Josef Pfitzner
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Josef Pfitzner (* 24. März 1901 in Petersdorf bei Zuckmantel; † 6. September 1945 in Prag) war ein sudetendeutscher Historiker und nationalsozialistischer Kommunalpolitiker.
Pfitzner wurde 1901 als Sohn eines Landwirtes geboren. Nach seinem Studium avancierte Pfitzner 1930 zum Professor für osteuropäische Geschichte an der Deutschen Universität Prag (Abspaltung der Karls-Universität Prag). Als einer der wenigen sudetendeutschen Historiker fand Pfitzner bis Mitte der 1930er Jahre auch unter tschechischen Kollegen Anerkennung, stand er doch in der Tradition der "aktivistischen" Mehrheit der Sudetendeutschen der 1920er Jahre, die eine Zusammenarbeit mit der tschechischen Politikelite praktizierte. Josef Pekař, damals einer der bedeutendsten tschechischen Historiker, bezeichnete Pfitzner wohlwollend als "tschechisch-deutschen Geschichtsschreiber".
Nach dem Erdrutsch-Wahlsieg der nationalistisch-nationalsozialistischen "Sudetendeutschen Partei" Konrad Henleins 1935 radikalisierte sich Pfitzner jedoch und wurde zum überzeugten SP- bzw. NSDAP-Aktivisten. Er erhielt den Rang eines SA-Standartenführers. Als Vertrauensmann Henleins traf sich Pfitzner 1938 mit dem sozialdemokratisch-sudetendeutschen Spitzenpolitiker Wenzel Jaksch, um diesen - allerdings vergeblich - zu einem Beitritt der Sozialdemokraten zur "sudetendeutschen Einheitsfront" zu gewinnen.
Pfitzner wurde am 15. März 1939, dem Tag der deutschen Besetzung des tschechischen Teils der bisherigen Tschechoslowakischen Republik, "Primator-Stellvertreter" (2. Bürgermeister) von Prag und kontrollierte in dieser Funktion nunmehr seinen formellen tschechischen Vorgesetzten, den Prager Primator (Bürgermeister) Dr. Otakar Klapka. Wegen seines forschen Eintretens für eine Germanisierung Prags (u.a. Straßenumbenennungen) geriet Pfitzner mit Klapka in Konflikte und denunzierte diesen wiederholt beim Staatsminister für das 1939 geschaffene "Reichsprotektorat Böhmen und Mähren", den sudetendeutschen NSDAP-Funktionär Karl Hermann Frank. Klapka wurde tatsächlich 1940 wegen seiner verdeckten Kooperation mit dem tschechischen Widerstand verhaftet und 1941 hingerichtet, doch scheinen unter der Folter erpresste Aussagen tschechischer Widerständler dafür entscheidend gewesen zu sein. Klapkas Nachfolger als Primator wurde der kollaborationswilligere Dr. Alois Říha, der bis 1945 amtierte.
Pfitzner arbeitete intensiv daran, Prag "judenfrei" zu machen, d.h. die Deportation Prager Juden in die polnischen NS-Vernichtungslager voranzutreiben, um deren Wohnungen und Mobiliar an deutsche "Volksgenossen" umzuverteilen. Dennoch war er beim 1941 eingesetzten stellvertretenden Reichsprotektor SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich nicht wohlgelitten, der offenbar die Ablösung Pfitzners erwog. Heydrichs Ermordung durch tschechische Widerstandskämpfer Mitte 1942 rettete dem Prager NS-Vizebürgermeister das Amt bis zum Zusammenbruch des "Großdeutschen Reiches" im Mai 1945. Zwischenzeitlich wurde ausgerechnet Pfitzner zu einem führenden Exponenten des Heydrich-Gedenkkultes im NS-beherrschten Prag.
Unmittelbar nach Kriegsende wurde Pfitzner verhaftet, vor dem "außerordentlichen Volksgericht Prag" angeklagt und - nicht zuletzt wegen seiner Rolle im Fall Klapka - zum Tode verurteilt. Er wurde auf dem Platz vor dem Gericht im Prager Stadtteil Pankraz öffentlich (vor 50.000 Zuschauern) erhängt.
[Bearbeiten] Werke (Auswahl)
- Josef Pfitzner, Geschichte der Bergstadt Zuckmantel in Schlesien bis 1742. Mit besonderer Berücksichtigung der Stadt- und Bergrechtsgeschichte, Zuckmantel 1924.
- Josef Pfitzner, Das Erwachen der Sudetendeutschen im Spiegel ihres Schrifttums bis zum Jahre 1848, Augsburg 1926.
- Josef Pfitzner, Grossfürst Witold von Litauen als Staatsmann, Brünn 1930.
- Josef Pfitzner, Bakuninstudien, Prag 1932, ND Berlin 1977.
- Josef Pfitzner, Sudetendeutsche Geschichte, Reichenberg 1935, 2.Aufl. 1937.
- Josef Pekar, Der Sinn der tschechischen Geschichte, eingeleitet v. Josef Pfitzner, Brünn / Leipzig / Wien 1937.
- Josef Pfitzner, Sudetendeutsche Einheitsbewegung. Werden und Erfüllung, Karlsbad / Leipzig 1937.
- Josef Pfitzner, Das Sudetendeutschtum, Köln 1938, 2. Aufl. 1940.
- Josef Pfitzner, Kaiser Karl IV., Prag 1938.
- Josef Pfitzner, Das tausendjährige Prag. Mit Bildern v. Franz Höch, Bayreuth 1940, 2. Aufl. 1941, 3. Aufl. 1943.
- Josef Pfitzner, Reise in ein "Paradies". Erlebtes und Erkanntes aus der Sowjetunion, Bayreuth 1942, 2. Aufl. 1943.
- Die Hauptstadt Prag ehrt das Andenken Reinhard Heydrichs. Ansprachen von J. Pfitzner und J. Kliment, Prag 1943.
- Die tschechische Jugend und der Reichsgedanke. 2. Verleihung der Ehrengabe der "Reinhard-Heydrich-Gedächtnisstiftung der Hauptstadt Prag" mit Ansprachen, hrsg. v. J. Pfitzner und Franz Teuner, Prag 1944.
Über Pfitzner:
- Alena Míšková / Vojtěch Šustek (Hg.), Josef Pfitzner a protektorátní Praha v letech 1939 - 1945 (Josef Pfitzner und Prag unter dem Protektorat in den Jahren 1939 -1945). Band I: Deník Josefa Pfitznera. Úřední korespondence Josefa Pfitznera s Karlem Hermannem Frankem (Das Tagebuch Josef Pfitzners. Die amtliche Korrespendenz Josef Pfitzners mit Karl Hermann Frank); Band II: Měsíční situáční zprávy Josefa Pfitznera (Die Monatsberichte von Josef Pfitzner). Archiv hlavního města Prahy. Reihe: Documenta Pragensia monographia. Volumen 11/1 und 11/2. Scriptorium, Praha 2000-2001.
[Bearbeiten] Weblinks
Personendaten | |
---|---|
NAME | Pfitzner, Josef |
KURZBESCHREIBUNG | sudetendeutscher Historiker |
GEBURTSDATUM | 24. März 1901 |
GEBURTSORT | Petersdorf (Petrovice ve Slezsku) bei Zuckmantel |
STERBEDATUM | 6. September 1945 |
STERBEORT | Prag |