Polizeigewahrsam
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Das Rechtsinstitut Polizeigewahrsam (PG) ist eine in Deutschland nach den Polizeigesetzen der Bundesländer und des Bundes (bspw. Bundespolizei) zulässige polizeiliche Maßnahme zum Zwecke der Gefahrenabwehr. Adressat ist die zustandsverantwortliche Person.
Es handelt sich um den Rechtseingriff in die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 GG). Geschütztes Rechtsgut ist die Unversehrtheit der Rechtsordnung durch Abwehr einer konkreten Gefahr. Der polizeiliche Gewahrsam ist eine Freiheitsentziehung im Sinne des Art. 104 Abs. 2 GG, es gilt somit der Richtervorbehalt. Die Einholung einer richterlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit und die Fortdauer des Gewahrsams kann entfallen, wenn zu erwarten ist, dass der Grund bis dahin entfallen würde. Eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit kann dann auf Betreiben des Betroffenen erst im Nachhinein vorgenommen werden.
Je nach Polizeirecht existieren verschiedene Arten des Gewahrsams:
- Sicherungsgewahrsam - Zweck
- Verhütung oder Unterbindung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten durch die in Gewahrsam genommene Person
- Schutzgewahrsam - Zweck
- Schutz vor Gefahren für Leib oder Leben der in Gewahrsam genommenen Person
- Durchsetzungsgewahrsam - Zweck
- Durchführung eines Platzverweises, der nicht befolgt wurde
- Verbringungsgewahrsam - Zweck
- Transport zu einem anderen Ort, an dem der Störer nicht mehr wie im bisherigen Rahmen die öffentliche Sicherheit und Ordnung tangiert (der Gewahrsam bezieht sich auf die Zeit, in der der Störer transportiert wird)
- Unterbindungsgewahrsam - Zweck
- Verhinderung einer bereits begangenen Tat oder Störung.
In manchen Ländern (z.B. Bayern) ist ein Gewahrsam von Minderjährigen zulässig, die sich an Orten aufhalten, an denen ihnen eine sittliche Gefahr oder Verwahrlosung droht, oder die sich der Obhut ihrer Erziehungsberechtigten entzogen haben. Die Wiederergreifung entwichener Strafgefangener ist ein Gewahrsam und somit kein erneuter Vollzug des entsprechenden Haftbefehls oder Urteils.
In manchen Fällen hängt die Dauer des Gewahrsams mit einem Ereignis zusammen. Der Grund der Maßnahme entfällt dann mit dem Ende des Ereignisses (z. B. Ladenschluss bei einem Dauerladendieb oder Ende einer aufgelösten Demonstration).
Der Polizeigewahrsam wird durch Ingewahrsamnahme vollzogen, d. h. die Person wird gefangen und i. d. R. in eine Haftzelle verbracht. Der Gewahrsam beginnt jedoch bereits mit den ersten Handlungen der Maßnahme, d.h. Festhalten bzw. Erklärung der Maßnahme.
Abgrenzung: Es ist streng zwischen dem Gewahrsam, der Festnahme und der Verhaftung zu unterscheiden. Auch bei rechtswidrigen Taten, die mit Strafe bedroht sind und von schuldunfähigen Personen begangen werden, wird ein Polizeigewahrsam vorgenommen. Festnahmen sind nicht möglich, da für solche Personen die Voraussetzungen (Merkmal der Schuld) fehlen. Dies trifft beispielsweise bei Kindern zu, die tatbstandsmäßig (jedoch nicht schuldhaft) einen Diebstahl begangen haben.
Auch die Hilfe bei der Befreiung von Dritten aus dem Polizeigewahrsam ist ein Vergehen der Gefangenenbefreiung.
[Bearbeiten] Geschichte
Geschichtlich gesehen gab es auch im Bereich des Polizeigewahrsams Veränderungen. So wurden z. B. in der Kaiserzeit obdachlos gewordene Personen und Landstreicher oft in Polizeigewahrsam genommen.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Schutzhaft
- Vorführung (Recht) - bei Amtshilfe außerhalb des Strafverfahrensrechtes
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