Leverage-Effekt
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Unter Leverage-Effekt (engl. für Hebeleffekt) wird die Hebelwirkung der Finanzierungskosten des Fremdkapitals auf die Eigenkapitalverzinsung verstanden. Diese Hebelwirkung tritt dann ein, wenn ein Anleger Fremdkapital zu günstigeren Konditionen aufnehmen kann als die Investition an Rendite erzielt.
Kann ein Anleger Fremdkapital zu geringeren Zinsen oder günstigeren Konditionen aufnehmen als er mit einem Investment an Rendite erzielt, so spricht man von einem Leverage-Effekt, da der Anleger hier mehr Geld investieren kann als ohne zusätzliches Fremdkapital.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Berechnungsmethode
Falls die Gesamtkapitalrentabilität rGK (Interner Zinsfuß der Investition) höher ist als der Fremdkapitalzinssatz iS, erhöht sich mit zunehmendem Verschuldungsgrad V (Verhältnis von Fremd- und Eigenkapital) die Rendite rEK des eingesetzten Eigenkapitals.
Unter der Prämisse, dass der Fremdkapitalzinssatz auch bei hohem Verschuldungsgrad konstant ist, gilt folgende Formel:
[Bearbeiten] Risiko (Leverage-Risk)
Liegt die Gesamtkapitalrentabilität unter dem Fremdkapitalzinssatz, verringert sich die Eigenkapitalrentabilität umso stärker, je größer der Anteil der Fremdfinanzierung an der Gesamtfinanzierung der Investition ausfällt. Somit liegt das Risiko des Leverage-Effektes in potentiellen Veränderungen der Beschaffungs- und Absatzmärkte bei Beeinflussung der betrieblichen Verzinsung sowie der Finanzmärkte. Zu beachten ist ferner, zu welcher Rendite eventuell überschüssiges oder freigesetztes Kapital angelegt werden kann, wenn der Leverage-Effekt ausgenutzt werden soll.
[Bearbeiten] Finanzwirtschaftliches Risiko (Steigende Fremdkapitalzinsen)
Es besteht eine Unsicherheit über die Höhe der Fremdkapitalzinsen, die variabel sind und ansteigen können.
[Bearbeiten] Leistungswirtschaftliches Risiko
Es kommt zu einer stärkeren Abhängigkeit von Fremdkapitalgebern. Es besteht eine Unsicherheit der mit Investitionen erzielbaren Erträge eines Unternehmens, was eine sinkende Gesamtrentabilität zur Folge haben kann. Dies kann verursacht werden durch:
- höhere Einstandskosten (z.B. Rohstoffe)
- Absatzprobleme und daraus folgend
- geringerer Gewinn
Ein Verstoß gegen Finanzierungsregeln kann ein Problem bedeuten.
[Bearbeiten] Beispiele
[Bearbeiten] Beispiel 1
Ein Unternehmen kann ein Projekt mit einer Rendite auf das eingesetzte Kapital (rGK) von 10 Prozent erzielen. Das gesamte eingesetzte Kapital beträgt 1000 Euro und wurde hälftig durch Eigenkapital und Fremdkapital (also je 500 Euro) finanziert. Der Gewinn vor Zinsen (earnings before interests - EBI) beträgt somit 100 Euro. Der FK-Zins, den das Unternehmen dem FK-Geber zahlen muss, beträgt 2 Prozent = 10 Euro, da 500*0,02. Den Gewinn (90 Euro) erhält das Unternehmen. Die Eigenkapital Rendite beträgt somit 18 Prozent (90/500 * 100 %), da sie diesen Return on Investment bzw. Rohgewinn zur Hälfte aus Eigenkapital erwirtschaftet hat.
Der Leverage Effekt ist die Differenz aus Rendite und Zinsaufwand, also 90 Euro (100-10) oder 18 Prozent auf sein eingesetztes Kapital. Was das bedeutet, wird im Beispiel 2 klar.
Exkurs 1: Die EK-Rendite (Rentabilität) ist geringer, da mehr EK (die Hälfte) zur Verfügung stand.
[Bearbeiten] Beispiel 2
Das gleiche Unternehmen (rGK 10 Prozent, FK-Zinssatz 2 Prozent) reduziert nun den EK-Anteil am Projekt von 500 Euro auf 200 Euro. Für die Lücke kommt FK mit dem unveränderten FK-Zinssatz auf. Somit beträgt das FK nun 800 Euro.
Aus den unveränderten Roh-Gewinnen von 100 Euro müssen nun 16 Euro (800*0,02) für Zinsen bezahlt werden. Der Rest des Gewinnes beträgt 84 Euro, welche mit nur 200 Euro eingesetzem EK-Kapital erwirtschaftet wurden. Die EK-Rendite beträgt neu 42 Prozent (84/200*100).
Exkurs 2: Die EK-Rendite (Rentabilität) hat sich deswegen erhöht, weil weniger EK zu Verfügung stand, jedoch die Gewinnerzielung die gleiche ist.
[Bearbeiten] Beispiel 3
Nun ändern wir die Bedingungen für Fremdkapital fundamental! Plötzlich ist für das Fremdkapital ein Zinssatz von 12 Prozent zu bezahlen (vorher 2%). Aus dem Roh-Gewinn von 100 Euro sind plötzlich 96 Euro (800*0,12) an FK-Zinsen zu bezahlen. Für das Unternehmen verbleiben 4 Euro (100-96), was einer EK-Rendite von nur noch 2 Prozent (4/200*100) entspricht.
[Bearbeiten] Schlussfolgerungen
Die Grundannahme für Beispiel 2 ist, dass die Gesamtkapitalrendite größer als der FK-Zinssatz ist. In einer solchen Konstellation ist es sinnvoll, eigenes Kapital möglichst durch Fremdkapital zu ersetzen. Man kann zudem noch die gezahlten Zinsen von den Steuern absetzen, was einen zusätzlichen Steuervorteil aus der Verschuldung ergibt (Tax Shield). Zinsen bedeuten Aufwand, dieser mindert den Gewinn, welcher versteuert werden muss. Dies wurde jedoch in den obigen Beispielen vernachlässigt.
Falls die Gesamtkapitalrendite kleiner wäre, als der Zinssatz für Fremdkapital, dann würde es sinnvoller sein, die Investition zu unterlassen und das EK zu FK-Zins anzulegen (Kapitalverzinsung zum Beispiel durch Wertpapieranlage). Dadurch würde mehr Ertrag erwirtschaftet werden und zudem kein Investitionsrisiko bestehen. Unter dieser Annahme wird klar, dass der Hebeleffekt nur solange spielt, wie der FK-Zins unter der Gesamtkapitalrendite liegt.
In Beispiel 3 wird klar, dass sich bei teurerem Fremdkapital oder bei einbrechender Rendite die Gesamtrendite entsprechend dem Hebel auch ins Negative kehren kann. Dies ist das Leverage-Risk.
Die Risiken der Nutzung von Fremdkapital für Finanzanlagen (v.a. in Aktien) können sich im ungünstigsten Fall in der Insolvenz der Investoren niederschlagen. Wenn Aktiengeschäfte mit hohen Fremdkapitalquoten getätigt werden, kann eine Erhöhung des Zinsniveaus bei gleichzeitigem Sinken der Aktienkurse zu hohen Verlusten führen. Aus diesem Grunde haben die entwickelten Staaten Regulierungsmechanismen entwickelt, die dem entgegenwirken sollen. Die Große Depression in den 1930er Jahren wurde u.a. durch fremdkapitalfinanzierte Geschäfte ausgelöst und verstärkt.
Zu beachten ist auch, dass Fremdkapital im allgemeinen für eine Gesellschaft größere Risiken birgt, z.B. Gefahr der Überschuldung ("Insolvenzgrund").
Es lässt sich also abschließend sagen, dass durch eine geringe EK-Quote und bei gleichbleibendem Gewinn die EK-Rentabilität steigt, was für die Eigentümer und für mögliche Investoren zunächst sehr verlockend klingt. Dennoch sind die daraus resultierenden Gefahren immer zu beachten.
[Bearbeiten] Leverage-Effekt am Terminmarkt
Analog zu den Wirkungen des physikalischen Hebelgesetzes ermöglicht dieses Phänomen den Terminmarktteilnehmern, mit geringen Mitteln verhältnismäßig große Positionen im Basiswert einzugehen. Dies bedeutet jedoch auch, dass die prozentuale Veränderung der Gewinne und Verluste auf Terminkontrakten und Optionen größer ist als die entsprechende Veränderung des Basiswertes.