Nowaja Gaseta
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Nowaja Gaseta (russisch Новая Газета, deutsch „Neue Zeitung“) ist eine russische, zweimal wöchentlich erscheinende Zeitung. Sie ist über die Grenzen Russlands bekannt geworden durch investigativen Journalismus unter schwierigsten Rahmenbedingungen.[1]
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[Bearbeiten] Geschichte
Die Nowaja Gaseta wurde im April 1993 von ehemaligen Journalisten der Zeitung Komsomolskaja Prawda gegründet. [2] In der russischen Presselandschaft hebt sie sich durch Artikel über Korruption, organisierte Kriminalität, deren Verbindung zu russischen Amtsträgern sowie ihr Engangement für die Einhaltung der Menschenrechte und eine friedliche Lösung des Tschetschenienkonflikts hervor.[3] In letzter Zeit ist die Zeitung aufgetreten gegen den von der russischen Regierung geschürten Hass auf Menschen georgischer Abstammung. [1]
[Bearbeiten] Organisation
[Bearbeiten] Eigentümerstruktur
Im Juni 2006 teilte der Radiosender Echo Moskwy unter Berufung auf den Geschäftsführer der Nowaja Gaseta, Sergei Koscheurow, mit, dass der ehemalige Präsident der UdSSR Michail Gorbatschow und der Bankier und Dumaabgeordnete Alexandr Lebedew (Partei Einiges Russland) gemeinsam 49% der Anteile an der Nowaja Gaseta erworben haben.[4] Die restlichen 51% befinden sich weiterhin in den Händen des Redaktionskollektivs. Die durch den Verkauf des Anteils eingegangenen Mittel sollen zu einer Erweiterung der Zeitung genutzt werden.[1]
[Bearbeiten] Verbreitung
In mehreren russischen Städten sowie in Kasachstan und Israel erscheint die Nowaja Gaseta als Regionalausgabe, in der Ukraine erscheint sie seit Oktober 2005 als Beilage der russischsprachigen Zeitung Lugantschane. Ihre Auflage liegt, die Beilagen eingerechnet, bei etwa 600.000 Exemplaren (2005).[5] Seit September 2005 erscheint zusätzlich eine Monatsausgabe in Farbe, deren Auflage bei 54.000 Exemplaren liegt (März 2006).
[Bearbeiten] Mitarbeiter
Chefredakteur des Blattes ist Dmitri Muratow. Eine über die Grenzen Russlands hinaus bekannte Mitarbeiterin der Zeitung war die im Oktober 2006 ermordete Journalistin Anna Politkowskaja. Bereits sechs Jahre zuvor fiel der Reporter und Redakteur Igor Domnikow einem Anschlag zum Opfer. Beide Mordfälle sind bislang nicht geklärt.
[Bearbeiten] Staatliche Repressionen
Die Nowaja Gaseta ist ständigem Druck von Seiten der russischen Behörden ausgesetzt. Zu den beliebtesten Mitteln gehören Klagen gegen die Zeitung vor einem Gericht mit nachfolgender Aburteilung, Überprüfungen von Seiten der russischen Finanzbehörden und Kontrollen von Seiten der Brandschutz-Behörde. Dazu kommt Druck auf tatsächliche oder potenzielle Anzeigenkunden.[1] Wie die Deutsche Welle unter Berufung auf den Chefredakteur des Blattes berichtet, wurde beispielsweise der russischen Abteilung eines internationalen Konzerns bedeutet, auf eine Anzeige besser zu verzichten. Der Konzern zahlte dann die für den Anzeigenauftrag vereinbarte Summe, bestand aber darauf, dass die Annonce nicht in der Zeitung veröffentlicht wurde.[1]
[Bearbeiten] Übergriffe auf Mitarbeiter
Journalisten der Nowaja Gaseta wurden auffallend oft Opfer von Erpressungsversuchen, Überfällen und Morden. Neben den erwähnten Morden an Igor Domnikow (12. Mai 2000) und Anna Politkowskaja (7. Oktober 2006), kam es zu dem bislang ungeklärten Todesfall des stellvertretenden Chefredakteurs Juri Schtschekotschichin am 3. Juli 2003.[6]
Weitere bekannte Übergriffe, die nicht tödlich endeten:
- Oleg Lurje: Der Sonderkorrespondent der Abteilung Aufklärung und Recherche wurde am 16. Dezember 2000 von zwei Unbekannten zusammengeschlagen. Die Täter nahmen ihm weder Geld noch Wertsachen ab. Lurje hatte zahlreiche Artikel über Korruption von hochgestellten Staatsdienern verfasst.[6]
- Sergei Solowkin: Am 12. März 2002 wurde der Korrespondent der Zeitung vor seinem Haus überfallen. Der Täter gab zwei Schüsse ab, verfehlte ihn aber. Solowkin erwiderte das Feuer mit seiner eigenen Pistole, die er als ehemaliger Polizist legal besaß. Nach dem Mordanschlag verließ Solowkin Russland und zog nach Deutschland.[6]
- Michail Komarow: Am 3. November 2003 wurde der stellvertretende Chefredakteur der Redaktion Rjasan von zwei Männern vor dem Eingang seines Hauses überfallen und zusammengeschlagen. Die Täter nahmen kein Eigentum des Opfers an sich. Komarow wurde schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht.[6]
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
- Internetausgabe der Nowaja Gaseta (russisch)
- Internetseite zur farbigen Monatsausgabe (russisch) (Ausgaben der zurückliegenden Monate können als pdf-Dokumente heruntergeladen werden)
- Elke Windisch: Sperrige Wahrheiten - Porträt der Nowaja Gaseta In Tagesspiegel vom 14. Oktober 2006
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ a b c d e Gesine Dornblüth: Eine Insel der Wahrheit und Unabhängigkeit im Meer von Konformismus und Lügen In: Deutsche Welle 10. Oktober 2006 (russisch)
- ↑ Nowaja Gaseta: Über die Entstehung der Zeitung
- ↑ Ulrich Heyden: Michail Gorbatschow steigt bei „Nowaja Gaseta“ein In: Eurasisches Magazin vom 30. Juni 2006
- ↑ Mitteilung des Radiosenders Echo Moskwy vom 7. Juni 2006 über Verkauf von Unternehmensanteilen an M. Gorabatschow und A. Lebedew
- ↑ Nowaja Gaseta vom 24. Oktober 2005, Nr. 79: Mitteilung über Auflagenhöhe und Kooperation mit der ukrainischen Zeitung Lugatschane
- ↑ a b c d Chronik der Überfälle und Morde an Journalisten der Nowaja Gaseta In Nowyje Iswestija online (russisch)