International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die International Classification of Diseases and Related Health Problems (ICD) ist eine von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegebene internationale Klassifikation der Krankheiten und verwandten Gesundheitsproblemen. Die ICD ist eine Kern-Klassifikation der Familie der internationalen Klassifikationen der WHO[1].
Die aktuelle Ausgabe der ICD wird als ICD-10 bezeichnet. Ziel der ICD ist die weltweite Erforschung von Morbidität und Mortalität mit einer international einheitlichen Systematik zu ermöglichen.
Die deutsche Übersetzung der ICD wird vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) gepflegt und herausgegeben.
Die gemäß SGB V im deutschen Gesundheitswesen verwendete Fassung ICD-10-GM (German Modification) ist eine angepaßte Version, die nicht alle Codes der internationalen ICD enthält. Sie wird jährlich überarbeitet und angepaßt.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Geschichte der ICD
1893 wurde die Bertillon-Klassifikation bzw. das Internationale Todesursachenverzeichnis eingeführt. 1948 dehnte die WHO diese Systematik in der 6. Revision auf Krankheiten und Verletzungen aus. Bis zur ICD-9 (1976) erfolgten etwa alle zehn Jahre Revisionen, da aufgrund der Fortschritte in der Medizin Änderungen und Ergänzungen erforderlich wurden. Die Arbeit an der letzten, zehnten Revision begann 1983 und wurde 1992 abgeschlossen. Eine ICD-11 ist derzeit nicht vorgesehen, stattdessen soll eine auf den neuesten Stand gebrachte Version der ICD-10 jährlich von der WHO herausgebracht werden. Derzeit ist die aktuelle Version die ICD-10, Version 2006.
In Deutschland stellt ein modifiziertes Diagnosesystem die Abrechnungsgrundlage von Gesundheitsleistungen im ambulanten wie im stationären Sektor dar. Diese wurde 2005 unter dem Namen ICD-10-GM 2005 veröffentlicht. (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme. 10. Revision. German Modification 2005.)
Die ICD-10 liegt in 3 Bänden vor:
- Band I: Systematisches Verzeichnis
- Band II: Regelwerk
- Band III: Alphabetisches Verzeichnis
[Bearbeiten] ICD-10-Schlüssel
Als Notation wird jeder ICD-Klasse ein bis zu fünfstelliger Schlüssel zugeordnet. Die ersten drei Stellen ergeben eine grobe Bezeichnung der Diagnose („Dreisteller“):
A00-B99: | Bestimmte infektiöse und parasitäre Krankheiten |
C00-D48: | Neubildungen |
D50-D89: | Krankheiten des Blutes und der blutbildenden Organe sowie bestimmte Störungen mit Beteiligung des Immunsystems |
E00-E90: | Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten |
F00-F99: | Psychische und Verhaltensstörungen |
G00-G99: | Krankheiten des Nervensystems |
H00-H59: | Krankheiten des Auges und der Augenanhangsgebilde |
H60-H95: | Krankheiten des Ohres und des Warzenfortsatzes |
I00-I99: | Krankheiten des Kreislaufsystems |
J00-J99: | Krankheiten des Atmungssystems |
K00-K93: | Krankheiten des Verdauungssystems |
L00-L99: | Krankheiten der Haut und der Unterhaut |
M00-M99: | Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes |
N00-N99: | Krankheiten des Urogenitalsystems |
O00-O99: | Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett |
P00-P96: | Bestimmte Zustände, die ihren Ursprung in der Perinatalperiode haben |
Q00-Q99: | Angeborene Fehlbildungen, Deformitäten und Chromosomenanomalien |
R00-R99: | Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind |
S00-T98: | Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen |
V01-Y98: | Äußere Ursachen von Morbidität und Mortalität |
Z00-Z99: | Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen |
U00-U99: | Schlüsselnummern für besondere Zwecke |
Weitere Buchstaben und Ziffern schränken die vorliegende Erkrankung diagnostisch immer genauer ein. Hier ein Beispiel:
- F6: Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
- F60: spezifische Persönlichkeitsstörungen
- F60.3: emotional instabile Persönlichkeitsstörung
- F60.31: Borderline-Typ
- F60.3: emotional instabile Persönlichkeitsstörung
- F60: spezifische Persönlichkeitsstörungen
- F03: Senile Demenz
- I10: Hypertonie
Die Übermittlung zusätzlicher Informationen durch einen angefügten Buchstabencode (A = Ausschluss einer solchen Erkrankung; V = Verdacht auf; G = gesicherte Diagnose; Z = symptomloser Endzustand nach Überstehen einer Erkrankung; R = rechts; L = links; B = beidseits) ist in Deutschland im ambulanten Bereich vorgesehen, aber nicht Bestandteil der ICD.
Nach den §§ 295 und 301 Sozialgesetzbuch V sind in der Bundesrepublik Deutschland Ärzte und Krankenhäuser zur Diagnoseverschlüsselung nach ICD verpflichtet. Aus dem ICD und dem OPS-Code wird eine DRG errechnet, so dass eine fall- und diagnosebezogene Abrechnung möglich wird. Die ICD sind zusammen mit der OPS-Verschlüsselung für Krankenhäuser Grundlage des DRG-Systems, das seit 2003 als Berechnungsgrundlage für Leistungsvergütung in Deutschland eingeführt wird. Ziel dieses neuen Systems ist es, trotz zunehmender Belastung des Gesundheitswesens durch die demographische Entwicklung eine Steuerungsmöglichkeit der Kostenentwicklung zu erhalten.
[Bearbeiten] Kritik an der ICD
Dieser Artikel oder Abschnitt ist nicht oder unzureichend durch Quellenangaben (Literatur, Webseiten usw.) belegt worden, wodurch den fraglichen Inhalten eine Löschung droht. Bitte hilf der Wikipedia, indem du gute Belege für die Informationen nennst. |
In Deutschland sollte bereits 1996 die vertragsärztliche Abrechnung ausschließlich auf Basis der Verschlüsselung nach ICD-10 erfolgen. Nach massivem Widerstand aus der Ärzteschaft wurde die ICD-10 zunächst als freiwillige Option eingeführt, die Verwendung einer überarbeiteten Version ist seit 2000 Pflicht.
Hauptkritikpunkte an der ICD waren:
- Es wurde befürchtet, dass durch datentechnische Auswertungsverfahren die ärztliche Schweigepflicht ausgehöhlt werden könnte („gläserner Patient“)
- Durch die Möglichkeit einer maschinellen Auswertung der Abrechnungsdaten solle die ärztliche Tätigkeit in unzulässigem Maß transparent und kontrollierbar gemacht werden („gläserner Arzt“)
- Die Gliederung entspricht nicht medizinischen oder praktischen Gesichtspunkten, sondern folgt lediglich statistischen Erfordernissen. So werden etwa unter K alle Krankheiten des Verdauungssystems zusammengefasst (von den Zähnen bis zum Darmausgang), die in der ärztlichen Praxis ganz verschiedene Fachgruppen betreffen. Andererseits fehlen dort wichtige Krankheiten wie Karzinome, die unter C eingeordnet sind.
- Die nationalen Anwendungen der ICD sind unvollständig. So waren zeitweise in der Bundesrepublik Deutschland Codes ausgeschlossen. Die internationale Vergleichbarkeit von Krankheitsursachen ist damit eingeschränkt.
- Die offizielle Formulierung der Diagnosetexte entspricht nicht dem ärztlichen Sprachgebrauch, sondern stellt mehr ein „Behördendeutsch“ dar.
- Viele ICD-Codes stehen nicht für eine einzelne, sondern für eine Reihe von Diagnosen, die der Arzt in seiner praktischen Arbeit noch feiner untergliedern muss. Das DIMDI hat hier im November 2006 zur Verfeinerung der Diagnosen die Alpha-ID realisiert.
- Die Verwendung mancher Diagnosen, speziell unter Z, könnte eine unzulässige Offenlegung der persönlichen Situation und Umgebung des Patienten sein, z. B. Angaben über Einflüsse aus dem familiären oder beruflichen Umfeld.
- Wie allen Klassifikationsverfahren liegt der ICD ein Weltbild zugrunde, das sich im Einzelnen kritisieren lässt. So war beispielsweise bis zur ICD-9 Homosexualität (Klasse 302.0) als eigene Krankheit vertreten, verschiedene BDSM-Praktiken sind trotz wachsender gesellschaftlicher Akzeptanz noch unter F65.5 klassifizierbar.
- Nicht jede Symptomatik entspricht einem Krankheitsbild nach ICD; das erschwert dem Arzt klare Angaben, wenn zunächst kein Krankheitsbild hundertprozentig passt.
- Auch unter statistischen Gesichtspunkten ist die ICD fragwürdig, weil sie nicht klar zwischen Diagnosen und Syptomen unterscheidet. (Hämaturie (ICD10: D68.3) ist ein Symptom, das verschiedenste Ursachen haben kann. Dies führt zu Ungenauigkeit, weil formal immer das Symptom und die Ursache codiert werden müsste, aber oft nicht beides codiert wird.)
[Bearbeiten] Siehe auch
- ICD-O (eine Erweiterung von ICD-10 für das Gebiet der Onkologie)
- ICD-10 BMSG 2001 (österreichische Version der ICD-10)
- Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders abgek: DSM-IV
- DSM/ICD
[Bearbeiten] Weblinks
- WHO ICD Homepage Offizielle Homepage der ICD bei der WHO
- ICD 10 - Infos und Datenbank beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information - DIMDI mit Links auf weitere Klassifikationen im Gesundheitswesen
- deutschsprachige Suchmaschine für ICD-Diagnosen, Diagnosecodes und Diagnoseschlüssel Es können Diagnosen oder Codes eingegeben werden, der einer ärztlichen Diagnose angehängte letzte Buchstabe kann entfallen, dieser Zusatz bedeutet z.B. "G" (gesicherte Diagnose) oder "V" (Verdachtsdiagnose)