Neo-Modernismus
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Mit dem Schlagwort Neo-Modernismus wird im konfessionellen Zusammenhang das theologische Bemühen bezeichnet, einige Teilaspekte des Modernismus als brauchbare Ansätze für eine Reform von Theologie und Kirche aufzugreifen. Meist wird der Begriff jedoch in kritischer Absicht verwendet, um die Nähe dieser Anstrengungen zum 1907 päpstlicherseits verurteilten Modernismus (alle Nachfolger bestätigten diese Verurteilung) aufzuzeigen. Der Verdacht des Neo-Modernismus richtet sich insbesondere auf drei Konfiktfelder, vorkonziliar, im jüngsten Konzil und nachkonziliar.
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[Bearbeiten] Nouvelle Théologie
Konservative katholische Theologen sehen eine Kontinuität vom Modernismus, den Papst Pius X. 1907-1909 bekämpfte, zur so gen. "Schule von Lyon" und der Nouvelle Théologie, als deren Mittelpunkt der Jesuit und Konzilstheologe Henri de Lubac und der Dominikaner Yves M.-J. Congar gelten. Vor einigen Ansichten dieser neueren Richtung warnte Papst Pius XII. in seiner Enzyklika Humani Generis (1950). Noch Papst Paul VI. billigte dem Thomismus eine Sonderstellung in der Priesterbildung zu (Apostolisches Schreiben Summi Dei Verbum vom 4. November 1963), aber keine Alleinstellung.
Nach eigener Auffassung wandten sich die Urheber der neuen Theologie zwar nicht gegen den Hl. Thomas von Aquin, wohl aber gegen eine als zu eng empfundene Schultheologie, die sich auf die Neoscholastik berief. In der weiteren Verbreitung der neuen Ansätze (insb. wider das päpstliche Credo von 1968) wurde jedoch eine anthropozentrische Vereinfachung der katholischen Lehre populär, wie sie z.B. im Holländischen Katechismus von 1966 ihren Ausdruck fand. Dagegen ist zwar eine Kardinalskommission eingeschritten, doch konnten deren Bemühungen die neue Lehre nicht mehr aufhalten, die heute, jedenfalls in Europa, in etliche religionspädagogische Materialien eingeflossen ist.
[Bearbeiten] Konzilstheologie
Aus der Sicht der Kritiker dieser neuen Ansätze sollte sogar die Erweiterung der vorkonziliaren Theologie um theologische Ansichten bestimmter Kirchenväter und Theologen des ersten christlichen Jahrtausends im Ergebnis nur die Klarheit der Dogmatik schwächen. Motiv dieser Rückbesinnung auf ältere Traditionen sei nur ein unfruchtbarer Archäologismus, der die Kirche für moderne, subjektive Wahrheitskriterien öffne. Die theologischen Arbeiten des I. Jahrtausends würden nur "unter dem Vorwand ihres hohen Alters" wieder ans Licht geholt, um mit solchen Zitaten den Neo-Modernismus zu verhüllen. Die Befürworter der vom Konzil gewollten Öffnung, hin zu einer größeren Bandbreite theologischer Erörterung, halten eine legitime Pluralität theologischer Konzepte jedoch für eine Bereicherung, die vielen überhaupt erst einen Zugang zur Religion ermöglicht habe.
Der Verzicht des Konzils auf Lehrverurteilungen markiere nicht die Absicht, ihm einen niedrigeren, nur "pastoralen" Rang zuzuweisen. Vielmehr wirke diese Methode darauf hin, über die bloß formelhafte Abhandlung von Lehrsätzen zu einer Gesamtschau des Glaubensguts zu gelangen. Dies sei kein Neo-Modernismus, sondern, im Gegenteil, die eigentliche Antwort an die Moderne und so der mühsame, aber unumgängliche Weg zur Überwindung der modernistischen Krise.
[Bearbeiten] Interreligiöser Dialog
Als Beweis für einen fortschreitenden Neo-Modernismus in der katholischen Kirche sieht diese kritische Richtung den interreligiösen Dialog an, dessen sinnfälliger Ausdruck die Gebetstreffen für den Frieden in Assisi 1986 und 2002 waren. Hier zeige sich, dass auch das päpstliche Lehramt, den Paradigmenwechsel hin zum Subjektivismus und Naturalismus mitvollzogen habe. Die gemeinsame Aktion verschiedener Religionen sei dazu geeignet, die Wahrheit und die Wahrnehmung von Wahrheit in der Öffentlichkeit zu relativieren.
Papst Benedikt XVI. hingegen hat in einer Grußadresse zum 20. Jahrestag von Assisi im September 2006 sorgfältig unterschieden zwischen der Notwendigkeit eines authentischen Dialogs und abirrenden Tendenzen, ohne eine Vermischung der Kulte zu billigen.
[Bearbeiten] Gott und die Wissenschaft
Die Vertreter einer modernen Theologie wenden gegen die Kritik seitens des Traditionalismus ein, dass, wer die jüngeren Anstrengungen von Theologie und Kirche um ein vertieftes Verständnis des modernen Menschen, und insbesondere des atheistischen Humanismus, nur in den Kategorien des Modernismusstreits zu deuten verstehe, seinerseits die tiefgreifende Veränderung des modernen Weltbildes (in Folge der humanitären Katastrophen des 20. Jh.) kaum zur Kenntnis genommen habe. Nicht selten bekenne sich als wertkonservativ, wer eigentlich doch nur in Nostalgie verharre. Zugleich habe sich die Naturwissenschaft der religiösen Frage gegenüber wieder geöffnet, indem sie die Allzuständigkeit für eine Aufklärung der Menschheitsprobleme ablehnte.
Wegen der heute allgemein anzutreffenden Wissenschaftsfrömmigkeit wird mit einer Wirkung dieser neuesten wissenschaftlichen Selbstbeschränkung auf das Verhalten breiterer Kreise in Europa jedoch nicht so bald zu rechnen sein. Für die mittlere Sicht halten manche, etwa Jean Guitton, es aber für sicher, dass sich die kirchliche Selbstbesinnung im II. Vatikanum als unerwartet erfolgreich erweisen wird. Einem etwaigen Neo-Modernismus bietet die neueste Wissenschaft jedoch keine Perspektive mehr. Eine im wissenschaftsgläubigen Sinne modernistische Theologie scheitert also heute an der Weigerung der Wissenschaften, ihre Prämissen zu stützen. Bildlich gesprochen, dreht sich heute, da die moderne Physik den Beobachter voraussetzt, also die Sonne wieder um die Erde.