Körpermodifikation
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Körpermodifikation (dt. für „body modification“) bzw. Körpermodifizierung ist die Bezeichnung für eine Vielzahl freiwillig durchgeführter Veränderungen am menschlichen Körper, heute meist durch darauf spezialisierte kommerzielle Anbieter. Im Gegensatz zu anderen Arten der Körpergestaltung, die Veränderungen z.B. durch oberflächliches Bemalen oder durch Training erreichen, sind Body Modifications mit verletzenden Eingriffen in die Substanz des menschlichen Körpers und mit dauerhaften oder schwer rückgängig zu machenden Veränderungen verbunden.
Die bekannteste und im Westen traditionsreichste Form sind Tätowierungen sowie in neuerer Zeit Piercings. Darüber hinaus gibt es aber in westlichen Ländern weitere Formen der "Body-Modification". Unter anderem:
- das Herausstanzen von Bindegewebe zum Einsatz von Schmuck mit größerem Durchmesser.
- das Dehnen bestimmter Körperteile, meist der Ohrläppchen und der Brustwarzen, aber auch der Schamlippen und des Hodensacks.
- das Zufügen von Narben, Skarifizierung genannt.
- das Spalten der Fingernagelhaut.
- das Spalten der Zungenspitze.
- das Implantieren von Silikon oder Metall-Objekten, in der Szene Implants genannt, wie etwa von Pyramiden oder Kegeln an Kopf, Brust oder anderen Körperstellen (im Allgemeinen gehören schönheitschirurgische Eingriffe wie die Vergrößerung der weiblichen Brust nicht dazu).
- Veränderung des Penis, wie Beschneidung, Subinzision, Bifurkation.
- Veränderungen an der Vulva, etwa die Kürzung der Labien oder die Verringerung der Scheidenöffnung (laut einer Meldung im Dezember 2005 vom Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ besonders in einigen Staaten der USA ein zunehmender Trend).
- Branding - dabei werden mit heißem Metall Muster in die Haut gebrannt. Die zurückbleibenden Narben haben für manche Menschen, ähnlich wie Tattoos oder Piercings, den Stellenwert von Körperschmuck.
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[Bearbeiten] Geschichte
Tätowierungen sind in Europa schon seit Jahrhunderten bekannt. Mit der Entdeckung Polynesiens erhielt die Tätowierkunst einen ersten Aufschwung. Selten wurden damals auch schon Intimpiercings, die aus der Region um den Indischen Ozean kommen, an Europäern durchgeführt. Zu Ende des 19. Jahrhundert erlebte die Tätowierkunst eine zweiten Aufschwung, der aber durch die beiden Weltkriege wieder völlig zunichte gemacht wurde. Nach dem 2. Weltkrieg gab es für kurze Zeit keine hauptberuflichen Tätowierer in Deutschland und das Piercinghandwerk geriet fast völlig in Vergessenheit.
Erst seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts erlebte die Tätowierkunst einen neuen Aufschwung und seit den 80er Jahren wurde wieder vermehrt gepierct. In den 90er Jahren erlebte dann das Piercing einen riesigen Aufschwung und andere Formen der Body-Modification kamen auch nach Deutschland. Heute gibt es eine vielfältige Szene, die extremen Body-Modificationen (Zungenspaltung, Subinzision) sind aber in Deutschland immer noch selten und weitestgehend auf Nordamerika beschränkt wo sich auch die Subkultur der Modern Primitives entwickelte.
Das größte Portal im Internet zum Thema Körpermodifikation ist das Body Modification E-Zine
[Bearbeiten] Kontroverse
Umstritten bezüglich der Körpermodifikation ist der Versuch andere Kulturen bzw. Völker nachzuahmen, um ihnen damit zu ähneln, beispielsweise, dass Asiaten ihre Epikanthus-Falte operieren lassen, um europäische, nichtasiatische Augen nachzuahmen, die Haut durch Farbstoffe oder Operationen aufgehellt wird oder Afrikaner ihre Haare glätten und ihre Nasen durch Rhinoplastik zu verändern suchen.
Andere Streitfragen bestehen im Bezug auf den Versuch, die natürliche Form des Körpers künstlich zu verändern, was in den Augen der Kritiker zu Entstellungen und Verstümmelungen führen kann. Extreme Formen der Körpermodifikation werden gelegentlich als Symptome der Dysmorphophobie, als Geisteskrankheit oder unbeherrschte Eitelkeit angesehen. Oft werden von den Medien Gerüchte über Formen der Modifikationen verbreitet, sodass die Öffentlichkeit modifizierte Individuen ächtet. Entstellung und Verstümmelung sind Begriffe, die von Gegnern der Körpermodifikation verwendet werden, um bestimmte Formen abwertend zu umschreiben. Da diese Begriffe auch verwendet werden, um über Verletzungen zu berichten, die Folteropfern beigebracht wurden (wie z.B. die Verletzung der Ohren, Hände, Füße oder Genitalien durch Verbrennungen, Amputationen oder Flagellation), ist eine Verwendung dieser Begriffe - und die damit verbundene moralische Gleichsetzung - zur Beschreibung freiwilliger Eingriffe mit tätlichen Eingriffen zweifelhaft.
Häufig werden Körpermodifikationen z.B. durch unlizensierte Chirurgen außerhalb eines Krankenhauses oder gar zu Hause durchgeführt, was einerseits lebensgefährlich sein kann und andererseits in manchen Ländern und Staaten illegal ist.
[Bearbeiten] Literatur
Erich Kasten: Body-Modification. Psychologische und medizinische Aspekte von Piercing, Tattoo, Selbstverletzungen und anderen Körperveränderungen. Ernst Reinhardt Verlag, München und Basel 2006.