Hypothetischer Realismus
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Hypothetische Realismus ist eine kritische Variante der erkenntnistheoretischen Position des Realismus. Die von dieser Position erfassten Intuitionen werden gegenwärtig von vielen empirisch arbeitenden Wissenschaftlern geteilt. Hypothetisch kennzeichnet dabei, dass sich der Empiriker bewusst ist, dass seine Annahme von der Existenz einer Realität nur eine, wenn auch wahrscheinliche, Hypothese ist, die sich als falsch herausstellen kann.
Die alle weiteren Erkenntnisschritte beeinflussende Frage nach dem was eigentlich Realität ist (Gibt es überhaupt eine? Oder sogar mehrere? Und kann der Mensch sie erkennen?) wird in der Philosophie im Rahmen der Ontologie (Seinslehre) diskutiert. Im Gegensatz zu einem naiven Realismus, der annimmt, dass es eine reale Welt gibt und das wir diese so wahrnehmen wie sie ist, geht der hypothetische Realismus (Gerhard Vollmer) nur mit Einschränkungen davon aus:
- Es gibt mindestens eine vom Menschen unabhängige Realität.
- Diese Realität hat eine Struktur, so dass zeitliche Wechselwirkungen und Kausalitäten existieren.
- Diese realen Strukturen sind für den Menschen teilweise erkennbar.
Neben dem Menschen und der Realität gibt es also noch etwas Drittes, was der Mensch für die Realität hält. Bei einer solchen wissenschaftstheoretischen Grundpositionierung sind natürlich auch alle gewonnenen Erkenntnisse nur hypothetisch. Wissenschaftliche Theorien können sich daher nur bewähren (Karl Popper), ob sie wahr sind, lässt sich nicht sagen.
Zu unterscheiden ist der hypothetische Realismus insbesondere vom (klassischen) naiven Realismus („Es gibt eine reale Welt; sie ist so beschaffen, wie wir sie wahrnehmen.“), vom Kritischen Realismus („Es gibt eine reale Welt; sie ist aber nicht in allen Zügen so beschaffen, wie sie uns erscheint.“) und schließlich auch vom wissenschaftlichen Realismus („Die Begriffe einer Theorie beziehen sich auf reale, existierende Obkjekte und die Geschichte der Wissenschaften ist als eine Annäherung an die Wahrheit zu verstehen.“)
Auch wenn der hypothetische Realismus sich bewusst ist, dass sein Realitätsverständnis eine reine Konvention darstellt, ist er doch nicht unsicher in seinen Annahmen. Wie Popper in Objektive Erkenntnis formuliert: „Ich behaupte, daß der Realismus weder beweisbar noch wiederlegbar ist ... Aber man kann für ihn argumentieren, und die Argumente sprechen überwältigend für ihn.“
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur/Weblinks
- Gerhard Vollmer: Evolutionäre Erkenntnistheorie. (8. Aufl. 2002) Stuttgart 1975.
- Gerhard Vollmer: Was können wir wissen?. Hirzel, Stuttgart 2003. (Auszug online: Eigenart und Reichweite menschlichen Erkennens)