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Platon - Wikipedia

Platon

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Platon (griechisch Πλάτων, latinisiert Plato) war ein antiker griechischer Philosoph und lebte von 427 v. Chr. bis 347 v. Chr. in Athen. Er gilt als einer der bedeutendsten Philosophen der Geschichte.

Platon
Platon

Inhaltsverzeichnis

Leben

Platon stammte aus dem angesehenen altadligen Athener Geschlecht der Kodriden, dem auch Solon angehört hatte. Er hätte wie dieser in der Politik Karriere machen können, aber die Hinrichtung seines Lehrers Sokrates 399 v. Chr. ließ in ihm die Überzeugung reifen, dass die Stadt von den Sitten der Väter abgefallen sei und überhaupt alle Staaten schlecht verwaltet seien (Plat. VII. Brief 325 f.; die Mehrheit der modernen Forscher geht davon aus, dass der Brief echt ist). Nach acht Jahren des Beisammenseins mit Sokrates verließ er nach dessen Tod Athen und ging auf Reisen.

Er besuchte u. a. die Pythagoreer in Unteritalien und nahm 388 v. Chr. Verbindung mit Dionysios I., dem Tyrannen von Syrakus auf Sizilien auf. Er überwarf sich mit diesem, schloss aber Freundschaft mit Dion, dem Schwager und Schwiegersohn des Tyrannen (Plutarch von Eretria, Dion 11 ff.). Nach seiner Rückkehr begründete Platon in Athen um 387 v. Chr. im heiligen Hain des Heros Akádemos die danach benannte Akademie als die erste Athener Philosophenschule. Sie blieb die bedeutendste Universität der antiken Welt, bis sie von dem oströmischen Kaiser Justinian I. 529 n. Chr. geschlossen wurde (Johannes Malalas, 451).

Platon
Platon

366 v. Chr. unternahm Platon eine zweite Reise nach Syrakus auf Einladung des Tyrannen Dionysios II. Er hoffte, den Machthaber dafür gewinnen zu können, seinen Idealstaat in der Realität zu verwirklichen. Doch zeigte sich Dionysios ebenso unbelehrbar wie der Philosoph Platon unbeugsam. So endete auch diese 2. Reise mit einer herben Enttäuschung.

Um 350 v. Chr. legte Platon nach seinen Erfahrungen in Sizilien in seinem unvollendeten Alterswerk über die "Gesetze" (Nomoi (griech.); De Legibus (lat.)) - posthum redigiert und ediert durch Platons Sekretär Philippos von Opus: Diogenes Laertios III 37 - einen zweiten Staatsentwurf vor, der theorieferner und praxisnäher ist und bei seinen Bürgern nicht so viel Opferbereitschaft voraussetzt wie noch der Staat der "Politeia".

Platons Philosophie

Die Dialogform des Platonischen Werkes

Der Gesprächscharakter der Lehre spiegelt sich in der Dialogform von Platons Schriften wider. Sie bieten nicht ein Lehrgebäude als fertiges System, sondern wollen dessen Entstehungsprozess anschaulich darstellen. Hauptfigur in den frühen Dialogen ist Sokrates. Ihm legt Platon seine philosophischen Theorien in den Mund. Jedoch ist die Grenzlinie zwischen Platons eigener Philosophie und der des Sokrates schwer zu ziehen. Man geht davon aus, dass Platon vor allem in den sogenannten Frühdialogen - oder auch aporetischen Dialogen - (Apologie, Kriton, Charmides, Laches, Lysis, Protagoras, Sophistendialoge usw.) die Ideen des Sokrates wiedergibt, während er in den Spätdialogen seine eigenen Gedanken niedergeschrieben hat.

Die Frühdialoge

Die frühen Dialoge Platons zeichnen sich sowohl durch besondere methodische als auch dramatische und inhaltliche Merkmale aus.

  1. Die Grundmethode, die im Rahmen dieser Dialoge angewandt wird, ist die Methode des "Elénkhos", der Widerlegung der Ansicht des anderen Gesprächspartners.
  2. Das auffälligste dramatische Merkmal dieser Dialoge ist jedoch, dass Sokrates die wichtigste Figur des Gesprächs ist. Er bestimmt die Grundfrage des Dialogs, orientiert die Antwort der anderen Gesprächspartner und prägt die ganze Diskussion durch seine Persönlichkeit und seine Ironie. Neben Sokrates sind die anderen Figuren entweder Sophisten (Protagoras im gleichnamigen Dialog) oder junge bzw. ungebildetete Leute (wie Charmides oder der Sklave im Menon).
  3. Die Frühdialoge Platons interessieren sich vor allem für ethische Fragen. Es geht darum, Begriffe wie die Frömmigkeit, (Charmides), die Gerechtigkeit (im ersten Buch des Staats) und vor allem die Tugend und ihre unterschiedlichen Formen zu bestimmen (wie im Protagoras).
Platon gemalt von Raffael
Platon gemalt von Raffael

Die frühen Dialoge Platons sind aus verschiedenen Gründen von Interesse. Sie sind erstens die hauptsächliche Quelle für die Philosophie des Sokrates, der selbst keine schriftlichen Aufzeichnungen hinterlassen hat. Ihre Bedeutung für die Philosophiegeschichte ist also immens. Sie sind auch wichtig, weil ihre Thematik das ganze Platonische Werk bestimmt: die Dialektik, die Tugend oder das Wesen der philosophischen Diskussion prägen in der Tat sein ganzes Oeuvre.

Theorie der Erkenntnis und Ideenlehre

Auf die aporetischen Definitionsdialoge der frühen Schriften folgte in den mittleren Werken Platons die Einführung der Ideen-"Lehre" (hier wird häufig die Trennlinie zwischen sokratischer und platonischer Philosophie gesehen). Platon entwickelte die Ideenlehre, nach der die sinnlich wahrnehmbare Welt einer unsichtbaren Welt der Ideen nachgeordnet ist. Von einer "Ideenlehre" zu sprechen ist jedoch in zweierlei Hinsicht missverständlich. Erstens formuliert Platon in seiner Philosophie keine einheitliche Lehre. So werden etwa Elemente, die in früheren Dialogen Teil einer solchen Systematik zu sein scheinen, in späteren Dialogen kritisiert, wenn nicht gar verworfen. Zweitens findet sich in Platons Philosophie für diese Entitäten - wie in vielen anderen Fällen - keine einheitliche Terminologie. So bezeichnet er häufig die "Idee des Schönen" als "das Schöne selbst" oder als "das Schöne an sich". Platons "Ideen" weisen folgende Merkmale auf: Sie sind

  1. ontologisch höherrangig (primär) d. h. in höherem Maße seiend als die sinnlich wahrnehmbaren Einzelgegenstände;
  2. epistemisch höherrangig (primär);
  3. unvergänglich;
  4. unveränderlich;
  5. Ursache dafür, dass etwas so ist, wie es ist.

Ontologisch höherrangig meint, dass die Ideen in höherem Maße seiend, die einzig wahrhaft seienden Wesenheiten sind. Die sinnlich wahrnehmbaren Gegenstände besitzen für Platon nur ein unbedeutendes Sein (eine Auffassung, die er aus der Ontologie des Parmenides übernimmt). Ursache sein meint, dass etwa das Schöne (Gerechte, Gleiche, etc.) selbst Ursache dafür ist, dass die einzelnen Dinge, die schön (gerecht, gleich, etc.) sind, genau dies sind. Eine Rose ist etwa deshalb schön, weil sie an der "Idee des Schönen" teilhat. Die Teilhabe (méthexis) bezeichnet neben dem Verhältnis der Einzelgegenstände zu den Ideen auch das Verhältnis unseres Erkenntnisvermögens zu den Ideen sowie das Verhältnis einiger Ideen untereinander.

Indem Platon also eine radikale Spaltung der Realität in Ideenreich (vorgängig) und sinnlich wahrnehmbare Welt (abgeleitet) vollzog, brach er nicht nur mit der Philosophie der Vorsokratiker, sondern konzipierte gleichzeitig auch ein dualistisches Weltbild, das - vor allem vermittelt durch das Christentum - die abendländische Geistesgeschichte bis heute beeinflusst.

Ideen und Erkenntnis

Wissen ist für Platon nicht Abstraktion, gewonnen aus Erfahrung und Überlegung, wie es sein Schüler Aristoteles annimmt. Vielmehr ist für Platon etwa die Erkenntnis, dass zwei Gegenstände oder zwei Zahlensummen gleich groß sind, nur dadurch möglich, dass sowohl die Erkennenden als auch die wahrgenommenen Gegenstände an der Idee des Gleichen teilhaben. In einigen Dialogen scheint Platon zudem die Position zu vertreten, dass vermeintliche Erkenntnis dadurch zustande kommt, dass wir ein vorgeburtliches Wissen (apriorisches Wissen) in unserer Seele besitzen, an das wir uns erinnern (Anamnesis).

Die Idee des Guten

Jede Idee ist einzigartig, und da sie Sein hat, ist sie auch immer mit sich selbst identisch. Die Ideen untereinander haben insofern teil aneinander, als eine bestimmte Idee anderen Ideen übergeordnet ist. Diese höchste Idee ist - der Politeia zufolge - die Idee des Guten bzw. die Idee der Ideen. Sie ist die höchste Idee, da die "gewöhnlichen" Ideen aus ihr hervorgehen. D. h. explizit, dass die Idee des Guten den Ideen ihr Sein und Wesen verleiht. In gewisser Hinsicht ist die Idee des Guten daher eine Art Meta-Idee. Als höchste (um nicht zu sagen absolute) Idee hat sie ihr Sein und Wesen aus sich heraus (vgl. Aseität), nicht erst durch Teilhabe. Auf Grund der ursächlichen Funktion der Idee des Guten ist es das höchste Ziel des Philosophen (φιλόσοφος; wörtlich: "Freund der Weisheit"), die Idee des Guten zu erkennen, insofern dies möglich ist, und laut der Politeia Voraussetzung dafür, Philosophenherrscher zu werden. Platon lässt Sokrates an einigen Stellen verdeutlichen, welche "Meinungen" er von der Idee des Guten hat; er tut dies mit Hilfe der drei berühmten Gleichnisse: Sonnengleichnis, Liniengleichnis und Höhlengleichnis.

'Wissen(schaft) ist nur als Einheit möglich.'

Die Thesen (a), dass die besten Herrscher die Philosophen sind und (b) dass die Philosophen in der Idee des Guten das höchste Wissen erlangt haben, sind charakteristisch für folgende zentrale Ansicht Platons: (c) 'Wissen bzw. Wissenschaft (ἐπιστήμη) ist nur als Einheit möglich. Diese Position besagt, dass es keine voneinander getrennten Einzelwissenschaften geben kann (etwa die Politik, die Astronomie, die Mathematik etc.), die unterschiedliche Grundprinzipien besitzen (in dieser Ansicht wird Aristoteles Platon widersprechen). Folgerichtig sind die verschiedenen Bereiche der Philosophie Platons miteinander verbunden. So sind Erkenntnis- und Seinslehre (Ontologie) verbunden mit einem Menschenbild (Anthropologie), das allein aus der Liebe, dem Eros zum Guten aus edler Menschlichkeit, der Kalokagathia, die lebensnotwendige und erkenntnisstiftende Dynamik erhält. Nicht unwesentlich für Platon ist auch das Komplement des dynamischen Eros, das beständig freundliche Gefühl der Philia, das unverzichtbare irrationale Element einer stabilen Ganzheit (Einzelseele, persönliche Freundschaft, Staat, Kosmos).

Philosophische Methode: Dialektik

"Dialektik" (griechisch διαλεκτική [τέχνη]) bedeutet eigentlich "(die Kunst der) Gesprächsführung". Der Begriff soll (nach Aussage des Aristoteles) von dem Philosophen Zenon von Elea geprägt worden sein, uns tritt er aber in den Werken Platons zum ersten Mal entgegen.

In Platons früher Philosophie bedeutet "Dialektik" einfach eine bestimmte Form der Gesprächsführung, bekannt als sokratischer Dialog: Zwei Partner unterhalten sich über einen Gegenstand. Ausgangspunkt ist eine Begriffsdefinition des Sprechers A (Proponent). Auf der Grundlage dieser Definition stellt B (Opponent) dann Fragen an A. Die Rollen sind dabei auf charakteristische Weise verteilt: Der Definitionsgeber A antwortet meist auf Fragen seines Opponenten, dieser jedoch (in platonischen Dialogen in aller Regel Sokrates, nach eigenem Bekennen ein notorischer "Nicht-Wisser") stellt darauf hin weitere Fragen. Das Gespräch endet oft in einer Aporie; der Erkenntnisgewinn durch die dialektische Methode besteht dann also darin, dass nicht haltbare Definitionen als unzulänglich entlarvt werden.

Im mündlichen Unterricht in der Akademie war die Dialektik der Weg des Aufstiegs zum Einen.

Der platonische Eros

Der platonische Eros ist der stufenweise Weg zur Erkenntnis des Schönen und Guten an sich. Platon legt ihn im Symposion dar, bzw. er lässt ihn Sokrates in einer Art Mythos verkünden, den dieser von der Priesterin Diotima empfangen haben will. Der echte Philosoph geht demnach von der Liebe zu einem schönen Menschen hinauf zur Liebe zu allem Schönen und schließlich zur Liebe zum Schönen selbst, zur Idee des Schönen an sich. Jedoch ist dieses "Stufenverfahren" kein Weg zur systematischen Erkenntnis aller anderen Ideen.

Politische Philosophie

Hauptartikel: Politeia

Platons staatstheoretisch wichtigstes Werk ist der Dialog über den Staat, die "Politeia" (lat. De re publica), den er um 370 v. Chr. verfasst hat. Der Untertitel lautet: Über das Gerechte, to dikaion. Er resultierte aus Platons Verzweiflung an der attischen Demokratie und am ungerechten Todesurteil, welches das Volksgericht über Sokrates gefällt hatte.

Der ideale Staat entsteht für Platon aus Gründen der Arbeitsteilung, weil keiner von uns sich selbst genügen kann, er besteht jedoch um eines höheren Ziels willen: der Gerechtigkeit. Diese entsteht durch Arbeitsteilung und Einteilung in Stände. Platons utopischer Staat ist gegliedert in den Handwerker- und Bauernstand, den Stand der Wächter und den der Regenten (Philosophen). Die Angehörigen dieser Stände zeichnen sich nach Platon jeweils durch besondere Eigenschaften ("Tugenden") aus. Positiv ausgedrückt entsteht Gerechtigkeit, wenn jeder das tut, was er am besten kann. Ein einzelner Mensch ist dann gerecht, wenn seine Seelenteile (Beherrschtheit, Begierden, Weisheit) im Gleichgewicht und in Harmonie untereinander stehen.

Weil vor der Geburt den Menschen unterschiedliche Fähigkeiten zugeteilt wurden (Lachesis-Mythos), soll durch ein Aussiebungsverfahren im Bildungsprozess eine Einteilung in die drei Stände erfolgen. Ein Stand ist nicht erblich, sondern wird durch persönliche Leistung im Bildungsprozess erreicht. Deshalb wird das Neugeborene Kind den Eltern weggenommen und unter völliger Gleichberechtigung von Jungen und Mädchen von Erziehern herangezogen. (Diese harte Forderung relativiert Platon in den Nomoi (Gesetzen) wieder.) Dadurch soll eine große Gemeinschaft entstehen, da ein Kind sehr viele Mütter und Väter und Geschwister hat. Nicht-taugliche Säuglinge, also solche, die aus unerlaubten Beziehungen hervorgehen, werden nach dem Vorbild Spartas umgebracht. Die Regeln der Erziehung werden in Platons Politeia lange erörtert, wobei alle Menschen die gleiche Erziehung durchlaufen. Besonderen Wert legt Platon auf körperliche Ertüchtigung und musische Ausbildung. Mit dem Ausscheiden aus dem Bildungsprozess (welches sich nach den Fähigkeiten des Einzelnen richtet) fällt die Zuteilung in einen Bildungsstand. Wer frühzeitig aus dem Bildungssystem ausscheidet, wird Bauer oder Handwerker (entsprechend seiner Fähigkeiten, die er im Sinne von Platons Gerechtigkeitsdefinition ausüben soll). Wer weiter gebildet wird, wird "Wächter" also Krieger. Erst wer sich in diesem Stand profiliert hat und weiterhin eine tiefgreifende Ausbildung durchlaufen hat, wird Philosoph und damit Herrscher.

Denn Platon fordert, dass die Philosophen Könige werden (oder andersherum). Im Höhlengleichnis erklärt er, warum nur Philosophen in der Lage seien, die Politik zu lenken. (Philosophenherrschaft)

Wirkungsgeschichte

Als begnadeter Stilist ist Platon - vor allem mit seinen Frühdialogen - bis heute immer wieder im Stande, seine Leser für die Philosophie zu begeistern. Schon in der Antike galt er als Meister des urbanen Dialogs; seine Schriften wurden mehr geschätzt als die exoterischen Schriften des Aristoteles, die wohl ähnlich gestaltet waren, aber nicht erhalten geblieben sind (s. Corpus Aristotelicum).

Platons Philosophie hat Auswirkungen bis in die heutige Zeit. Sein bekanntester Schüler Aristoteles hat seine Philosophie allerdings weitgehend abgelehnt, vor allem die Ideenlehre, und in seinem Werk Nikomachische Ethik eine eigene Ethik entworfen. Die platonische Schule entwickelte zunächst einen philosophischen Skeptizismus, fand dann aber im 1. / 2. Jahrhundert zu einer systematischen Lehre (Mittelplatonismus). Im 3. Jahrhundert n. Chr. begründete Plotin das weltanschauliche System des Neuplatonismus; zentrale platonische Schrift für diese Neubelebung des Platonismus ist der Dialog Timaios. Lehren Platons und seiner Schule sind über die Kirchenväter (s. Patristik) in das christliche Glaubens- und Gedankengut eingeflossen.

Rezeption

Platon mit Schülern, Mosaik aus Pompeji
Platon mit Schülern, Mosaik aus Pompeji

Platon ist es gelungen, eine auf der Aktivität und Struktur des menschlichen Geistes gründende Erkenntnistheorie darzulegen, die nach ihm von Augustinus von Hippo weiterentwickelt und in dieser Höhe auch vom rationalen Idealismus späterer Jahrhunderte nicht übertroffen worden ist. Da praktisch alle Themen, die in der Philosophiegeschichte eine Rolle spielen, bereits bei Platon zu finden sind (auch wenn die Antworten der späteren Philosophen sich von denen Platons oft stark unterscheiden), bemerkte Alfred North Whitehead einmal pointiert, dass alle späteren Entwürfe der europäischen Philosophie im Grunde nur Fußnoten zu Platon seien (Process and Reality. An Essay on Cosmology 1929, 63). Auch Karl Popper (The open society and its enemies, Bd. 1, dt. Der Zauber Platons 1944, 2. Auflage 1970, 141) hat sich mit Platon intensiv auseinandergesetzt und ihn - wenn auch kritisch (Totalitarismusverdacht) - zum größten Philosophen aller Zeiten erklärt. Auch wer das für übertrieben hält, wird einräumen, dass Platon das römische, das christliche, das islamische und neuzeitliche Staatsdenken wie kein zweiter antiker Philosoph inspiriert hat. Zuletzt hat Francis Fukuyama ("Das Ende der Geschichte" 1992, 444) erklärt, die liberale Demokratie unserer Zeit sei deswegen die beste aller möglichen Staatsformen, weil sie jene Prinzipien verwirkliche, die Platon in der "Politeia" aufgestellt habe und so das Gleichgewicht der drei Seelenteile verbürge.

Werke

  • Prozess und Tod des Sokrates
    • Apologie Die Verteidigungsrede des Sokrates vor der Geschworenenversammlung, vgl. hierzu auch die "Apologie" von Xenophon.
    • Kriton Vergeblicher Versuch, Sokrates nach dem Todesurteil zur Flucht zu überreden.
    • Phaidon Über Philosophie und Tod, sowie die Unsterblichkeit der Seele; Schilderung von Sokrates' Tod.
  • Sophistendialoge
    • Protagoras Wie kann man Tugend lehren?
    • Ion Wissen und Fähigkeiten eines Rhapsoden (eine Art Vortragskünstler).
    • Hippias Maior Das Wissen des Hippias um schöne, edle Menschlichkeit.
    • Hippias Minor Das Wissen des Hippias um Tugend.
    • Euthydemus Über die Weisheit des Sokrates und die der Sophisten und die Macht der Rhetorik.
  • Personen- bzw. themenbezogene, begriffsklärende Gespräche
    • Laches Wodurch Söhne recht tüchtige Männer werden können.
    • Charmides Besonnenheit und Erkenntnis des Guten.
    • Euthyphron Über das Wesen der Frömmigkeit. (siehe auch: Euthyphron-Dilemma)
    • Lysis Über Freundschaft und Liebe.
    • Theages Klärung eines Berufswunsches.
    • Alkibiades I Wie und wodurch wird Alkibiades ein guter Staatsmann?
    • Alkibiades II Über den Sinn des Betens.
    • Amatores Über die Philosophie.
    • Gorgias Nicht Rhetorik, sondern Philosophie lehrt Tugend.
    • Kratylos Über die Bedeutung der Sprache.
    • Menexenos Sokrates hält eine Rede an die Gefallenen.
  • Ideendialoge
  • Ideenkritische Dialoge
    • Parmenides Über das Sein der Ideen.
    • Theaitetos Über vier aporetisch endende Definitionen von Wissen.
    • Sophistes Zum Wesen des Sophisten und des Philosophen/ Begründung einer Partizipationsmetaphysik.
    • Politikos Staatskunst und Regierungsformen.
    • Philebos Über das Gute und wie es zu erreichen ist.
  • Briefe
    • 1. Brief Rücksendung des Reisegelds und Ermahnung an Dionysios
    • 2. Brief Über die wünschenswerte Beschaffenheit des Verhältnisses zwischen Platon und Dionysios
    • 3. Brief Verteidigung gegen Verleumdungen
    • 4. Brief Ratschläge an Dion
    • 5. Brief Empfehlung des Euphraios an den makedonischen König Perdikkas III.
    • 6. Brief Aufforderung zur Freundschaft
    • 7. Brief Über die Unmöglichkeit der Darstellung philosophischer Erkenntnis
    • 8. Brief Ratschläge an Dions Freunde im Sinne Dions
    • 9. Brief Pflicht zu Beschäftigung mit dem Gemeinwesen
    • 10. Brief Lob für Freundschaft mit Dion
    • 11. Brief Unwirksamkeit einer bloßen Aufstellung von Gesetzen
    • 12. Brief Dank für empfangene Schriften
    • 13. Brief Rechenschaft über Verwendung von Geldern

Anm.: Die Aufteilung der Werke in diese Gruppen ist nicht von Platon selbst. Einige Dialoge und die meisten Briefe werden für "unecht" gehalten, d.h. es ist ziemlich sicher, dass Platon nicht der Autor dieser Werke ist.

Werkausgaben und Übersetzungen

  • Platon: Sämtliche Dialoge. Hrsg. v. Otto Apelt, unveränderter Nachdruck d. Ausg. v. 1920/22, 7 Bde. Meiner, Hamburg 2004. ISBN 978-3-7873-1156-9

Friedrich Schleiermacher schuf 1804-1810 eine Übersetzung der Platondialoge. An dieser sind insbesondere die Einleitungen zu den Dialogen, aber auch die sprachliche Qualität hervorzuheben.

Platons sämtliche Werke sind 1994 auf deutsch bei Rowohlt in einer Paperbackausgabe erschienen. Titel: Platon: Sämtliche Werke. Band I-IV. Hamburg 1994. Die einzelnen Schriften darin werden im Vorspann mit den im Text wieder auftauchenden Überschriften als Inhaltsverzeichnis eingeleitet. Übersetzung nach Schleiermacher. Die Ausgabe enthält kein Register.

  1. Platon: Apologie des Sokrates, Kriton, Ion, Hippias II, Theages, Alkibiades I,Laches, Charmides, Euthyphron, Protagoras, Gorgias, Menon, Hippias I, Euthydemos, Menexemos. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1994 ISBN 3-49-955561-1
  2. Platon: Lysis, Symposion, Phaidon, Kleitophon, Politeia, Phaidros. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1994 ISBN 3-49-955562-X
  3. Platon: Kratylos, Parmenides, Theaitetos, Sophistes, Politikos, Philebos, Briefe. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1994 ISBN 3-49-955563-8
  4. Platon: Timaios, Kritias, Minos, Nomoi. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1994 ISBN 3-49-955564-6

Eine griechisch-deutsche Taschenbuch-Gesamtausgabe in zehn Bänden hat 1991 der Insel-Verlag herausgegeben. Titel: Platon: Sämtliche Werke. Band I-X. Frankfurt a. M. und Leipzig 1991. Auch hier wurde überwiegend auf Schleiermachers Übersetzungen zurückgegriffen, aber auch auf einige andere Übersetzer weniger bekannter Schriften. Derzeit vergriffen; neue Auflage in Planung.

Die Werke Platons werden nach der sogenannten Stephanus-Paginierung zitiert.

Literatur

Es gibt eine Fülle von Literatur zu Platon. Eine brauchbare Übersicht hierzu liefert:

  • Herwig Görgemanns: Platon. Heidelberger Studienhefte zur Altertumswissenschaft. Heidelberg 1994, ISBN 3-82-530203-2. (Bibliographisches, Informationen zur Quellenlage, Biographie, philosophiegeschichtl. u. liter. Übersicht über den Inhalt d. meisten Werke.)

Einführungen:

  • Julia Annas: Plato. A very short introduction., Oxford 2003. (Einführung einer renommierten Platonkennerin.)
  • Michael Bordt: Platon, Freiburg 1999.
  • Karl Bormann: Platon, August 2003. (Ehemaliger Universitätsprofessor, der die zentralen Gebiete der platonischen Lehre klar gegliedert darstellt.)
  • Michael Erler: Platon, München 2006, ISBN 3406541100.
  • Richard Kraut (Hg.): The Cambridge Companion to Plato, Cambridge 1992. (Mehrere einzelne Aufsätze, herausgegeben von einem der bekanntesten modernen Platonforschern.)
  • Thomas A. Szlezak: Platon lesen. Stuttgart-Bad Cannstatt 1993. (Führt v.a. die Funktion Dialogs aus; favorisiert dabei die „Ungeschriebene Lehre“.)
  • Barbara Zehnpfenning: Platon zur Einführung, Junius, Hamburg 1997, ISBN 3885069474, 3. Auflage 2005.
  • Uwe Neumann: Platon, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 2001, ISBN 3-499-50533-9

Zur Philosophie Platons:

  • Franz von Kutschera: Platons Philosophie, Paderborn 2002. 3 Bde. (Bd.1: frühe, Bd.2 mittl. u. Bd. 3 späte Werke). (Stellt kurz dar und interpretiert jede platon. Schrift und stellt sie in den Kontext des Gesamtwerks. Zudem enthält Bd. 3 allg. Kapitel über „Ungeschriebene Lehre“, Ideenlehre, Dialektik, und Staatsphilosophie.)
  • Gernot Böhme: Platons theoretische Philosophie, Stuttgart (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) 2000. (Mit ausführlicher Darstellung der platonischen Dialektik.)
  • W.K.C. Guthrie: A History of Greek Philosophy. Vol. 5: Plato. The Man and His Dialogues. Earlier Period. - Vol. 6: The Later Plato and the Academy. Cambridge: CUP, 1975-1978. (beste Gesamtdarstellung, zugleich gute Einführung in die Sekundärliteratur; beginnt leider zu veralten)

Lexika/Wörterbücher:

  • Friedrich Ast: Lexicon Platonicum sive vocum Platonicarum index. Nachdr. WBG, Darmstadt 1956.
  • Christoph Horn und Christof Rapp: Wörterbuch der antiken Philosophie. München 2002.

Staatsphilosophie:

  • Henning Ottmann: Geschichte des politischen Denkens, Bd. 1, 2. Hälfte, Stuttgart und Weimar 2001.

Siehe auch

Weblinks

s:
Wikisource
Wikisource: Πλάτων – Quellentexte
s:
Wikisource Latein
Wikisource: Plato – Quellentexte (lat.)
commons:Hauptseite
Commons
Commons: Platon – Bilder, Videos und/oder Audiodateien
b:
Wikibooks
Wikibooks: Philosophieren heißt Sterben lernen – Lern- und Lehrmaterialien



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