. Solche Narben sind nahezu ausschließlich Folgen früherer Laparotomien. Aufgrund von Verwachsungen ist die Präparation anspruchsvoll und der Langzeiterfolg einer Operation keineswegs sicher. Dennoch ist eine Operation immer anzustreben, da eine Größenzunahme der Hernie mit der Zeit die Chance einer Heilung immer weiter verschlechtert.
Fasziendopplungen nach Mayo oder eine Stoß-an-Stoß-Naht waren eine rezidivbehaftete Standardtherapie. Derzeit werden Kunststoffnetze zur Verstärkung eingesetzt, wobei häufig die Methoden nach der Lage des Netzes zu den tragenden Bauchwandschichten, zumeist englisch, benannt werden (Sublay-, Inlay-, Onlay-Plastik).
[Bearbeiten] Rektusdiastase
nennt man das Auseinanderweichen der geraden Bauchmuskulatur (des Musculus rectus abdominis). Eine Operationsindikation besteht nur bei Beschwerden. Sie ist keine Hernie im klassischen Sinn.
[Bearbeiten] Operationsverfahren
[Bearbeiten] „Offene“ Operation mittels Bauchschnitt
Der Bruchsack wird über einen Schnitt freigelegt und bis auf Ausnahmen eröffnet. Der Inhalt wird in die Bauchhöhle zurück verlagert, der Bruchsack bis zum Hals präpariert, gekürzt und verschlossen. Danach erfolgt der Verschluss der Bruchpforte durch:
- Direkte Naht
- Dieser Verschluss ist oft nur bei sehr kleinen Brüchen möglich
- Fasziendopplung
- Die Ränder derber Bauchwandschichten (Faszie) werden gedoppelt (s.o. Mayo-Op.), also überlappend vernäht, um eine größere Stabilität zu erreichen.
- Dieses Prinzip verfolgt beim Leistenbruch auch die Operation nach Shouldice. Nach Reposition des Bruchsacks wird die Fascia transversalis überlappend vernäht. Die Rezidivrate ist mit 1 % als relativ gering einzustufen.
- Stabilisierung des Bruchpfortenverschlusses durch Plastik
- Bei größeren Brüchen verfestigt man die Naht durch Aufsteppen körpereigenen Gewebes (selten) oder mit Kunststoffnetzen. Es kommen sowohl nichtresorbierbare als auch resorbierbare, neuerdings sogar spezielle Hybridmaterialien zur Anwendung.
- Bei größeren Brüchen verfestigt man die Naht durch Aufsteppen körpereigenen Gewebes (selten) oder mit Kunststoffnetzen. Es kommen sowohl nichtresorbierbare als auch resorbierbare, neuerdings sogar spezielle Hybridmaterialien zur Anwendung.
Die einzelnen Methoden unterscheiden sich auch darin, in welcher Schicht der Bauchwand das Netz eingepflanzt wird. So wird gerne bei der Leistenhernie die Methode nach Lichtenstein angewandt. Ein nicht resorbierbares Kunststoffnetz wird nach Reposition des Bruchsacks vor (auf) der Fascia transversalis fixiert. Die Rezidivrate ist ausgesprochen gering.
[Bearbeiten] „Geschlossene“ Operation mittels Bauchspiegelung
Dieser Zugang durch die Bauchdecke hat sich auch in der Hernienchirurgie zunehmend etabliert. Prinzip ist hier in der Regel auch die Plastik, d. h. die Einbringung eines (Kunststoff-)Netzes in die Bauchwand. Eine generelle Überlegenheit gegenüber der konventionellen Technik konnte bis jetzt nicht bewiesen werden.
[Bearbeiten] Nachsorge
Die Ausheilung zu einer festen Narbe nimmt bis zu 3 Monate in Anspruch. Zug- und Druckbelastungen, die z. B. beim Heben schwerer Gegenstände, heftigem Husten oder durch abrupte Bewegungen entstehen, sollten möglichst vermieden werden. Je nach Größe des Bruches, sollten diese Belastungen bis zu 2 Jahren vermieden werden um den Behandlungserfolg zu sichern. Eventuelles Übergewicht sollte möglichst abgebaut werden.
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