Qualitative Analyse
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Die qualitative Analyse beschäftigt sich mit dem Nachweis chemischer Elemente, funktioneller Gruppen oder Verbindungen, ohne deren Mengenverhältnisse zu berücksichtigen. Dieser geschieht durch Nachweisreaktionen oder auf instrumentellem Wege.
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[Bearbeiten] Anfänge, Entwicklung und Methoden der Analytischen Chemie
Immer wieder stießen Menschen auf unbekannte Flüssigkeiten, Gegenstände, Nahrungsmittel und Getränke, deren unbekannte Wirkung sie untersuchen wollten. Während einige vorsichtige Regierende in Antike und Mittelalter zu derlei „lebensmittelanalytischen“ Zwecken Sklavinnen und Sklaven als Vorkoster(innen) einsetzten - und wohl auch verbrauchten - , hielten sich andere Monarchen an ihren Höfen oft Gelehrte. Probier- und Experimentierkünstler, Hofastrologen und -theologen, Ärzte, Kräuterfrauen, Quacksalber, Alchimisten, Meister und Magier gaben ihre oft geheimen Entdeckungen und Erfahrungen von Generation zu Generation weiter - und mit dem Aufkommen naturwissenschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsmethoden entwickelten sich erste systematische Vorgehensweisen zur Untersuchung unbekannter Proben auf die in ihnen enthaltenen Stoffe.
Eine der wohl ältesten „analytischen“ Methoden zur Untersuchung einer unbekannten Metallprobe war vielleicht das archimedische Prinzip, - die Entdeckung jenes wohlbekannten Griechen, der in der Badewanne „Heureka“ rief (übersetzt etwa: „Ich hab’s !“): Die Bestimmung der Dichte, also der Masse (Waage) und des Volumens einer Krone (durch Untertauchen in Wasser; Wasserverdrängung/Auftrieb), um echtes von falschem Gold unterscheiden zu können. Der Mathematiker, Techniker und Physiker Arcimedez bzw. Archimedes lebte ca. 285-215 v.Chr. in Syrakus, - er entwickelte angeblich Flaschenzüge, Brennspiegel, Wurfmaschinen und mechanische Bewässerungsanlagen, entdeckte erste Methoden zur Berechnung von Quadratwurzeln, von Kreisumfängen und Näherungswerten für die Zahl pi, zur Lösung kubischer Gleichungen mit Kegelschnitten sowie die Gesetze der schiefen Ebene, des Schwerpunktes, des Hebels und eben des Auftriebes. Bei der Eroberung der Stadt Syrakus wurde er jedoch - als nunmehr etwa 70jähriger Greis - von einem römischen Soldaten erschlagen.
Auch „chemische“ Analysemethoden gab es schon, noch bevor sich die Chemie als Naturwissenschaft etablierte (und von der Alchimie trennte) - schon Plinius wusste Eisensulfat in Grünspan nachzuweisen, indem er Galläpfelsaft einsetzte (dieser bildet mit Eisen-II-ionen eine schwarze Eisenverbindung).
Nach Entdeckung der Salpeter- und Schwefelsäure in den Vitriol-, Alaun- und Salpetersiedereien (Byzanz, 13. Jahrhundert) konnte man Silber- und Goldlegierungen auch chemisch voneinander unterscheiden: Silber löst sich in Salpetersäure („Scheidewasser“) auf, - Gold nicht. Als man dann Salmiaksalz in Salpetersäure löste, war das „Königswasser“ entdeckt (Venedig, 15. Jahrhundert) - es löste selbst den König der Metalle auf, das Gold. Und mit Hilfe von Kupfersalzlösungen - hergestellt z.B. aus Scheidewasser und Bronze - lehrte Andreas Libavius (ca. 1550-1616), wie man Ammoniak („Salmiakgeist“) im Wasser nachweist: Kupfersalzlösungen färben sich „durch den Salmiakgeist“ tiefblau.
Robert Boyle entwickelte 1685 den folgenden, ersten „Analysengang“ zur Untersuchung der Qualität eines Gewässers ohne gesundheitsschädliche Geschmacksproben:
- Messung der Temperatur und Bestimmung der Dichte (Volumen abmessen und Wiegen)
- Vorsichtige Bestimmung von Farbe, Geruch und Wirkung auf die Haut
- Ermittlung beweglicher Teilchen im Wasser mit Hilfe von Vergrößungsgläsern („Mikroskop“) und der Wirkung von Luft auf die Wasserprobe,
- Test mit Galläpfelsaft (sind im Wasser Eisensalze enthalten, so färbt es sich schwarz, mit Kupfersalzen auch rot und/oder trüb),
- Test mit Veilchen- oder Rotkohlsaft (basische Lösungen färben den Saft grün)
Friedrich Hoffmann erweiterte den „Analysengang“ 1703 um den Nachweis von Kochsalz (Nachweismittel: „Höllenstein“, ein Salz, dass er beim Auflösen von Silber in Scheidewasser gewann) und Schwefelverbindungen (mit Hilfe von Quecksilber und/oder Quecksilbersalzen), und zur Zeit Bergmanns (um 1780) umfasste der „Reagentiensatz“ des „Analytikers“ schon Lackmus, Veilchen- und Galläpfelsaft, Schwefelsäure, Oxalsäure, Pottasche, Kalkwasser, Höllenstein, „Bleizucker“ (= Bleiacetat) und „Spiritus“ (Ethanol).
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich schließlich nach Entdeckung immer weiterer Elemente ein für Laien bald kaum noch überschaubares Repertoire an Nachweismethoden und Nachweisreaktionen. Und um zu verhindern, dass bestimmte Stoffe gezielte Nachweisreaktionen (durch Färbungen, Trübungen usw.) störten, entwickelten Chemiker schließlich ein Trennsystem: Sie trennten mit Hilfe bestimmter Fällungsmittel (Gruppenreagentien) die nachzuweisenden Metallsalze (Kationen) in Gruppen von Niederschlägen und Lösungen auf - der klassisch-nasschemische "Kationentrenngang" entstand. Dieser basierte auf der Basis von Ausfällungen und Säure-Base-Reaktionen und dem methodisch immer gezielteren Einsatz immer gleicher, effizienter Fällungs- und Nachweismittel in Laboratorien.
[Bearbeiten] Anorganische Chemie
Die erste Prüfung einer kleinen Teilmenge des Stoffgemisches erfolgt nach äußeren Eigenschaften wie
- Farbe,
- Beschaffenheit,
- Kristallform,
- eventuell auch Geruch und Geschmack, jedoch ist wegen der möglichen Toxizität der unbekannten Substanzen stark von Geruchs- und Geschmacksproben abzuraten!
und dann werden in Vorproben
- die Löslichkeit,
- das Verhalten beim Erhitzen (Lötrohrprobe),
- die Färbung der Borax- oder Phosphorperle und
- die Flammenfärbung getestet.
Der größere Teil wird dann vollständig in Lösung gebracht, denn fast nur aus Lösungen lassen sich die für einzelne Ionen charakteristischen Färbungen und Niederschläge erzeugen. Schwer lösliche Verbindungen werden mit starken Säuren oder Salzschmelzen aufgeschlossen.
Im Trennungsgang, auch Kationentrenngang genannt, werden die gelösten Ionen mit Hilfe von Reagenzien in Gruppen aufgeteilt, innerhalb derer weitere Trennungen vorgenommen werden, um schließlich die isolierten Ionen mit Spezialreagenzien nachzuweisen (Identifizierungsreaktion, Nachweisreaktion). Diese Gruppen bezeichnet man als Fällungsgruppen. Der Kationentrenngang wird im Chemiestudium in der Reihenfolge von oben nach unten durchführt:
Gruppenname | Reagenz | abgetrennte Ionen | Vorgehen | Prinzip |
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N2H4 | Pt2+/4+, Pd2+/4+ | einige Edelmetalle werden durch Hydrazin zu Metall reduziert und können anschließend wieder gelöst und identifiziert werden | |
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HCl | Ag+, (Pb2+), (Hg1+) | siehe Salzsäuregruppe | Fällung schwerlöslicher Chloride im sauren |
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H2S in Salz- oder Essigsäurelösung | Cu2+, Sn2+/4+, Cd2+, Hg1+/2+, Pb2+, As3+/5+, Sb3+/5+ | siehe Schwefelwasserstoffgruppe | Fällung schwerlöslicher Sulfide im sauren |
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C6H12N4 | Fe3+, Al3+, Cr3+ | siehe Ammoniumsulfidgruppe, Urotropin-Gruppe | Fällung schwerlöslicher Hydroxide dreiwertiger Kationen im alkalischen |
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(NH4)2S | Co2+, Ni2+, Zn2+, Mn2+ | siehe Ammoniumsulfidgruppe | Fällung weiterer schwerlöslicher Sulfide, nun im alkalischen |
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(NH4)2CO3 | Ba2+, Sr2+, Ca2+ | siehe Ammoniumcarbonatgruppe | Fällung schwerlöslicher Carbonate im alkalischen |
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direkt, weil viele Ionen durch die bisherigen Fällungen abgetrennt | Na+, NH4+, K+, Mg2+, Li+ | siehe Nachweisreaktionen, Lösliche Gruppe |
[Bearbeiten] Organische Chemie
In den vergangenen Jahrhunderten haben sich zahlreiche Menschen mit Einzelaspekten der qualitativen organischen Analyse beschäftigt. Auf diese Weise wurden Spezialreagenzien zum Nachweis verschiedener bedeutender funktioneller Gruppen entwickelt, z. B. Fehlingsche Lösung, Lukas-Reagenz u. v. a.
Die ersten umfassenden Trennungs- und Analysengänge für die qualitative organische Analyse wurden im 20.Jahrhundert verfasst. Das Schema eines solchen Analysenganges sieht wie folgt aus:
- Trennung des unbekannten Analysengemisches durch Säulenchromatographie, Destillation oder Fällung bzw. Extraktion (Ether-Trennungsgang)
- Bestimmung der physikalischen Eigenschaften der einzelnen Substanzen, also Aggregatzustand, Farbe, Geruch, Siede-/Schmelzpunkt, Brechzahl, pH-Wert der Reinsubstanz und in wässriger Lösung. Unter Zuhilfenahme bestimmter Literatur oder Software, z. B. Beilstein, kann dann die Auswahl der möglichen Stoffe hier schon stark eingegrenzt werden.
- Elementaranalyse durch Natrium-Aufschluss ermöglicht den Nachweis von Stickstoff (Laissagne-Probe), Schwefel (Bleisulfid-Fällung) und Halogenen (Fällung mit Silbernitrat) in der ursprünglichen Substanz.
- Nachweis funktioneller Gruppen, z. B. Alkohol oder Amin, durch charakteristische Reaktionen
- Eindeutige Identifizierung durch Herstellung eines charakteristischen Derivates
[Bearbeiten] Moderne
Heutzutage sind qualitative Schnellanalysen mit spezifisch empfindlichen Reagenzien üblich. Auch hat die Instrumentelle Analytik wesentlich mehr Gewicht, selbst für sehr einfache qualitative Fragestellungen. Schwierigere Fragestellungen etwa aus der organischen oder der Biochemie werden meist durch Chromatografie und spektroskopische Methoden gelöst.
Dennoch widmen sich die ersten Semester des Chemiestudiums intensiv dem Kationentrenngang und seinen Nachweisreaktionen, weil er wichtige Stoffkenntnisse vermittelt.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Küster Thiel 105. Auflage, "Rechentafeln für die Chemische Analytik", Berlin / New York 2003
- Gerhart Jander: Einführung in das anorganisch-chemische Praktikum. S. Hirzel Verlag, Stuttgart 1990 (in 13. Aufl.), ISBN 3-7776-0477-1
- Udo R. Kunze, Georg Schwedt: Grundlagen der qualitativen und quantitativen Analyse, 5. überarbeitete Auflage, Wiley-VCH, Weinheim, 2002 ISBN 3-527-30858-X
- Michael Wächter: Stoffe, Teilchen, Reaktionen. Verlag Handwerk und Technik, Hamburg 2000, S.154-169 ISBN 3-582-01235-2
- Bertram Schmidkonz: Praktikum Anorganische Analyse. Verlag Harri Deutsch, Frankfurt 2002, ISBN 3-8171-1671-3