Minergie
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MINERGIE ist eine in der Schweiz geschützte Marke für nachhaltiges Bauen. Sie gehört den Kantonen Bern und Zürich. Der Verein MINERGIE betreibt die Zertifizierung und das Marketing dieses Labels.
Minergie ist der wichtigste Energiestandard in der Schweiz für Niedrigenergiehäuser, mit dem Nachfolger Minergie P welches ähnlich wie der Passivhaus Standard in Deutschland (siehe Passivhäuser). Die Anforderungen sind für zwölf Gebäudekategorien (MFH, EFH, Verwaltung, Schulen, Verkauf, Restaurants, Versammlungslokale, Spitäler, Industrie, Lager, Sportbauten, Hallenbäder) verschieden definiert. Ebenso verschieden sind die Anforderungen bei der Sanierung von Altbauten und für Neubauten.
Zurzeit werden etwa 13% der Neubauten und 2% der Sanierungen in der Schweiz nach Minergie zertifiziert. Es handelt sich meist um Wohnbauten, bei den anderen Kategorien existiert teils noch kein einziges gebautes Gebäude. Das Hallenbad in Kilchberg (ZH) soll das erste nach Minergie gebaute sein. Ziel des nationalen Energieprogrammes Energie Schweiz ist ein Marktanteil von 20% der Neubauten bis 2010 und 5–10% der Sanierungen.
Der Minergiestandard ist in Ansätzen mit den deutschen Standards KW40 (Neubauten) und KW60 (Sanierungen) vergleichbar.
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[Bearbeiten] Geschichte
Der Verein wurde 1998 auf privater Ebene gegründet. Die Kantone Bern und Zürich spielten eine Pionierrolle. Der Verein steht aber auch natürlichen und juristischen Personen offen. Das erste Produkt war Minergie als Niedrigenergiestandard. Ende 2001 wurde in einer Pionierphase begonnen, Minergie P als Passivhausstandard einzuführen. Diese Anstrengungen werden bis heute weitergeführt, es gibt mittlerweile über 6700 zertifizierte Minergie Objekte und knapp 130 Minergie P Objekte. .
[Bearbeiten] Zertifizierung
Die Zertifizierung nach Minergie erfolgt aufgrund der Prüfung von Planungswerten, es ist also keine Garantie, dass die zertifizierten Werte tatsächlich eingehalten werden. Untersuchungen der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Soziale Arbeit St. Gallen zeigen jedoch, dass die Werte bei sanierten Wohnbauten und neugebauten EFH im Schnitt unterschritten werden, lediglich bei neugebauten Wohnbauten werden die Standards in der Praxis knapp überschritten.
Minergie versucht Energiestandards in erster Linie mit einer kompakten, gut isolierten und dichten Gebäudehülle zu erreichen. Dies kann mit technischen Auflagen in der Planung gefördert werden und nach der Realisierung mit Messungen wie der Wärmebildaufnahme und dem Blower-Door-Test überprüft werden.
Die Zertifizierung eines Objektes ist kostenpflichtig, für ein kleines Minergiehaus betragen die Gebühren zurzeit 750 CHF.
Für die Zertifizierung gibt es zwei Wege: Den Systemnachweis und die Standardlösung.
[Bearbeiten] Systemnachweis
Für alle Gebäudekategorien mit Ausnahme der neu gebauten EFH muss der Nachweis über den zu erwartenden Energieverbrauch pro Fläche erbracht werden. Der Energieverbrauch darf bei neuen EFH und MFH 42 kWh/m²a nicht übersteigen. Für Sanierungen gilt ein Grenzwert von 80 kWh/m²a. Als Energie wird im Wesentlichen fossile Energie bezeichnet. Das Warmwasser ist im Grenzwert der Einfachheit halber eingeschlossen. Wird das Haus ausschliesslich solar beheizt, spielt Primärenergieverbrauch keine Rolle. Bei Gebäuden über 800 m. ü. M. erhöhen sich die Grenzwerte.
Je nach Gebäudekategorie gelten verschiedene zusätzliche Anforderungen neben dem Energieverbrauch. Bei EFH, MFH, Restaurants und Hallenbädern ist eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung zwingend vorgeschrieben. Damit soll gewährleistet werden, dass Minergiebauten nicht nur als energiesparend, sondern für den Bewohner auch als komfortabel wahrgenommen werden. Bei Verwaltungs- Schulungs- und Verkaufsgebäuden wird zudem eine energieeffiziente Beleuchtung nach SIA 380/4 verlangt.
[Bearbeiten] Standardlösung
Für den einfacheren Nachweis von neu gebauten EFH kann eine von fünf Standardlösungen gewählt werden. Als Standardlösungen stehen zur Wahl:
- Heizung und Warmwasseraufbereitung ganzjährig mit Wärmepumpenheizung basierend auf Sole
- Holzheizung mit Warmwasseraufbereitung über Sonnenkollektoren
- automatische Holzheizung wie Pelletheizung, Warmwasseraufbereitung ebenfalls über die Heizung
- Nutzung von Fernwärme aus Abwärme
- Wärmepumpenheizung mit Luft für Raumheizung und Warmwasser
Ferner müssen bei der Wahl von Standardlösungen Dämmwerte eingehalten werden, für Wände 0.2 W/m²K, für Fenster 1.3 W/m²K. Zusätzlich ist eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung vorgeschrieben.
[Bearbeiten] Würdigung
Mit dem Label wurden für den Laien klare Standards im Bereich des Gebäudeheizenergieverbrauchs geschaffen. Nebst dem ökologischen Effekt führt die vorgeschriebene Isolation zu höheren Oberflächentemperaturen und zusammen mit der verbesserten Dichtheit zu angenehmerem Komfortempfinden. Die Energieeinsparungen sind beträchtlich, benötigt ein Minergiehaus doch nur etwa ein Drittel eines durchschnittlichen Gebäudes oder zumindest die Hälfte eines konventionellen Neubaus. Das Label lernt aus Kritik und entwickelt sich weiter. So wurden mit Minergie-P ein dem deutschen Passivhaus entsprechender Standard geschaffen und mit Minergie-Eco vermehrt ökologische Aspekte berücksichtigt.
[Bearbeiten] Kritik
Dem Standard werden verschiedene Kritikpunkte entgegengebracht:
- Er besagt nichts über den tatsächlichen Energieverbrauch aus, sondern lediglich über den geplanten Wert. Lassen die Bewohner im Winter die Fenster offen, wird der Energieverbrauch höher liegen als geplant. Eine Untersuchung an über 500 MINERGIE-Bauten hat allerdings gezeigt, dass der Standard im Durchschnitt eingehalten wird.
- Das Label dient in erster Linie als Verkaufsargument für nicht-Fachleute beim Neukauf, d.h. im Inserat soll auf den niedrigen Energieverbrauch und die gute Bauqualität des Gebäudes aufmerksam gemacht werden. Natürlich gibt es aber auch Gebäude, die das Label nicht tragen und dennoch die Kriterien erfüllen, denn der Energieverbrauch kann vom Eigentümer/Makler auch mit den technischen Daten, oder bei älteren Objekten mit realen Verbrauchskosten nachgewiesen werden.
- Minergie muss nicht, kann aber bei einer Gesamtbetrachtung wirtschaftlich sein. Die baulichen und technischen Massnahmen sind normalerweise mit höheren Investitionskosten verbunden. Demgegenüber reduzieren sich die Betriebskosten durch den niedrigen Energiebedarf. Die Einsparungen wiegen aber in der Regel bei reinen Wohnbauten die Investitionskosten nicht vollständig auf, weshalb der Entscheid für ein solches Gebäude nicht selten nach finanziellen Kriterien erfolgt.
- Das Kriterium von Minergie, dass die Mehrkosten gegenüber einem „konventionellen Vergleichsobjekt“ nur 10% ausmachen dürfen, ist nur auf Nachfrage der Zertifizierungsstelle nachzuweisen. In der Baupraxis sind solche Angaben aber kaum möglich, weshalb es möglich ist, dass mancher Minergiebau höhere oder niedrigere Kosten verursacht.
[Bearbeiten] Bestehende Objekte
Die bekanntesten sanierten Minergiebauten:
- MGB-Bürohochhaus der Migros,
- das ehemalige UBS-Bürohochhaus und heute städtische Verwaltungsgebäude Werd in Zürich
- das ehemalige SWISSAIR-Verwaltungsgebäude im Balsberg Kloten.
Die bekanntesten MINERGIE-Neubauten:
- Bürohaus Leonardo (CS) Zürich,
- Sunrisetower (BVK) Zürich,
- IBM-Neubau Zürich,
- SAP-Gebäude Regensdorf,
- ZKB-Neubau Hard,
- Neubau der Kantonsschule Schaffhausen,
- div. Verwaltungsbauten von Swiss Re in Adliswil und Zürich,
- Neubau IKEA Spreitenbach,
- Swisscom Businesspark Bern-Liebefeld
[Bearbeiten] Weblinks
- Website des Vereins MINERGIE Infobroschüren, Reglemente, Objektliste
- Minergie-Rating der Berner Gemeinden
- Solargebäude - Beispielbauten Minergie und Minergie-P mit Kostenvergleich