Landesfestung Ingolstadt
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Die Landesfestung Ingolstadt war eine Festung der Bayerischen Armee rund um Ingolstadt.
Im Verlauf des Umbaus der ursprünglichen mittelalterlichen Befestigung sowie des nachfolgenden Ausbaus der Landesfestung Ingolstadt sind insgesamt fünf Hauptphasen zu unterscheiden, welche nachfolgend dargestellt werden. Bemerkenswert ist, dass in Ingolstadt neben der nahezu vollständig erhaltenen mittelalterlichen Stadtumwallung auch die Werke aus den späteren Phasen wenn nicht vollständig, so zumindest in nennenswertem Umfang erhalten sind und so eine lebendige Vorstellung vermitteln, wie die Stadt zur jeweiligen Zeit durch die Festungswerke geprägt war. Nachdem die in der Nachkriegszeit vertretene These, dass die verbliebenen Festungswerke aus dem Stadtbild getilgt werden sollten, fallengelassen wurde und seitdem besonders die klassizistischen Festungswerke restauriert und neuen Nutzungen zugeführt wurden, bleibt zu hoffen, dass diese Aufmerksamkeit den Vorwerken und verbliebenen Ruinen der späteren Phasen ebenfalls zuteil wird.
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[Bearbeiten] Die Renaissance-Festung
Ausbau 1537-1572/1573 durch Reinhard Graf Solms, Herrn zu Münzberg (1491-1562)
Aufgrund der strategischen Bedeutung von Ingolstadt an der Kreuzung der Straßen von Regensburg nach Ulm sowie von Nürnberg/Amberg nach Augsburg/München, der Lage an der Nordwestgrenze des Herzogtums sowie der Notwendigkeit einer Kontrolle der Donaubrücke aufgrund der Tatsache, dass die nächstgelegenen Brücken in Neuburg, Regensburg oder Passau nicht mehr zum Herrschaftsbereich gehörten, entschloss sich Herzog Wilhelm IV. ab 1537, Ingolstadt zur Landesfestung auszubauen. Grundgedanke war, vor die mittelalterliche Stadtmauer einen gemauerten Erdwall mit Graben zu legen, auf dem zur Verteidigung Geschütze aufgestellt werden konnten. An den Eckpunkten wurden gemauerte Bastionen errichtet, die der Verstärkung dienten und das Bestreichen des Grabens und den Schutz der benachbarten Wälle durch flankierendes Feuer ermöglichten. In dieser Zeit entstanden folgende Werke:
- Ziegel-Bastei, gemauerte und kasemattierte Bastion
- Harder-Bastei
- Kugel-Bastei
- Kreuztor-Bastei
- Rundell beim Frauenhaus
- Streichwehr (Rauchloch)
- Rundell am Roten Turm
- Donaufront
Die gemauerten Werke der ersten drei Bastionen sind auch heute noch erhalten, wobei Kugel- und Harderbastei genutzt werden. Die übrigen Werke sind nicht überkommen, sämtlich jedoch im Stadtmodell von Jakob Sandtner 1572/73 dokumentiert.
[Bearbeiten] Ausbau und Erweiterung nach dem Dreißigjährigen Krieg
Die Werke der Renaissance-Festung wurden nach dem Dreißigjährigen Krieg verstärkt und 1654-1662 durch Christoph Heidemann aus- bzw. umgebaut. Dies, obwohl das Land Bayern nach dem dreißigjährigen Krieg völlig verwüstet war und es nachvollziehbar gewesen wäre, wenn Kurfürst Ferdinand Maria alle verfügbaren Mittel für den Wiederaufbau des Landes, nicht aber die Verstärkung der wichtigsten Landesfestung aufgewendet hätte. Dennoch wurden zunächst von 1651-1653 20.000 Gulden, danach zwischen 1654-1662 die beträchtliche Summe von 260.000 Gulden für den Ausbau der Landesfestung ausgegeben. Dabei wurde die innere Grabenwand am Hauptwall erhöht und vor den bereits vorhandenen Bastionen weitere, durch einen nassen Graben getrennte Bastionen aufgeführt. Weil in jeder Festung die Tore eine Schwachstelle darstellten, setzte Heidemann die Schließung des Hardertores im Norden der Stadt durch. Die neuen Werke waren (von Ost beginnend gegen den Uhrzeigersinn):
- Esel-Bastion (vor dem bereits vorhanden Werk, dem sog. "Esel-Kavalier")
- Feldkirchner Ravelin vor der Rossmühle, über den der Weg über zwei Brücken nach Feldkirchen geführt wurde
- Eiskeller-Bastion vor dem Feldkirchner Tor
- Sebastians-Bastion (benannt nach der nicht weit entfernten Kirche St. Sebastian)
- Ziegel-Bastion (vor der Ziegel-Bastei, welche nun "Ziegel-Kavalier" hieß) mit gemauerter Eskarpe und Kehle
- Lange Kurtinen-Bastion (vor dem Hauptwall, zwischen Harder- und Ziegelbastei)
- Harder-Bastion (vor der Harder-Bastei, nun "Harder-Kavalier", das Hardertor wurde zugemauert und der Torturm abgebrochen)
- Kugel-Bastion (vor der Kugelbastei, nun ebenfalls umbenannt in "Kugel-Kavalier")
- Kreuztor-Bastion (vor dem Rundell am Kreuztor, aus dem der "Kreuztor-Kavalier" wurde)
- Frauen-Bastion vor dem Rundell beim Frauenhaus
- Rauchloch-Bastion
- Münzberg-Bastion (vor dem Rundell am roten Turm, nunmehr "Münzberg-Kavalier" und dem dort befindlichen Wehr, welches bei Niedrigwasser der Donau zu starken Abfluss aus den Gräben verhindern sollte)
- Donaufront (der während des 30-jährigen Kriegs gebaute Erdwall bis zum Herzogskasten wurde zum Neuen Schloß verlängert)
- Brückenkopf (ausgeführt als Hornwerk mit der sog. "Hornwerk-Lünette")
Im Spanischen Erbfolgekrieg wurde Ingolstadt 1704 durch Truppen des Markgrafen Ludwig von Baden belagert, die Belagerung jedoch aufgrund des Siegs der Gegner bei Höchstädt aufgehoben, da die Truppen für die Besetzung Ulms benötigt wurden. 1745, im Österreichischen Erbfolgekrieg fand eine Scheinbelagerung durch kaiserliche Truppen statt, wobei die damalige, hauptsächlich französische Besatzung der Festung Ingolstadt unter General Grandville ohne Not kapitulierte, worauf dem Gegner nicht nur die Festung, sondern auch 115 Geschütze und über 10.000 Gewehre in die Hände fielen. Der Zustand der Festung wurde unter Kurfürst Karl Theodor immer schlechter, da keine Gelder für den Erhalt zur Verfügung standen. Ab 1796 stellten kaiserliche Truppen die Besatzung der Festung, die 1800 nach dem Waffenstillstand von Hohenlinden kampflos an die Truppen Napoleons übergeben wurde; diese ließen von November 1800 bis März 1801 die Zerstörung der Festung durchführen.
Von den Bauwerken, die während der Barockzeit errichtet wurden, sind keine baulichen Zeugnisse erhalten.
[Bearbeiten] Die klassizistische Festung
Bereits wenige Jahre, nachdem die Festung unter Napoleon geschleift worden war, begann der Neuaufbau der sogenannten klassizistischen Festungsanlage 1828-1849 zunächst durch Michael von Streiter (1773-1838) in Zusammenarbeit mit Leo von Klenze, später durch Peter von Becker (1778-1848).
Durch Gelder, die die Militärersparungskommission im Militäretat eingespart hatte, sah sich Ludwig I. 1826 in der Lage, die 1801 von den Franzosen zerstörten Festungswerke wieder zu errichten.
Ludwig I. bestimmte gegen die Festungsbaukommission, die Regensburg favorisierte, wie auch gegen den Oberbefehlshaber Wrede, der Germersheim favorisierte, Ingolstadt als Standort der Landesfestung. Die Beschlüsse und Durchführung der Arbeiten wurden über die Köpfe Wredes und des Kriegsministers Mailots hinweg begonnen. Die Entscheidung war nicht unvernünftig, da Ingolstadt nunmehr fast in der geographischen Mitte des neuen Königreiches lag und überdies sowohl von französischer, als auch österreichischer Seite mit einem Angriff zu rechnen war.
Die Arbeiten begannen 1828 mit der Grundsteinlegung am Brückenkopf für das Reduit Tilly. Am Bau der Festung waren zeitweise bis zu 7000 Arbeiter beschäftigt. Dies vor dem Hintergrund, dass nach dem Schleifen der Festung und dem Weggang der Universität 1800 im Jahre 1818 gerade einmal 4.400 Menschen in Ingolstadt lebten. 1846 betrug die Einwohnerzahl, gewachsen durch den wirtschaftlichen Aufschwung aufgrund der Arbeiten an den Festungsanlagen, bereits über 13.000. Schon 1849 konnte die Verteidigungsfähigkeit der Festung gemeldet werden. Bis 1855 wurden rund 23 Millionen Gulden verbaut, was die Festung zum teuersten Bauprojekt der Regierungszeit Ludwigs I. machte. Die Bauten der Festung am Brückenkopf folgten dem circularen Entwurf Streiters, auf der nördlichen Donauseite kam das Polygonalsystem Beckers zur Ausführung, wobei die südöstliche Flanke nur mit unregelmäßigen Fronten (entlang der Befestigungsreste vor 1800), die Teile nördlich der Schutter als regelmäßige Fronten ausgeführt wurden.
Namen der Befestigungswerke (Fronten und Kavaliere wechseln sich jeweils ab)
- Kavalier Dallwigk, Fronte Raglovic
- Kavalier Heydeck (mit Neuem Feldkirchner Tor), Fronte Rechberg
- Kavalier Elbracht, Fronte Zoller
- Kavalier Spreti (mit Neuem Hardertor), Fronte Vieregg
- Kavalier Hepp (mit Neuem Kreuztor), Fronte Pappenheim
- Kavalier Zweibrücken
- Schutterhof
- Fronte Butler, Turm Baur (ursprüngliche Bezeichnung, nicht zu verwechseln mit dem heutigen Turm Baur auf der rechten Donauseite)
- Fronte Preysing, Turm Triva
- Kehle Deroy
- Brückenkopfbefestigung Tillyveste (heute: Reduit Tilly) mit zwei ovalen Türmen (heute: Turm Baur und Triva)
- Fronte Gumppenberg ebenfalls mit einem flankierenden Turm
Die Kavaliere sind bis auf den Kavalier Spreti, welcher 1963 abgerissen wurde, alle erhalten. Von den Fronten sind lediglich die Fronte Rechberg, sowie die Grundmauern der Fronte Raglovic erhalten. Die Bauten des Brückenkopfs finden sich im heutigen Klenzepark. Darüber hinaus sind Graben und Mauer der unregelmäßigen Fronten sowie die Fronte Preysing (heute Fronte 79) erhalten.
[Bearbeiten] Bau des ersten Vorwerkgürtels
Aufgrund der drohenden Kriegsgefahren erfolgte 1866-1871 der Bau von mehreren Außenforts größtenteils in passagerer Bauweise (Erde und Holz), lediglich drei Werke wurden als permanente (gemauerte) Werke aufgeführt.
[Bearbeiten] Bau des äußeren Fortgürtels
Im Zuge der Verbesserung der Geschütztechnik und der daraus resultierenden größeren Reichweite der Granaten wurde der Bau eines weiter außen liegenden Fortgürtels erforderlich. Die Arbeiten begannen 1875, wobei nach kurzer Zeit aufgrund der sog. Brisanzgranatenkrise bereits neue Verstärkungsmaßnahmen erforderlich wurden, welche bis 1895 abgeschlossen waren.
[Bearbeiten] Literatur
- Kleemann, Otto Geschichte der Festung Ingolstadt bis zum Jahre 1815. Literarisch-artistische Anstalt, München, 1883.
- Aichner, Ernst Der Ausbau und die beginnende Auflassung der bayerischen Landesfestung Ingolstadt. Phil. Dissertation München, 1974.
- Frank Becker, Christina Grimminger, Karlheinz Hemmeter Denkmäler in Bayern. Stadt Ingolstadt. Band I.1, Halbband 1 der Denkmaltopographie der Bundesrepublik Deutschland, München, 2002. ISBN 3-87490-583-7, Seite XCIII-CXXII.
- Aichner, Ernst et.al. Geschichten & Gesichter. Ingolstadt - vom Werden einer Stadt . Bildband zur Ausstellung im Klenzepark, Ingolstadt, 2000. ISBN 3-932113-30-6 S. 140-169