Platons siebenter Brief
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Platons siebenter Brief stammt aus einer Sammlung von dreizehn Briefen Platons. Die meisten dieser Briefe erweisen sich als unecht, da es in der Antike durchaus üblich war, die Namen bekannter Persönlichkeiten als Träger eigener Gedanken zu benutzen (Pseudepigraphie). Der siebte Brief gilt jedoch in der Forschung nach fast einhelliger Überzeugung als echt, da er fast alle Merkmale eines echten Briefes trägt.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Vorgeschichte
Die Vorgeschichte des Briefes ist eng mit der politischen Geschichte Siziliens verbunden. Insgesamt dreimal weilte Platon in Sizilien. Zuerst als fast Vierzigjähriger im Jahr 388 v. Chr. Auf dieser Reise lernt Platon Dion kennen, und es entwickelt sich zwischen beiden eine intensive Freundschaft, durch die Dion für die Ideenwelt Platons gewonnen wird.
Im Jahr 367 stirbt der Herrscher der Stadt Syrakus, Dionysios I. und sein Sohn Dionysios II. folgt ihm in der Herrschaft. Der mit beiden verwandte Dion sieht die Chance gekommen, den politisch unbedarften Dionysios II. für die Philosophie Platons zu gewinnen. Im Jahr 367 bittet er Platon zu seiner Unterstützung nach Syrakus zu kommen. Der Plan misslingt jedoch. Dion wird verbannt und Platon selbst kann nur mit Mühen die Erlaubnis einer Heimkehr erreichen.
Die dritte Reise wird gänzlich katastrophal. Am Ende ist Platon faktisch ein Gefangener des Dionysios und kann nur mit Hilfe seiner pythagoreischen Freunde aus Unteritalien die Freiheit wieder erlangen. Daraufhin unternimmt Dion mit einigen Freunden einen Feldzug gegen Dionysios II. und es gelingt ihm, diesen 357 aus Syrakus zu vertreiben. Für vier Jahre herrscht Dion über die Stadt. Es gelingt ihm jedoch nicht, sein politisches Programm zu verwirklichen, ja er muss selbst zu Gewaltmitteln greifen und erscheint bald selbst als Tyrann. 354 wird er von einem der Teilnehmer seines Feldzuges ermordet. Zwar gelang es seinen Anhängern 353 die Herrschaft über die Stadt erneut zu erlangen, aber sie befanden sich in einer schwierigen Lage, in der sie sich an Platon um Hilfe wendeten. Der siebente Brief ist Platons Antwort auf ihren Hilferuf.
[Bearbeiten] Inhalt des Briefes
So wird dieser Brief zu einer Mischung aus einem politischen Traktat und einer Rechtfertigung seiner eigenen Rolle in den Geschehnissen der vergangenen Jahrzehnte. Hauptanliegen seines Ratschlages ist die Unterwerfung der Ratsuchenden unter die Herrschaft der Gesetze. Dies hatte er schon Dion und Dioniysios II. zu erläutern versucht. „Wenn nämlich die siegreiche Partei mehr noch als die besiegten sich dem Gesetze unterwirft, dann ist Rettung und Glück gewährleistet.“
Voraussetzung dafür ist – und daran scheiterte Platons zweiter Besuch und sein Kontakt mit Dionysios II. - die Bereitschaft, das eigene Leben diesen Gesetzen zu unterwerfen.
Hier schildert Platon sein Verhältnis zu Dionysios II. und kommt dann zu einer überraschenden Zusammenfassung seiner eigenen Erkenntnistheorie. Sie beginnt mit einer Stufenleiter der Erkenntniswege auf der man zu dem zu Erkennenden stoßen könne. Die Stufenleiter beginnt mit der geringsten Form der Erkenntnis, nämlich dem Namen des zu erkennenden Gegenstandes. Es folgt die Definition, als drittes das Abbild, dann die Erkenntnis und schließlich die zu erkennenden Idee selbst. Dabei befasst sich die vierte Stufe, also die Erkenntnis mit den ersten drei Stufen. Nur wer die vier ersten Stufen vollzogen hat kann am Ende der Untersuchung zur Idee selbst vordringen.
Voraussetzung für diesen letzten Schritt ist etwas, das Platon die „Wohlgeschaffenheit“ nennt und das letztlich nicht verfügbar ist, da sie auf einem guten Charakter und auf Begabung beruht. Letztlich leuchtet diese Erkenntnis plötzlich wie ein Licht nach langem Bemühen in uns auf. Beschreibbar im eigentlichen Sinne ist diese Erkenntnis jedoch nicht.
Der Brief endet damit, dass Platon den Anhängern des ermordeten Dion rät, sich ganz den Gesetzen zu unterwerfen. Nur dann, wenn die siegreiche Partei die Gesetze nicht zu ihrem eigenen Vorteil ausnutzt ist in einem Staatswesen Glückseligkeit erreichbar.
[Bearbeiten] Fazit
Der siebente Brief gibt einen wunderbaren Einblick in die Altersphilosophie Platons und ist eine unschätzbare Quelle für seinen eigenen Werdegang und seine Motive, sich politisch und philosophisch zu betätigen. Außerdem stellt er eine Selbstreflexion über den gescheiterten Versuch der praktischen Anwendung seiner politischen Ideen dar.
[Bearbeiten] Quellen
- Platon: Siebter Brief, in Werke ²1990, Bd. 5, S. 366-443
- Der siebente Brief, Nachwort und Übersetzung durch Ernst Howald, Reclam, Stuttgart 1964 (Reclams Universal-Bibliothek) ISBN 3-15-008892-5 (Nachdruck 1993)
[Bearbeiten] Literatur
- Franz Egermann: Die platonischen Briefe VII und VIII. Eine Unters. ihrer histor. Voraussetzungen sowie ihres Verhältnisses zueinander (Dissertation), Linz 1928 (Opuscula Philologa des katholisch-akademischen Philologenvereins an der Universität Wien. H. 3)
- Richard Hönigswald: Vom Erkenntnisbegriff des VII. Platonischen Briefes, Brill, Leiden 1939
- Eugen Dönt: Platons Spätphilosophie und die Akademie. Untersuchungen zu den platonischen Briefen, zu Platons ungeschriebener Lehre und zu Epinomis d. Philipp von Opus, Österreichische Akademie der Wissenschaften/Böhlau, Graz - Wien - Köln 1967 (Sitzungsberichte / Österreichische Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse, Bd. 251, Abh. 3)
- Andreas Graeser: Philosophische Erkenntnis und begriffliche Darstellung. Bemerkungen zum erkenntnistheoretischen Exkurs des VII. Briefs, Steiner, Stuttgart 1989 (Abhandlungen der Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Klasse / Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Jg. 1989, Nr. 4) ISBN 3-515-05471-5