Opfer der NS-Militärjustiz
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Als Opfer der NS-Militärjustiz gelten Personen, die von Gerichten im 3.Reich entgegen rechtsstaatlicher Prinzipien verurteilt wurden, während sie einer militärischen Einheit angehört haben. Dazu zählen auch Militärgerichte, Feldgerichte und Ersatzgerichte. Folgende Tatbestände werden dazugezählt:[1]
- Kriegsdienstverweigerung
- Desertion / Fahnenflucht
- Unerlaubte Entfernung (Militär)
- politische Delikte
- Selbstverstümmelung
- Widersetzlichkeitsdelikte
- wehrkraftzersetzende Äußerungen
- Eigentumsdelikte
- Fälschungsdelikte
- Gewaltdelikte
Diese Delikte sind oft kombiniert. Diese Kategorisierung hat zum Ziel, eine Vermengung der Tatbestände und dadurch undifferenzierte Betrachtung der Tatbestände (v.A. Desertion), entgegenzuwirken.
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[Bearbeiten] Geschichtliche Entwicklung:
[Bearbeiten] Deutschland:
Im Mai 1999 wurden deutsche Deserteure generell rehabilitiert und die NS-Urteile aufgehoben. Es steht ihnen oder den Angehörigen eine symbolische Entschädigung zu. Im Gegensatz zu anderen Opfergruppen ist dies abhängig von einer Einzelfallprüfung.
[Bearbeiten] Österreich:
Nach dem Krieg wurden in Österreich bestimmte Opfergruppen anerkannt. Diese bildeten Opferverbände, die gesetzlich Mitbestimmungsrechte erlangten. In der Tradition des reinen Rechtspositivismus entstand 1945 das „Aufhebungs- und Einstellungsgesetz“, welches alle NS-Urteile gegen Österreicher aufhob. Diese allgemeine Amnestie wurde aber dadurch eingeschränkte, dass Urteile im Militärbereich nur dann aufgehoben wurden, wenn sie ’’„gegen die nationalsozialistische Herrschaft oder auf die Wiederherstellung eines unabhängigen Staates Österreich gerichtet war[en]“’’. Da die Erbringung eines solchen Nachweises für oben aufgeführte Tatbestände bis auf Einzelfälle unmöglich ist, blieben die Urteile dieser Gruppe aufrecht. Als Konsequenz hatten sie gewisse versorgungsrechtliche Nachteile, vor allem weil die Haftzeiten nicht für die Pensionsberechnung anrechenbar waren.
Im Jahr 2005 wurden alle Urteile durch das Anerkennungsgesetz aufgehoben und Deserteuren oder deren Nachkommen eine einmalige Unterstützung eingeräumt. Diese umfasst eine aufwändige Einzelfallprüfung.
[Bearbeiten] Kritik
- Durch die gesetzlichen Unschärfen entstand der Zustand, dass Soldaten, die aus der Wehrmacht desertierten und wieder gefangen und verurteilt worden waren, keine Möglichkeiten der Pensionsanrechnung hatten, der SS-Wärter, der sie bewachte, hingegen schon.
- Die in der Moskauer Deklaration (1943) ihren Ursprung findende These, Österreich sei das erste Opfer des zweiten Weltkriegs, verhinderte eine in die breite Bevölkerung getragene Debatte über Desertion. Deserteure und deren Familien lebten jahrzehntelang im Glauben, ihre Tat sei Unrecht gewesen.
- Die Debatte um die Anerkennung von Deserteuren im Jahr 2005 wurde von der Diskussion über Anerkennung für „Trümmerfrauen“ überschattet. Durch die Einzelfallprüfungen ist eine Zuerkennung fast unmöglich, da keine Dokumente vorhanden sind.
[Bearbeiten] Denkmäler
(für Denkmäler zu den einzelnen Tatbeständen: siehe Links bei den Tatbeständen)
in Österreich:
- Gedenktafel für die Opfer der NS-Militärjustiz im Wiener Donaupark - Kagran, gestiftet von der Stadt Wien und dem Bundesministeriums für Landesverteidigung, 1984.
[Bearbeiten] Quellenangaben:
- ↑ Vgl. Fritsche, Maria: Österreichische Opfer der NS-Militärgerichtsbarkeit. In Manoschek, Walter: Opfer der NS-Militärjustiz. Wien, 2003. S. 80-103. Hier: S. 81.
[Bearbeiten] Literatur
für Österreich:
- Manoschek, Walter: Opfer der NS-Militärjustiz. Wien, 2003.
- Metzler, Hannes: Desertion im Hohen Haus. Die Rehabilitierung der Deserteure der Wehrmacht ; ein Vergleich von Deutschland und Österreich unter Berücksichtigung von Luxemburg. Dipl.-Arb. Uni Wien, 2006.
[Bearbeiten] Opferverbände und Initiativen
für Deutschland:
- Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz
- http://fami.oszbueroverw.de/deserteure/index.htm
für Österreich:
- Personenkomitee “Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz”
- Deserteurs- und Flüchtlingsberatung Wien
- Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW)
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