Klageerzwingungsverfahren
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Das Klageerzwingungsverfahren bietet im deutschen Strafprozessrecht demjenigen Anzeigeerstatter, der zugleich Geschädigter der angezeigten Straftat ist, die Möglichkeit, eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft, das Ermittlungsverfahren einzustellen oder keine Ermittlungen aufzunehmen, gerichtlich überprüfen zu lassen.
Gesetzlich geregelt ist das Klageerzwingungsverfahren in § 172 StPO.
Der Anzeigenerstatter muss zunächst gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Beschwerde einlegen, über welche die Generalstaatsanwaltschaft entscheidet. Nur wenn diese der Beschwerde nicht abhilft, kann das Klageerzwingungsverfahren durchgeführt werden. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung muss die Tatsachen, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, und die Beweismittel angeben. Dies ist in der Praxis die größte Hürde, weil die Rechtsprechung verlangt, dass der Klageerzwingungsantrag alle relevanten Fakten zur Tat und zum bisherigen Verfahren selbst enthalten muss und insbesondere auf den Akteninhalt nicht Bezug genommen werden darf. Der Antrag muss von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein (Anwaltszwang).
Zuständig für die Entscheidung im Klageerzwingungsverfahren ist das Oberlandesgericht, das im Falle eines hinreichenden Tatverdachts die Erhebung der öffentlichen Klage (Anklage) beschließt. In diesem Fall kann sich der Anzeigeerstatter dem Verfahren auch dann als Nebenkläger anschließen, wenn das angeklagte Delikt eigentlich nicht zur Nebenklage berechtigt (§ 395 Abs. 1 Nr. 3 StPO).
Gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft, ein Ermittlungsverfahren nach dem Opportunitätsprinzip einzustellen, gibt es allerdings kein Rechtsmittel.
Eine Klageerzwingung ist selten, da für sie hohe Hürden aufgebaut sind, aber wichtig. Gäbe es sie nicht, würden möglicherweise mehr Verfahren eingestellt (in Österreich: "niedergeschlagen"). Die Möglichkeit einer Klageerzwingung wird dem rechtsstaatlichem Fair-trial-Grundsatz gerecht. Nach herrschender Meinung entfaltet der § 172 StPO eine Abschreckungswirkung gegenüber der Staatsanwaltschaft. Eine erfolgreiche Klageerzwingung wird in den journalistischen Medien oft als "Ohrfeige" für die Staatsanwaltschaft (seitens des Richters) bezeichnet.
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