Jüdisches Museum Hohenems
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Das Jüdische Museum Hohenems als regionales Museum mit internationaler Ausstrahlung erinnert an die landjüdische Gemeinde Hohenems und deren vielfältige Beiträge zur Entwicklung Vorarlbergs und der umliegenden Regionen. Und es beschäftigt sich mit Jüdischer Gegenwart in Europa, der Diaspora und Israel - mit Fragen der Zukunft der europäischen Einwanderungsgesellschaft.
Dazwischen steht das Ende der Jüdischen Gemeinde von Hohenems, markiert durch die regionale NS-Geschichte, Vertreibung und Deportation der letzten Gemeindemitglieder, Antisemitismus und Holocaust. Entlang dieser Bruchlinien der regionalen und globalen Geschichte widmet es sich den Menschen und ihren Geschichten und pflegt Beziehungen zu den Nachkommen jüdischer Familien aus Hohenems in aller Welt.
Die Dauerausstellung in der 1864 erbauten Villa Heimann-Rosenthal dokumentiert die Geschichte der Jüdischen Gemeinde Hohenems, die über drei Jahrhunderte, bis zu ihrer Vernichtung in der NS-Zeit, existierte. Das Museum bietet jährlich Wechselausstellungen und ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Das Museum
Das Jüdische Museum Hohenems wurde im April 1991 in der Villa Heimann-Rosenthal im Zentrum des ehemaligen jüdischen Viertels eröffnet. Das Museum thematisiert keine allgemeine Geschichte des Judentums, sondern stellt in erster Linie die lokalen und regionalen Verhältnisse dar. Die wenigen Objekte, die noch von der jüdischen Gemeinde Hohenems erhalten geblieben sind, zeugen auch von der Tilgung dieser jüdischen Spuren in Vorarlberg. Die deshalb überwiegend zweidimensionalen Exponate sind durch ein komplexes, mehrschichtiges System von Darstellung, Übersetzung und Einordnung dem Museumsbesucher zugänglich gemacht. Ergänzend werden andere Medien wie Videos, akustische Installationen und Dias eingesetzt.
Thematisch und zeitlich spannt das Museum einen Bogen von der unsicheren Existenz der 'Schutzjuden' des 17. Jahrhunderts über das religiöse Leben in Synagoge und Alltag, jüdisch-christliches Zusammenleben, die Periode des kulturellen und politischen Aufbruchs in der liberalen Ära der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis hin zu Verfolgung und Vernichtung von Menschen jüdischen Glaubens und jüdischer Herkunft im Nationalsozialismus. Ein Kapitel über die jüdischen Flüchtlinge in der Nachkriegszeit schließt die Darstellung des wechselhaften Zusammenlebens von Mehrheit und Minderheit ab.
Architektonisch ist die Villa Heimann-Rosenthal vom privaten Wohnhaus funktionell und semantisch zum öffentlichen Museum umgedeutet worden. Gleichzeitig hat das Haus jedoch die durch seine Geschichte bedingte Eigenschaft als 'Exponat' bewahrt.
[Bearbeiten] Entstehungsgeschichte
Als die Stadt Hohenems die von einer Fabrikantenfamilie erbaute Villa Heimann-Rosenthal 1983 erwarb und nach einer Nutzung für das Gebäude suchte, wurde bald die Möglichkeit eines jüdischen Museums diskutiert. Kulturpolitisch engagierte Bürger gründeten 1986 den 'Verein Jüdisches Museum Hohenems', um eine solche Institution einrichten zu können und damit die Möglichkeit zu bieten, jüdische Geschichte, Kult- und Kulturleben kennenzulernen.
1989 wurde der Historiker Dr. Kurt Greussing beauftragt, ein Museumskonzept zu erarbeiten, das die Geschichte der Juden in Vorarlberg unter der Perspektive des Verhältnisses zwischen Minderheit und Mehrheit veranschaulicht und dem Museumsbenutzer zugänglich macht. Ein Projektteam bestehend aus Bernhard Purin M.A., Mag. Eva Grabherr und Dr. Sabine Fuchs hat dieses Konzept in knapp einem Jahr umgesetzt. Gemeinsam mit den Architekten (Mag.arch. Elsa Prochazka und Mitarbeiter, Wien) und Grafikern (A&H Haller, Wien) wurde das Museum als 'begehbares Buch' konzipiert.
Bewusst wurde auf den Ankauf von Judaika verzichtet. Die wenigen Objekte, die noch von der jüdischen Gemeinde Hohenems erhalten geblieben sind, zeugen auch von der Tilgung dieser jüdischen Spuren in Vorarlberg. Die deshalb überwiegend zweidimensionalen Exponate sind durch ein komplexes, mehrschichtiges System von Darstellung, Übersetzung und Einordnung dem Museumsbesucher zugänglich gemacht. Ergänzend werden andere Medien wie Video, akustische Installation und Dias eingesetzt: Ein Sprachlabor stellt die auch in Vorarlberg gesprochene jiddische Sprache vor. Ein Raum ist der Musik des Hohenemsers Salomon Sulzer (1804-1890) eines Erneuerers der Synagogenmusik, gewidmet. Im Dachgeschoss erzählen Zeitzeugen von ihren Erinnerungen an das jüdische Hohenems.
[Bearbeiten] Jüdisches Hohenems
[Bearbeiten] 300 Jahre Jüdische Geschichte
Die jüdische Geschichte von Hohenems hatte 1617 mit der Ansiedlung der ersten Juden durch die örtliche Reichsgrafenfamilie ihren Anfang genommen und endete 1942 mit der Deportation der letzten Jüdin aus Hohenems ins Konzentrationslager Theresienstadt. Noch heute sind viele Spuren der jüdischen Geschichte in der Stadt lesbar: Der noch benutzte Friedhof im Süden; die ehemalige Synagoge, die ehemalige jüdische Schule, das ehemalige Versorgungsheim für die Alten und Armen der jüdischen Gemeinde sowie zahlreiche Bürgerhäuser und Fabrikantenvillen.
Schon 1905 hat der Hohenemser Rabbiner Aron Tänzer mit seiner umfangreichen 'Geschichte der Juden in Hohenems' die Basis für eine Erforschung dieser Geschichte gelegt. Inzwischen sind zur Jüdischen Geschichte von Hohenems, zu Antisemitismus und Nationalsozialismus in Vorarlberg oder zur Frage des Umgangs mit dem ehemaligen jüdischen Viertel in Hohenems zahlreiche Publikationen und ein Video-Film erschienen, die im Museum erhältlich sind.
[Bearbeiten] Das jüdische Viertel in Hohenems
gilt weit über Vorarlberg hinaus als eines der wenigen so lückenlos erhalten gebliebenen Ensembles mit jüdischer Geschichte. Im Jahr 1996 erfolgte dementsprechend die Unterschutzstellung der wesentlichsten Teile des Jüdischen Viertels durch das Bundesdenkmalamt. Zusammen mit der ehemaligen Christengasse (heute Marktstraße) bildet das ehemalige jüdische Viertel den urbanen Kern von Hohenems. Der historische Baubestand des Stadtzentrums ist ein kulturhistorisches Zeugnis für die jahrhundertelange Koexistenz von zwei Traditionsgemeinschaften - der christlichen und der jüdischen - in diesem Ort. Der heutige Baubestand des jüdischen Viertels geht auf das ausgehende 18. und das 19. Jahrhundert zurück. Erhalten sind - neben den Wohnhäusern der jüdischen Familien - auch noch alle Gebäude, die ehemals religiösen oder sozialen Gemeindefunktionen dienten: die Synagoge, die Mikwe (Ritualbad), das Schulhaus sowie das Armen und Altenhaus.Datenbank des jüdischen Viertels Das jüdische Viertel spiegelt die soziale Situation der jüdischen Hohenemser. Sie waren für Handel und Geldverleih zuständig: städtische Funktionen, die sie in den ländlichen Gebieten ausübten. Für diese Aufgaben hatte Graf Kaspar die Juden in seine Grafschaft geholt. Sie waren bürgerlich orientiert und unterstützten die Entwicklung einer bürgerlichen Gesellschaft, die mit der Industriellen Revolution ab der Mitte des 18. Jahrhunderts städtische Lebensformen auch auf dem Land etablierte.
Architektur und Wohnverhältnisse Der Platz vor der ehemaligen Synagoge im Zentrum des Jüdischen Viertels wird auf einer Seite von mächtigen städtischen Bürgerhäusern umrahmt, die Ende des ausgehenden 18. Jahrhunderts erbaut worden sind. Um die ehemalige Synagoge selbst stehen bis heute die vielen kleinen und auch weniger repräsentativ ausgestatteten Wohnhäuser der jüdischen Handwerker und Hausierer. Die architektonisch herausragenden Gebäude des Viertels bilden die drei im klassizistischen Stil errichteten Villen der jüdischen Fabrikantenfamilie Rosenthal, die zwischen 1848 und 1889 erbaut worden sind. Schon im 19. Jahrhundert zogen christliche Familien in ehemalige jüdische Häuser, wie auch in der vormaligen Christengasse ab spätestens 1810 jüdische Familien in sogenannten 'Christenhäusern' wohnten. In vielen Gebäuden lebten jahrzehntelang christliche und jüdische Familien unter einem Dach. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wanderten viele Mitglieder der jüdischen Gemeinde aus Hohenems in die wirtschaftlichen Zentren der nahegelegenen Schweiz, die Städte der k.u.k. Donaumonarchie oder nach Übersee aus.1938 waren nur mehr wenige Häuser des jüdischen Viertels in jüdischem Besitz. Die öffentlichen Gebäude wurden von der NS-Gemeindeverwaltung beschlagnahmt und nach 1945 wieder rückgestellt. Nach 1945 konnte sich kein jüdisches Gemeindeleben mehr in Hohenems etablieren.
[Bearbeiten] Exemplarische Biografien
Salomon Sulzer (1804 - 1890) Salomon Sulzer wurde 1804 in Hohenems geboren. Nach Studienaufenthalten in Karlsruhe und Frankreich erhielt der erst Sechzehnjährige die Kantorenstelle an der Hohenemser Synagoge übertragen. 1826 wurde Sulzer an den im Jahr zuvor neu errichteten Wiener Stadttempel als Kantor berufen, wo er gemeinsam mit Prediger Isaak Noah Mannheimer den 'Wiener Ritus' begründete - eine gemäßigte Art der Reform, die sowohl von Erneuerern als auch von Traditionalisten angenommen wurde. Sulzer galt bald auch außerhalb des Wiener Judentums als markante Persönlichkeit. Salomon Sulzers wunderbarer Bariton war weit über die Stadtgrenzen bekannt. Zu seinen begeisterten Bewunderern und Freunden zählten die Komponisten Franz Schubert, Franz Liszt, Giacomo Meyerbeer, Robert Schumann und Niccolo Paganini, die des öfteren den Wiener Stadttempel besuchten, um Sulzer zu hören.
Das kompositorische Hauptwerk Sulzers, das auch seinen Ruf als Reformator des Synagogengesangs begründete, ist das in zwei Teilen erschienene 'Schir Zion' (Gesang Zions) mit zum überwiegenden Teil selbst komponierten Werken für den gottesdienstlichen Gebrauch. Die neuen Kompositionen wurden zum ersten Mal mit vierstimmiger Chorbegleitung geschrieben und beeinflussten den Gebetsstil in vielen Synagogen. Er verfasste die beiden Bände von 'Schir Zion', in dem alle Gebete des Jahres gesammelt sind. Diese prägt den Synagogengesang bis in die heutige Zeit. Daneben war Sulzer als Komponist weltlicher Lieder tätig: Neben Revolutionsliedern vertonte er unter anderem Gedichte von Goethe.
Sulzer starb im Jahre 1890 und wurde in Wien begraben. Seine synagogale Musik umrahmt auch heute noch die Gottesdienste am Wiener Stadttempel, und im angelsächsischen Sprachraum gehört sie zum festen Repertoire zahlreicher Synagogen.
Rabbiner Dr. Aron Tänzer (1871 - 1937) Aron Tänzer kam am 30. Januar 1871 im ungarischen Preßburg zur Welt. Sein Vater war Rabbiner, die Mutter arbeitete als Weißnäherin für die Preßburger Judenschaft. Im Alter von 21 Jahren immatrikulierte sich Aron Tänzer an der Universität in Berlin. Er studierte Philosophie, Germanistik und semitische Philologie. Wie viele seiner Glaubensbrüder strebte er eine umfassende jüdisch-abendländische Bildung an. Mit dem Doktorexamen in der Tasche bemühte sich Aron Tänzer um eine Anstellung als Rabbiner. Im Oktober 1896 bewarb er sich mit Erfolg auf die freie Rabbinerstelle in Hohenems. Zur Israelitischen Kultusgemeinde Hohenems gehörten auch die in den anderen Gemeinden Vorarlbergs und in Tirol lebenden Juden.
Seine umfassende geistesgeschichtliche Ausbildung brachte er sowohl in zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen als auch im Bereich der Erwachsenenbildung zur Anwendung. So hielt er etwa für den 'Bildungsclub Hohenems' des öfteren Vorträge über Literatur und Geschichte. 1905 veröffentlichte er die heute noch als Standardwerk geltende 'Geschichte der Juden in Hohenems'. Seine Geisteshaltung war geprägt von liberalen Ideen und kultureller Offenheit. Mit dem damaligen Hohenemser Bürgermeister August Reis verband ihn eine enge persönliche Freundschaft.
1905 verließ Tänzer Hohenems. Nach einer kurzen Zeit als Rabbiner in Meran bewarb er sich um die ausgeschriebene Rabbinerstelle in Göppingen, die ihm am 1. September 1907 übertragen worden ist und die er bis zu seinem Tod 1937 innehatte. Gleich nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs hatte sich Dr. Aron Tänzer freiwillig als Armeerabbiner zum Einsatz im Feld gemeldet. Drei Jahre diente er als Armeerabbiner an der Ostfront. 'Als Mann des Friedens im Gewande des Krieges', wie er sich selbst einmal bezeichnet hat, betreute er seelsorgerisch die Soldaten, half im Lazarett und richtete für die notleidende Bevölkerung Volksküchen ein. Für seinen Einsatz im Felde wurde Dr. Aron Tänzer vielfach geehrt und mit Orden ausgezeichnet.
Dr. Tänzer starb am 26. Februar 1937. Von seinem Tod wurde öffentlich nicht Notiz genommen. In der Zeitung erschien kein Nachruf und keine Todesanzeige. Dr. Tänzer hinterließ eine Frau und sechs erwachsene Kinder. Die Witwe Tänzers wurde 1942 in das KZ Theresienstadt deportiert. Dort ist sie am 25. September 1943 ums Leben gekommen. Die schon erwachsenen Kinder lebten beim Tod des Vaters nicht mehr im elterlichen Haus. Fritz war Kaufmann in Tel Aviv, Irene lebte in Budapest, Hugo arbeitete als Kaufmann in Wien, Ilse wohnte in London. Paul war Rechtsanwalt in Stuttgart und Erwin studierte noch in Berlin. Sie haben das Nazi-Regime überlebt.
[Bearbeiten] Synagoge
Rekonstruktion und neue Perspektiven
50 Jahre nach dem Umbau in ein Feuerwehrhaus wurde an der Hohenemser Synagoge eine neue Art des Umgangs mit der Geschichte sichtbar. Nach dem Auszug der Feuerwehr im Jahr 2001 wurde das Gebäude unter der Leitung der Architekten Ada und Reinhard Rinderer einer umfassenden Teilrekonstruktion in schlichter und würdiger Form unterzogen, die alte Fensterordnung mikt ihren hohen Bögen und Ochsenaugen, die Kubatur des Betraums und die ehemalige Frauen-, später Chorgalerie wiederhergestellt. Seit 2004 dient das Gebäude nun als Sitz der Musikschule tonart. Der Saal wird als Salomon Sulzer Saal ab Mai 2006 für kulturelle und andere Veranstaltungen genutzt, im Bewusstsein seiner Geschichte und als Ort interkultureller Begegnung.
Die ehemalige Synagoge in Hohenems
Die 1771/72 nach Plänen des Bregenzerwälder Barockbaumeisters Peter Bein erbaute Synagoge, die 1954/55 in ein Feuerwehrhaus umgebaut wurde, nimmt eine zentrale Stellung innerhalb des Jüdischen Viertels in Hohenems und in der Diskussion um den Umgang mit dieser Geschichte ein. Der imposante tonnengewölbte Saalbau stellte ein frühes und in weitem Umkreis einzigartiges Beispiel für eine spätbarock-klassizistische Landsynagoge dar. Die Einrichtung im Inneren der Synagoge entsprach den allgemeinen Richtlinien für Synagogen zu dieser Zeit, wies aber eine Besonderheit auf: Die Deckengemälde waren nicht wie in Synagogen üblich ornamental-abstrakte Malereien, etwa ein blauer Sternenhimmel, sondern figurative Darstellungen. Themen waren die Schöpfung des Lichtes (über dem Vorbeterpult im Osten), in der Mitte die Offenbarung am Berge Sinai und ein Wolkenmeer mit zuckenden Blitzen. An den Nord- und Südwänden befanden sich fünf Medaillons mit Darstellungen aus dem Synagogenkultus. Ein erster Umbau der Synagoge erfolgte zwischen 1863 und 1867 nach Plänen des Schweizer Architekten Felix Wilhelm Kubly. Die Veränderungen umfassten die Errichtung eines neuen Heiligen Schreines und einer Kanzel, neue Sitze für den Rabbiner, den Kantor und den Gemeindediener, außerdem die Verlegung des Vorlesepults von der Raummitte auf ein Podest vor dem Thoraschrein. Für den Chor und das von Salomon Sulzer gestiftete Harmonium wurde eine neue Galerie eingebaut.
Beschlagnahmung und Zerstörung
Zwar blieb die Synagoge in der Reichspogromnacht des 9. November 1938 vor Übergriffen verschont, aber nach der Zwangsauflösung der Jüdischen Gemeinde gelang der Gemeinde Hohenems im September 1940 die lange betriebene Übernahme des Gebäudes. Die Pläne zum Umbau der Synagoge wurden während der nationalsozialistischen Herrschaft nicht ausgeführt. Bereits am 17. November 1938 waren allerdings die Ritualgegenstände in der Synagoge beschlagnahmt worden. Eine detaillierte Inventarliste gibt Auskunft über die seither verschwundenen Objekte. Nach der Rückstellung des Gebäudes durch die französische Verwaltung in den Nachkriegsjahren beschloss die Gemeinde Hohenems in den fünfziger Jahren, das ehemalige Synagogengebäude von der Kultusgemeinde Innsbruck anzukaufen und in ein Feuerwehrhaus umzubauen. Mit diesem Umbau 1954/55 wurden schließlich alle Elemente zerstört, die an die Funktion des Gebäudes als Synagoge erinnert hatten. Der frühere Betraum wurde in zwei Geschosse unterteilt. Die Deckengemälde und Gewölbeteile wurden ebenso entfernt wie alle sakralen Elemente der Außenfassade. Die Rundbogenfenster und die darüber liegenden ovalen Fenster wurden durch eckige ersetzt. Drei Garagentore dominierten die Ostfassade, an der einst eine Apsis auf den Thoraschrein im Inneren hingewiesen hat. Statt des Glockenturms wurde ein Schlauchturm eingebaut. Bis 2001 wurde das Gebäude als Feuerwehrhaus genutzt.
[Bearbeiten] Jüdischer Friedhof
Geschichte
Der jüdische Friedhof in Hohenems ist ebenso alt wie die erste Ansiedlung von Juden im Jahr 1617, als Graf Caspar von Hohenems 12 jüdische Familien aus Süddeutschland und der Schweiz (Rheineck) in seiner Reichsgrafschaft aufnahm. Er wies ihnen dabei auch ein Stück Land im so genannten 'Schwefel', am Ortsende von Hohenems zu, das sie für jüdische Begräbnisse nutzen konnten. Der Friedhof liegt an einem bewaldeten Abhang des 'Schwefelberges'. Insgesamt dürften weit über 500 Gräber auf dem Gelände liegen. 370 Grabsteine sind bis heute erhalten geblieben. Im Gegensatz zur christlichen Tradition darf ein Grabplatz im Judentum nur einmal vergeben werden. Das den Toten umgebende Erdreich wird als Eigentum des Verstorbenen respektiert. Diese Unauflösbarkeit jüdischer Grabstätten macht jüdische Friedhöfe zu besonders bedeutenden kulturhistorischen Zeugnissen.
Der Jüdische Friedhof heute
In den letzten Jahren hat das Jüdische Museum Hohenems eine detaillierte Vermessung des Friedhofs, eine fotografische Dokumentation aller noch vorhandener Grabsteine, eine Erfassung der deutschen und hebräischen Inschriften (mit Übersetzung ins Deutsche) und eine kunsthistorische Beschreibung der interessantesten Grabsteine erstellt. Auf Grund dieser Daten wurde eine elektronische Datenbank erstellt, die Name, Grabnummer, und Inschriften (incl. Übersetzungen) aller noch vorhandenen Grabsteine enthält. Nachdem der Jüdische Friedhof die Zeit des Nationalsozialismus unzerstört überstanden hatte, kaufte eine Gruppe von Nachkommen Hohenemser Familien, die nahe der Schweizer Grenze im Kanton St. Gallen wohnten, den Friedhof von der Israelitischen Gemeinde Innsbruck und gründete 1954 den 'Verein zur Erhaltung des jüdischen Friedhofs in Hohenems'. Obwohl die Jüdische Gemeinde von Hohenems aufgelöst wurde, existiert der Friedhof bis heute weiter. Verschiedene Menschen wurden seither dort begraben und einige Nachkommen und in Vorarlberg lebende Juden haben sich bereits Grabplätze für die Zukunft reservieren lassen.
[Bearbeiten] Nachkommen
Das Jüdische Museum Hohenems hält Kontakt zu Nachkommen der Hohenemser Juden in aller Welt. Dieses Netzwerk ist nicht nur eine wesentliche Dimension unserer Arbeit, sondern auch für die Nachkommen selbst eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Das Museum unterstützt Nachkommen bei der Kommunikation untereinander und bei genealogischen Recherchen. Nicht zuletzt seit dem Nachkommentreffen 1998 mit mehr als 160 Teilnehmern, bereichert die Kommunikation mit den Nachkommen aber auch den Alltag unserer Programm- und Ausstellungstätigkeit. So ist das Jüdische Museum Fokus und Schaltstelle einer "virtual community", die jüdische Geschichte und jüdisches Leben heute miteinander produktiv verbindet. Sie finden hier unter anderem Informationen über die Aktivitäten der American Friends of the Jewish Museum of Hohenems, über die jüdischen Familien von Hohenems und das Nachkommentreffen von 1998.
[Bearbeiten] Publikationen
Das Jüdische Museum Hohenems publiziert Kataloge, Sammelbände und Monographien zu unterschiedlichen Aspekten Jüdischer Kultur, Geschichte und Gegenwart. Ausgangspunkt ist dabei sowohl der exemplarische Fokus der Hohenemser Jüdischen Gemeinde und ihr Fortleben in den Nachkommen der Hohenemser Jüdischen Familien, wie auch die breitgefächerte Ausstellungs- und Programmarbeit des Museums, die von der Geschichte der Juden im Bodenseeraum bis zu Fragen Jüdischer Gegenwart in Europa, im Kontext moderner Einwanderungsgesellschaften reicht.
- Antijüdischer Nippes und populäre "Judenbilder". Die Sammlung Finkelstein. Falk Wiesemann, Klartext Verlag, 2005, zahlr. farb. Abbild., € 29,90, ISBN 3-89861-502-2
- Gerüchte über die Juden. Antisemitismus, Philosemitismus und aktuelle Verschwörungstheorien. Hanno Loewy (Hg.), Essays von Richard Bartholomew, Dan Diner, Werner Dreier, Monique Eckmann, Bernd Fechler, Holger Gehle, Kurt Greussing, Ruth Gruber, Thomas Haury, Yves Kugelmann, Hanno Loewy, Astrid Messerschmidt, Zafer Senocak, Frank Stern, Juliane Wetzel, Moshe Zuckermann. Klartext Verlag, 2005, ISBN 3-89861-501-4
- Shlock Shop. Die wunderbare Welt des jüdischen Kitschs Hanno Loewy/Michael Wuliger, herausgegeben vom Jüdischen Museum Hohenems, Hämmerle Verlag (A), ISBN 3-902249-87-0, Mosse Verlag (D), ISBN 3-935097-05-0,
- Kantormania CD mit 18 Liedern, Beiträge von Shmuel Barzilai (Schma Israel), Yossle Rosenblatt (Kol Nidre), Joseph Schmidt (Hoch erhaben/Ein Kamocha), Al Jolson (Kol Nidre), Marzel Lang (Kiddush/Kurt Weil), Jalda Rebling (Baruch ha-Gever) u.a.,
- wohl eine Illusion“? Geschichte und Gegenwart der Hohenemser Synagoge Jüdisches Museum, 2004, 192 S., Der reich bebilderte Band enthält Beiträge zur Geschichte und Architektur des Gebäudes, darunter auch künstlerische Reflexionen. Eine exemplarische Auseinandersetzung mit dem Umgang mit Erinnerung und jüdischem Erbe in Mitteleuropa.
- So einfach war das. Jüdische Kindheiten und Jugend seit 1945 in Österreich, der Schweiz und Deutschland. ISBN 3-8321-7818-x,
- ...eine ganz kleine jüdische Gemeinde, die nur von den Erinnerungen lebt! Juden in Hohenems. Katalog des Jüdischen Museums Hohenems, 1996, 270 Seiten, zahlr. Abbildungen,
- Jews in Hohenems. Catalogue of the Jewish Museum Hohenems with all the texts of the permanent exhibition. Hohenems 1996, 85 pages, brochure, english