Inselkeltische Sprachen
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Als inselkeltische Sprachen werden in der Sprachwissenschaft sämtliche Sprachen zusammengefasst, die auf eine oder mehrere ursprünglich auf den britischen Inseln gesprochene keltische Sprachen zurückgehen.
[Bearbeiten] Gliederung
Diese Sprachgruppe wird in zwei Untergruppen eingeteilt:
- Britannische Sprachen
- Nordbritannisch
- Kumbrisch in Nordengland, im Laufe des Mittelalters ausgestorben, wenige Wörter erhalten (Zahlwörter, Rechtsbegriffe). Nicht definitiv geklärt ist der Status des Kumbrischen im Verhältnis zum Walisischen; in bestimmten Theoriemodellen wird das Kumbrische als walisischer Dialekt und nicht als eigenständige Sprache gesehen. Sowohl die geographische Distanz als auch der Analogieschluss aus der Auseinanderentwicklung der verschiedenen anderen Varianten des Britannischen deuten aber eher auf einen Status als eigener Zweig hin.
- Westbritannisch
- Walisisch in Wales mit unter 200.000 Muttersprachlern und ca. 300.000 Sprechern mit Walisisch als Zweitsprache (Q: Volkszählung 2001)
- Südwestbritannisch
- Kornisch in Cornwall, ca. 1800 ausgestorben; schwach wiederbelebt mit ca. 250-300 Personen, die die Sprache fließend beherrschen (Neo-Kornisch)
- Bretonisch in der Bretagne, mit unter 250.000 Muttersprachlern. Im Alltag nur von ca. 120.000 Personen verwendet.
- Nordbritannisch
- Goidelische Sprachen
- West-Goidelisch
- Irisch in Irland mit vielleicht 20.000 bis 50.000 Muttersprachlern und sehr vielen Personen mit Irisch als Zweitsprache
- Ost-Goidelisch
- Schottisch-Gälisch in Nordwest-Schottland mit vielleicht 20.000 Personen, die die Sprache im Alltag verwenden (von insgesamt 50.000 Sprechern 2001)
- Manx auf der Isle of Man, 1974 ausgestorben; schwach wiederbelebt (~1600 Sprecher im Jahr 2001).
- West-Goidelisch
Die Bezeichnungen Nord- und Südbritannisch bzw. West- und Ost-Goidelisch werden selten verwendet. Ob das Piktische und das Shelta ebenfalls zu den inselkeltischen Sprachen gehören, ist strittig. Das Piktische ist zu schwach belegt, um genau klassifiziert zu werden (einige Punkte sprechen für eine Zugehörigkeit zum Britannischen), und Shelta ist eine Sprache mit Elementen diverser Herkunft.
[Bearbeiten] Geschichte und Merkmale
Um die Zeitenwende wurden höchstwahrscheinlich auf dem gesamten Gebiet der britischen Inseln inselkeltische Sprachen gesprochen (sofern das Piktische dazuzählt). Heute sind alle noch gesprochenen inselkeltischen Sprachen vom Aussterben bedroht und existieren als Mutter- oder Erstsprache nur noch in Randgebieten.
Gemeinsam ist allen inselkeltischen Sprachen die Satzstellung VSO (Verb-Subjekt-Objekt), wobei im Bretonischen und im Spätkornischen sehr häufig andere Satzglieder vorn stehen. Außerdem weisen alle diese Sprachen Anfangsmutationen auf, ein sprachliches Merkmal, das in den festlandkeltischen Sprachen kaum oder nicht systematisch auftritt. Weitere typologische Charakteristika des Inselkeltischen sind die Existenz konjugierter Präpositionen, was für indogermanische Sprachen ansonsten untypisch ist, und das Vigesimalsystem.
Die grundlegenden Unterschiede zwischen den beiden Hauptgruppen:
- In den goidelischen Sprachen herrscht ursprünglich Initialbetonung (auf der ersten Silbe) – in allen Dialekten außer im Munster-Irischen bis heute.
- In den britannischen Sprachen herrscht Penultima-Betonung (vorletzte Silbe). Eine Ausnahme bildet der bretonische Dialekt Gwenedeg (französ. Vannetais), in dem Ultimabetonung (letzte Silbe) die Regel ist und sich eine Tendenz zur Aufgabe des Wortakzents nach dem Vorbild des Französischen feststellen lässt.
- Nur in den goidelischen Sprachen wird zwischen palatalen und nicht-palatalen Konsonanten unterschieden, diese bilden dort jeweils Phonempaare. Im Manx ist diese Unterscheidung weitgehend aufgehoben.
- Die Anfangsmutationen fallen in den Hauptgruppen (sowie in geringerem Maße in den Einzelsprachen) unterschiedlich aus.
[Bearbeiten] Vergleichsbeispiele
Irisch | Schottisch-Gälisch | Manx | Walisisch | Kornisch | Bretonisch | |
---|---|---|---|---|---|---|
ich lerne ("bin ich am Lernen") |
tá mé ag foghlaim | tha mi ag ionnsachadh | ta mee ynsaghey | (ry)dw i'n dysgu | yth esof vy ow tysky | me zo o teskiñ (ich bin am Lernen) – SVO |
Kopf, (auch "Ende") |
ceann mit palatalem Anlaut /k´/ |
ceann wie Irisch |
kione mit /j/-Einschub aus Palatalisierung |
pen (/kw/ > /p/) |
mkorn.pen(n) (*), spätkorn. pedn wie Walisisch |
penn wie Walisisch |
zu mir, für mich |
dom (Standard), auch domh, dhom, dhomh (Präp. do + Suffix) |
dhomh (Präp. do + Suffix) |
dou (Präp. do + Suffix) |
i mi/fi** (Präp. i "zu" + Pers.pron. "ich") |
dhym** (Präp. dhe + Suffix) |
din (Präp. da + Suffix) |
(*) Anm.: Für das Neokornische sind drei unterschiedliche Orthographien in Gebrauch. Kemmyn schreibt <penn>, Unys Amendys <pen> und Nowedga <pedn>.
(**) Anm.: Im Walisischen und Spätkornischen ist eine Entwicklung in Richtung eines analytischen Systems nach Vorbild des Englischen festzustellen: spätkorn. <tho vee> [ðə 'vi:] "zu" + "ich"