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Jungpersische Revolution

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Die sogenannte Jungpersische Revolution, auch konstitutionelle Revolution genannt (persisch: maschrutiat), und der anschließende Bürgerkrieg 1905-1911 waren eine bürgerlich-demokratische Revolution für die Errichtung einer konstitutionellen Monarchie im Iran (Persien).

Sie wird auch einfach als Persische Revolution bezeichnet, um besser unterschieden werden zu können von der späteren Islamischen Revolution, die wiederum auch als Iranische Revolution bezeichnet wird (und stattdessen eine Islamische Republik hervorbrachte).

Der Begriff Jungperser wurde erst während der Revolution erstmals erwähnt (am 22. September 1908 in der persischen Zeitung Habl el-matin).

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Hintergründe

Die Revolution von 1905 - 1911 war der Höhepunkt jahrzehntelanger Reform- und Modernisierungsbemühungen seit Nāser ad-Dīn Schah und seinem Gegenspieler Dschamal ad-Din al-Afghani, und sie war zugleich auch das Ende dieser ersten Phase jungorientalischer Reformbewegungen. Eine weitere Modernisierung des Landes allein durch prowestliche Reformen von oben reichte nicht mehr aus, um den Übergang Irans zur Neuzeit und damit den Anschluss an die Nachbarn bzw. die Gleichberechtigung mit den Kolonialmächten, ein erster Schritt zur tatsächlichen Umgestaltung konnte nur noch durch einen Umsturz auf breiter Basis erreicht werden. Die Persische Revolution ist daher – anders als etwa die Jungtürkische Revolution im benachbarten Osmanischen Reich – gekennzeichnet von einer nationalen, gegen die Aufteilung durch Russland und Großbritannien (Teilungsvertrag 1907) gerichteten Massenbewegung, für die Modernisierung aus eigener Kraft, ohne Verwestlichung erreicht werden sollte. Hauptziele waren die Beteiligung der Intelligenz (vor allem der antiwestlichen Geistlichkeit) an der Macht und die Befreiung vom russisch-britischen Einfluss (seit 1899 auch belgischer Einfluss).

[Bearbeiten] Chronologie der Ereignisse

Die bürgerlich-demokratische Revolution lässt sich in vier Etappen gliedern (bzw. drei Etappen, wenn man die ersten beiden zusammenfasst oder die letzte als Bürgerkrieg abkoppelt). Die wichtigsten Ereignisse sind chronologisch zusammengestellt.

[Bearbeiten] Kampf für ein Parlament

[Bearbeiten] 1905

Der geplante Bau einer Straße von der russischen Grenze bis Täbris nährt die Furcht und Gerüchte über eine russische Invasion. Die erregten Gemüter werden durch die Revolution in Russland nach dessen Niederlage gegen Japan sowie eine anfangs wohlwollende Haltung Großbritanniens selbstbewusster und versammeln sich zu antirussischen Demonstrationen. Während Mozaffar ad-Din Schah am 2. September 1905 den Zaren in Sankt Petersburg um Hilfe bittet, wird die russische Bank in Teheran von Demonstranten zerstört. Der Teheraner Gouverneur verhängt nach weiterem Aufruhr gegen die Zollpolitik harte Strafen (Bastonade). Daraufhin kommt es am 12. Dezember 1905 zum (ersten) Auszug zahlreicher Teheraner Mullahs zum Schrein von Rayy. Diese Ulema fordern die Absetzung des Gouverneurs (später auch die Schaffung eines Justizministeriums) und die Entlassung des belgischen Zollministers.

[Bearbeiten] 1906

Der Schah verspricht die Einrichtung eines vage umrissenen „Hauses der Gerechtigkeit“ und die Ausarbeitung einer Verfassung, woraufhin die Mullahs unter Führung der Ayatollah Behbahani und Tabatabai und unter dem Jubel der Teheraner Bevölkerung am 14. Januar 1906 in die Hauptstadt zurückkehren. Während der nun folgenden Verhandlungen aber, die der Schah lediglich in die Länge ziehen und im Sande verlaufen lassen will, kommt es zu gewalttätigen Unruhen, und Regierungstruppen verüben am Ali-Reza-Schrein in Meschhed und vor der Schah-Moschee in Teheran ein Blutbad unter Demonstranten.

Daraufhin ziehen am 15. Juni 1906 erneut 2.000 Mullahs aus, diesmal nach Qom (zweiter Auszug). Unter Führung des Ayatollah Mohammed Kazim Khorasani fordern sie unter Verweis auf die Koran-Sure 42, Vers 36 (Schura-Beratung) eine Beratende Versammlung (Parlament) mit Einfluss auf die Regierung. Der Schah entlässt unter diesem Druck den Großwesir (Premierminister) `Ain ad-Dauleh am 5. August 1906 und präsentiert einen ersten Verfassungsentwurf nach belgischem Vorbild am 8. August 1906 als Vorbedingung für die Rückkehr der Ulema am 18. August 1906.

Als der Schah erneut zu verzögern scheint, kommt es Anfang September 1906 zu einem Generalstreik in Täbris, von dort aus verbreiten sich Revolutionskomitees (Endschumene) bzw. Arbeiter- und Bauern-Räte über das ganze Land. Mozaffar ad-Din Schah gibt nach und bestätigt die Verfassung am 9. September 1906. Am 7. Oktober 1906 wird in Teheran das erste Parlament (Majlis) einberufen, 17 der 156 sind Ayatollahs. Am 30. Dezember 1906 schließlich ratifizieren Schah und Parlament die Umwandlung Persiens in eine konstitutionelle Monarchie.

[Bearbeiten] Für und gegen die Agrarrevolution

[Bearbeiten] 1907

Doch schon am 7. Januar 1907 stirbt Mozaffar ad-Din Schah, sein am folgenden Tag inthronisierter Sohn und Nachfolger Mohammed Ali Schah aber will die seinem Vater aufgezwungene Verfassung nicht anerkennen. Es kommt daher am 28. Februar 1907 zu einem Attentat auf den Schah, das zwar misslingt, aber einen Aufstand in Täbris auslöst, der durch das britisch-russische Teilungsabkommen vom 31. August 1907 noch angeheizt wird. Großwesir Ali Usghar Khan kommt am 1. September 1907 bei den Unruhen ums Leben. Zunächst wird daher auch der neue Monarch zur Bestätigung der neuen Ordnung, am 10. Oktober 1907 sogar zu wesentlichen Erweiterungen der Verfassung gezwungen.

Angesichts des offenen Aufstandes gegen die alte Ordnung auf dem Lande spaltet sich die Geistlichkeit in der Hauptstadt. Hunderte Mullahs unter Führung des Scheich Fazlollah Nuri versuchen, einen dritten „Auszug“ zu provozieren und predigen von einem Schrein bei Teheran gegen die Revolution. Khorasani nimmt gegen Nuri und für das Parlament, Ayatollah Kazem Yazdi in Nadschaf aber für Nuri und gegen das Parlament Stellung. Diese Spaltung prägt die schiitische Geistlichkeit bis heute und beeinflusst die heutige Islamische Republik.

Gestützt und auf diesen Streit und die Eintracht der Schutzmächte Russland und England zieht Mohammed Ali Schah am 27. November 1907 die zu den Regierungstruppen gehörende, aber von Russen kommandierte persische Kosakentruppe zusammen, um das Parlament aufzulösen. Ein Generalstreik am 15. Dezember 1907 verhindert das jedoch. Der Schah muss erneut die Forderungen des Parlaments erfüllen, am 21. Dezember wird eine neue Regierung unter Nizam as-Sultaneh gebildet.

[Bearbeiten] 1908

Aus Protest gegen den Teilungsvertrag tritt die Regierung Nizam as-Sultaneh schon am 02. Mai 1908 wieder zurück. Am 23. Juni 1908 greift die Kosakenbrigade das Parlamentsgebäude an, es wird sogar mit Artillerie beschossen. Diesmal hat der Schah zunächst Erfolg, die Parlamentarier werden verhaftet und hingerichtet. Die Verfassung wird am 27. Juli 1908 aufgehoben, das Parlament aufgelöst. Neuwahlen werden am 8. August 1908 endgültig abgesagt, Mohammed Ali Schah erklärt am 22. November 1908, dass ein Parlament grundsätzlich gegen islamische Gesetze verstoße.

[Bearbeiten] Sturz des Schahs

[Bearbeiten] 1909

Dagegen aber bricht 1909 erneut ein Aufstand in Täbris aus, Arbeiter- und Soldatenräte unter Sattar Khan ergreifen die Macht im Norden, im Süden erobern Bakhtiaren-Rebellen unter Samsama as-Sultaneh die Stadt Isfahan. Der Schah stimmt zunächst der Wiedereinsetzung der Verfassung zu, sucht aber Hilfe bei den Schutzmächten, britische Truppen landen in Südiran, russische Truppen marschieren in Nordiran ein. Am 30. April 1909 erobern die Russen Täbris zurück, und der Schah hebt die Verfassung am 26. Juni 1909 erneut auf.

Sattar Khan zieht sich aus dem Norden zurück, erobert aber zusammen mit Samsama as-Sultaneh am 13. Juli 1909 die Hauptstadt Teheran. Mohammed Ali Schah wird am 16. Juli 1909 zu Rücktritt und Flucht gezwungen, statt dessen sein elfjähriger Sohn Ahmad Schah unter Regentschaft Asad al-Mulks inthronisiert und die Verfassung wieder in Kraft gesetzt. Wenige Wochen zuvor war bereits im benachbarten Osmanischen Reich der Sultan durch die Jungtürken abgesetzt worden. Am 31. Juli 1909 wird Mullah Fazollah Nuri hingerichtet, am 19. August 1909 werden Wahlen abgehalten, bei denen aber die gemäßigte Fortschrittspartei über die radikalen Nationalrevolutionäre siegt. Im November 1909 wird schließlich das zweite Parlament eröffnet.

[Bearbeiten] Aufstand gegen die Restauration

Noch am 03. November 1909 war es an der Kaukasusgrenze zu einem Aufstand zugunsten des gestürzten Schahs gekommen. Russische Truppen hatten zwar die Ordnung wiederhergestellt, aber die aufständischen Grenzstädte besetzt.

[Bearbeiten] 1910

Großbritannien hatte sich inzwischen längst gegen die Revolution gestellt. Am 19. Oktober 1910 gehen britische Marinetruppen in Abuschehr an Land und besetzen Schiraz, die persische Regierung protestiert am 23. Oktober 1910 erfolglos und bittet das osmanische und Deutsche Reich um Hilfe. Stattdessen landen Briten am 30. Oktober 1910 auch in Lingeh, daraufhin rufen Yazdi und die schiitische Geistlichkeit im osmanischen Nadschaf zum nationalen Widerstand auf. Stattdessen aber entwaffnen der neue Regent Nasir al-Mulk (seit Asads Tod am 23. September 1910) und die konstitutionelle Regierung die aufständischen Nationalrevolutionäre (Modjahedin, siehe Mudschahid)

[Bearbeiten] 1911

Neue Unruhen brechen aus, in deren Verlauf der persische Regierungschef Mohammed Wali Khan am 15. Juni 1911 zu den russischen Truppen flieht. Unter dem neuen Premier Samsama as-Sultaneh wird endlich das Justizministerium geschaffen und der US-Amerikaner Morgan Shuster zum Generalschatzmeister berufen. Um Persien von ausländischen Krediten und Schulden unabhängig zu machen, regt er die Schaffung einer Nationalbank und die Kreditaufnahme im Inland an.

In Norden landet statt dessen am 18. Juli 1911 Ex-Schah Mohammed Ali im russisch besetzten Komeschtepe am Kaspischen Meer und setzt Wali Khan als Gegenregierung ein. Mit russischer Hilfe dringt der Ex-Schah am 22. Juli 1911 in Asterabad (Gorgan) ein, am 7. August 1911 siegt er über Regierungstruppen und stößt auf Teheran vor. Die russische Regierung weist persische Proteste scharf zurück. Daraufhin bricht im ganzen Land ein Volksaufstand aus, die schiitische Geistlichkeit bannt den ehemaligen Schah sogar. Am 19. August 1911 erobern nationalistische Freiwillige mit Barfousch (Babol) Mohammed Alis Basis im Norden und am 5. September 1911 wird der Ex-Schah kurz vor Teheran von Regierungstruppen besiegt, sein General Arschad ad-Daula wird hingerichtet. Der Ex-Schah zieht sich am 11. September 1911 ans Kaspische Meer zurück und am 4. Oktober 1911 erobert die Regierung die Mohammed Ali loyale Stadt Hamadan zurück, der Ex-Schah verlässt daraufhin am 16. Oktober 1911 endgültig das Land in Richtung Russisch-Turkmenien.

Doch der Sieg über die Reaktion währt nicht lange. Im Oktober protestiert Shuster, wie der ehemalige Schatzmeister der Provinz Chorasan bzw. spätere Abgeordnete Mossadegh auch, gegen die Abtretung von Souveränitätsrechten an Nichtiraner bzw. die britisch-russische Oberhoheit. Ein russisches Ultimatum fordert daraufhin am 30. November 1911 Shusters Abberufung, am 1. Dezember 1911 marschieren die Russen vom besetzten Rascht (Gilan) auf Täbris vor. Der Regent entlässt daraufhin Shuster am 11. Dezember 1911 gegen den Willen des Parlaments, das das Ultimatum zurückgewiesen hatte. Am 22. Dezember 1911 putscht schließlich der Regent Nizam al-Mulk mit Hilfe der Bakhtiaren-dominierten Regierung und entlässt das Parlament abermals. Dagegen bricht am 24. Dezember 1911 erneut ein Aufstand in Täbris aus, doch schon am 29. Dezember 1911 erobern wieder Russen die Stadt.

[Bearbeiten] Epilog

Nach dem Beschuss des Schreins von Meschhed durch russische Truppen am 29. März 1912 ratifiziert die Regierung schließlich das britisch-russische Teilungsabkommen und tritt am 23. Dezember 1912 zurück. Nach dem osmanisch-deutschen Einmarsch im Ersten Weltkrieg bildet Nizam as-Sultaneh 1916-1918 nochmals mit Hilfe eines dritten Parlaments und der Geistlichkeit eine Gegenregierung in Qom und Kermanschah, die bürgerlich-demokratische Revolution endet jedoch wie der Krieg vorerst mit einer Niederlage. Einige letzte Revolutionäre aus Täbris und Teheran beteiligen sich aber 1920 an der Errichtung der Iranischen Sowjetrepublik in Gilan und stoßen dort wieder auf die Kosakenbrigade.

[Bearbeiten] Literatur

  • G.Barthel/H.Fürtig: Die Islamische Republik Iran. Berlin 1987
  • Halm, Heinz: Die Schia. Darmstadt 1988
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