Kinderheirat
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Als Kinderheirat bezeichnet man die Heirat einer Person vor Erreichen des zulässigen Heiratsalters.
Die meisten Länder sehen ein Mindestalter für die Heirat von Frauen vor, das jedoch oft nicht eingehalten wird (Ghana: 21 Jahre; Indien, Bangladesch: 18 Jahre; Ägypten, Pakistan, Deutschland: 16 Jahre; Österreich: 14 Jahre (mit dem Einverständnis der Eltern); Äthiopien: 15 Jahre).
Manche Kinder werden schon im Alter von 6 Jahren oder noch früher "verheiratet" (Kinderverlobung - faktisch: der Familie des anderen versprochen). Verheiratungen im Kindesalter (unter 14 Jahren) sind bei Mädchen stärker verbreitet als bei Jungen. Sie leben danach manchmal noch solange bei ihren Eltern, bis sie das "offizielle" Heiratsalter erreicht haben. Dieses kann, je nach Anschauung, die Geschlechtsreife des Mädchens oder die staatlich festgelegte Ehemündigkeit sein.
Gründe für Kinderheirat: Eltern wollen sicherstellen, dass die Tochter als Jungfrau verheiratet wird. Die Lebenshaltungskosten der Töchter werden nach ihrem Auszug von der Familie des Ehemannes getragen, da die Ehefrau dann in deren Haushalt zieht.
[Bearbeiten] Islam
Im Islam wird eine frühe Verheiratung von Mädchen für sehr günstig erachtet. Das Mindestalter für Mädchen ist nach den Bestimmungen der Rechtschulen neun Jahre, wobei sich die Rechtschulen an der Ehe Mohammeds mit Aischa orientieren, die vollzogen worden sein soll, als Aischa neun Jahre alt war. Die Verheiratung eines sehr jungen Mädchens mit einem wesentlich älteren Mann gilt daher in traditionellen islamischen Gesellschaften - da dem Vorbild Mohammeds folgend - bis heute kaum als anstößig. Für Jungen wird von den Rechtsschulen ein Mindestheiratsalter von 12 bis 15 Jahren angesetzt. Viele islamische Staaten haben Verordnungen erlassen, die ein höheres Heiratsalter vorschreiben, was aber nur bedingt erfolgreich ist, da eine Orientierung am Vorbild Mohammeds, der nach der Vorstellung der Muslime als der beste aller Menschen gilt, bis heute weit verbreitet ist. Allerdings muss die Frau nicht jünger als der Mann sein. So heiratete Mohammed einst die wesentlich ältere Khadidcha.
[Bearbeiten] Indien
In Südasien ist die Kinderheirat vor allem im ländlichen, rückständigen Bereich nach wie vor verbreitet, obwohl sie (wie in Indien) gesetzlich verboten ist. Die Abschaffung der Kinderheirat war ein Anliegen vieler indischer Sozialreformer wie Ram Mohan Roy, Ishwar Chandra Vidyasagar und Mahatma Gandhi. Bereits 1929 wurde mit dem Child Marriage Restraint Act ein Gesetz verabschiedet, das für Mädchen ein Heiratsalter von 18 Jahren und für Jungen von 21 Jahren vorschreibt.
Nach Angaben des Rapid Household Survey, der in ganz Indien durchgeführt wird, wurden im Bundesstaat Bihar 58,9 Prozent der Frauen vor Erreichen des 18. Lebensjahres verheiratet, in Rajasthan 55,5 Prozent, in Westbengalen 54,9 Prozent. Die niedrigsten Raten weisen Jammu und Kashmir (hoher Anteil muslimischer Bevölkerung) mit 3,4 Prozent, Himachal Pradesh mit 3,5 Prozent und Goa mit 4,1 Prozent auf. In Kerala trifft dies auf 10 Prozent zu. Die ökonomisch unterentwickelten Bundesstaaten in Nordindien weisen somit deutlich höhere Raten auf.