Hitzefrei
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Hitzefrei bedeutet den Ausfall von Anwesenheits-Pflicht-Stunden, zumeist in Schulen, wesentlich seltener in Unternehmen.
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[Bearbeiten] Allgemeines
Die Verkündung von Hitzefrei setzt ein dementsprechendes Regelwerk voraus, zum Beispiel, dass an einem schattig angebrachten Thermometer zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Temperatur erreicht oder überschritten ist.
Regeln könnten zum Beispiel sein:
- Wenn das Schulthermometer in einer Pause 28 °C oder mehr anzeigt, dann kann ab dem nächsten Stundenende Hitzefrei gegeben werden.
- Wenn das Innenthermometer einer Flachdach-Werkshalle morgens um 11 Uhr die Temperatur von 28 °C erreicht oder überschreitet, dann endet die Frühschicht statt um 14 Uhr schon um 13 Uhr, und die Spätschicht beginnt statt um 14 Uhr erst um 15 Uhr.
Letzteres könnte im Rahmen einer Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbart werden, um Produktionsausfall infolge Hitzelast für die Mitarbeiter oder Schäden an temperaturempfindlichen Materialien oder Maschinen zu vermeiden, oder den Einbau einer Klimatisierung vermeiden zu wollen. Oder es kann das Ergebnis einer Verhandlung zwischen Arbeitgeber und Arbeitsschutz-Institutionen sein, z.B. wenn es infolge von Hitze mehrfach zu Kreislaufkollapsen gekommen war (Verbesserung oder Wahrung der Arbeitssicherheit).
[Bearbeiten] Rechtslage am Arbeitsplatz
Das Bundesarbeitsgericht stellte im Hochsommer 2003 fest, dass Hitze am Arbeitsplatz kein Grund ist, die Arbeit zu verweigern. „Bei besonders hohen Temperaturen kann allenfalls die Arbeitsgeschwindigkeit angepasst werden“, so das Gericht.
Bis August 2004 hieß es in § 6 der Arbeitsstättenverordnung: In Arbeitsräumen muß während der Arbeitszeit eine unter Berücksichtigung der Arbeitsverfahren und der körperlichen Beanspruchung der Arbeitnehmer gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur vorhanden sein. ... Es muß sichergestellt sein, daß die Arbeitnehmer durch Heizeinrichtungen keinen unzuträglichen Temperaturverhältnissen ausgesetzt sind. ... Bereiche von Arbeitsplätzen, die unter starker Hitzeeinwirkung stehen, müssen im Rahmen des betrieblich Möglichen auf eine zuträgliche Temperatur gekühlt werden. Diese Bestimmung wurde ersatzlos gestrichen.
Die Arbeitsstätten-Richtlinie kennt eine schwammige Obergrenze: „Die Lufttemperatur in Arbeitsräumen soll 26 Grad Celsius nicht überschreiten. Bei darüber liegender Außentemperatur darf in Ausnahmefällen die Lufttemperatur höher sein.“
Die Regelung bezieht sich aber nur auf Temperaturen, die durch den Betrieb selbst erzeugt werden (Beispiel Hochöfen). Arbeitsrechtlich können Beschäftigte diese Raumtemperatur insgesamt also nicht durchsetzen. Keinesfalls kann man daraus Rechte zur Verweigerung von Arbeitsleistungen ableiten, wie Selbstbeurlaubung. Arbeitgeber müssen aber Ventilatoren, Schüsseln mit Kaltwasser zum Kühlen der Füße und sommergemäße Bekleidung akzeptieren. Das gleiche gilt für einen gelockerten Dresscode.
[Bearbeiten] Sonderregelung im Mutterschutz
Lediglich bestimmte Personengruppen wie Schwangere und stillende Mütter können auf strengere Regeln zurückgreifen. Voraussetzung: Sie weisen ein ärztliches Attest vor, das die Einhaltung bestimmter Raumtemperaturen fordert. Kann der Arbeitgeber das nicht ermöglichen, so haben Schwangere und stillende Mütter Anspruch auf Beschäftigung an einem anderen Ort oder sogar Freistellung (§ 4 Mutterschutzgesetz).
[Bearbeiten] Tipps der Arbeitsmedizin
Damit Geist und Körper nicht schlapp machen, geben Arbeitsmediziner Tipps, die die Hitze im Büro erträglicher machen:
Ein Ventilator oder das Vermeiden von direkter Sonneneinstrahlung durch Jalousien und Vorhänge kann schon Abhilfe schaffen und verhindert, dass sich der Raum unnötig aufheizt. Intensives Durchlüften in den frühen Morgenstunden sorgt für Kühlung. Wärme durch Lampen und Elektrogeräte sollte vermieden werden. PCs und Drucker bei längerer Nichtbenutzung abschalten (Abwärme)!
Viel trinken! Damit der Kreislauf nicht versagt, ist die Aufnahme von viel Flüssigkeit besonders wichtig. Zwei bis drei Liter Leitungs- oder Mineralwasser, Fruchtsäfte, Früchtetees oder Saftschorlen, sollten es schon sein. Das hilft dem Körper, sich von innen zu kühlen und gleicht die Flüssigkeitsverluste, die durch Schwitzen entstehen, wieder aus. Dabei sollten allerdings eisgekühlte Getränke vermieden werden. Typische Bürogetränke wie Kaffee, schwarzer Tee oder Cola sind ebenfalls tabu, da sie die Nierentätigkeit anregen und damit weiteren Flüssigkeitsverlust verursachen.
Frisches Obst und Gemüse erfrischt und versorgt den Körper mit allen wichtigen Vitaminen und Elektrolyten, deren Reserven bei Hitze stark beansprucht werden.
Kaltes Wasser – über die Handgelenke oder die Schläfen kühlt direkt, erfrischt und schafft Linderung.
Arbeitszeiten anpassen – Beginnen Sie früher, damit Sie die aufgeheizten Räume eher wieder verlassen können, soweit betriebsinterne Regelungen zur gleitenden Arbeitszeit dies zulassen.
Kleidung anpassen – Auch die richtige Kleidung trägt zum Schutz gegen Hitze im Büro bei. Sie sollte die Hautfeuchtigkeit gut aufnehmen und nach außen transportieren. Eigenschaften, die vor allem bei Naturfasern, aber auch bei speziell entwickelten Synthetikfasern gegeben sind.
Arbeitsgeschwindigkeit – Verlegen Sie körperliche sowie denkintensive Aufgaben - wenn möglich - auf kühlere Tageszeiten. Bei starker Hitze sollten körperliche und geistige Höchstleistungen vermieden werden.
[Bearbeiten] Geschichte
Hitzefrei vom Schulunterricht wurde nicht, wie häufiger behauptet, von Adolf Baginsky erfunden, aber doch zumindest zur Lehrmeinung erhoben. Tatsächlich geht Hitzefrei auf einen preußischen Ministerialerlass vom 16. Juni 1892 zurück (siehe Link).
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
- Nach Hamburg und Bandenburg schafft auch das Saarland das Hitzefrei ab
- Arbeitsstättenrichtlinie 6.1 - Raumtemperaturen
- Ergänzende Hinweise zur Arbeitsstättenrichtlinie
- Handbuch der Schulhygiene: zum Gebrauche für Ärzte, Sanitätsbeamte, Lehrer, Schulvorstände und Techniker / von Adolf Baginsky mit Unterstützung von Otto Janke. - 3., vollst. umgearb. Aufl. - Stuttgart: Enke, 1898. S. 78