Regelleistung
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Die Regelleistung (seltener auch Regelenergie) gewährleistet die Versorgung der Verbraucher mit genügend elektrischer Energie in ausreichender Qualität bei unvorhergesehenen Ereignissen im Stromnetz. Dazu können kurzfristig Leistungsanpassungen bei regelfähigen Kraftwerken durchgeführt werden, schnell anlaufende Kraftwerke (z. B. Gasturbinenkraftwerke) gestartet oder Pumpspeicherwerke eingesetzt werden.
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[Bearbeiten] Regelzone
Die Bundesrepublik Deutschland ist in vier Regelzonen aufgeteilt, in denen jeweils ein Netzbetreiber die Verantwortung für das Gleichgewicht von Ein- und Ausspeisungen im Stromnetz hat. In Deutschland werden insgesamt 7000 Megawatt positiver Regelleistung (zusätzliche Leistung für den Engpassfall), und 5500 Megawatt negativer Regelleistung (Senkung der Produktion bzw. künstliche Erhöhung des Verbrauchs) vorgehalten. Die Kosten dafür betragen etwa 40 Prozent des gesamten Übertragungsnetzentgeltes.
Die Schweiz hat sieben Regelzonen und übergeordnet einen zentralen Netzregler für die gesamte Schweiz. Dieser greift zur Ausregelung der Schweiz auf die unterlagerten Netzregler zu. Österreich ist in drei Zonen aufgeteilt. Es gibt eine für Ost-Österreich, eine für Tirol und eine weitere für Vorarlberg. Die Vorarlberger Regelzone ist der aus Baden-Württemberg unterlagert.
Die Kosten für die Bereitstellung von Regelenergie können erheblich sein. Je nach Versorgungslage im Stromnetz können für eine Megawattstunde bis zu 1500 Euro von den Energieversorgern berechnet werden.
[Bearbeiten] Leistungsreserve
Wenn der erwartete Leistungsbedarf nicht dem erwarteten Leistungsangebot entspricht, muss die Abweichung kompensiert werden. Dies kann sowohl von der Seite der Leistungserbringer verursacht sein (z.B. durch Prognosefehler, also Abweichungen des Istwerts von der Ertragsprognose bei Windenergieanlagen oder durch Störfälle bei konventionellen Großkraftwerken) und auch bei den Leistungsnehmern (z.B. großer Verbraucher schaltet unerwartet ab, Abschaltung von Teilnetzen in Folge von Kurzschlüssen). Diese Leistungsdifferenzen zwischen Erzeugung und Verbrauch können also zu einer positiven oder zu einer negativen Abweichung führen, die durch eine entsprechende Leistungsreserve ausgeglichen werden muss.
[Bearbeiten] Primärregelung
Die Primärregelenergie dient dazu, Frequenzschwankungen, hervorgerufen durch Leistungsdifferenzen, im Sekundenbereich zu begrenzen. Jedes Energieversorgungsunternehmen im Europäischen Verbundnetz muss innerhalb von 30 Sekunden zwei Prozent seiner momentanen Erzeugung als Primärregelreserve zur Verfügung stellen. Dabei beteiligt sich nicht jedes Kraftwerk an der Primärregelung (bspw. Windparks, Photovoltaikanlagen, etc.). Es ist unerheblich, in welchem Bereich des europäischen Verbundnetzes (UCTE) eine Schwankung auftritt, da die momentane Netzfrequenz sich im gesamten Netzbereich aufgrund von Lastschwankungen verändert. Diese wird für den proportionalen Primärregler, der an der Primärregelung teilnehmenden Kraftwerke, mit der Sollfrequenz von 50 Hz verglichen. Kommt es zu einer Abweichung, so wird Primärregelleistung in jedem beteiligten Kraftwerk (meist alle Kraftwerke über 100 MW Nennleistung) gemäß der Reglerkennlinie aktiviert und die Frequenz so gestützt (bei sprunghafter Lastzunahme) bzw. eine weitere Frequenzsteigerung (bei Lastabnahme) verhindert. Die Kraftwerke müssen innerhalb von 30 Sekunden die Leistungsabgabe erhöhen bzw. verringern und diese bis zu 15 Minuten halten können.
Vorteilhaft für die negative Minutenreserve ist die teilweise Frequenzabhängigkeit von Lasten, die bei Frequenzerhöhung über die Beziehung eine höhere Leistung vom Netz abfordern. Diesen Effekt gibt es auch bei Unterfrequenz mit umgekehrtem Vorzeichen.
Wenn die Abweichung kleiner als 10 mHz ist, erfolgt abhängig von der verwendeten Primärregelvorhaltung keine Aktivierung der Primärregelung. Dann wird eine Frequenzschwankung, die über die langsame Sekundärregelung ausgeglichen wird in Kauf genommen.
[Bearbeiten] Sekundärregelung und Minutenreserve
Die Sekundärregelung hat die Aufgabe, die auftretende Frequenzabweichung auszuregeln. Diese Ausregelung erfolgt im jeweiligen von der Störung bzw. Lastschwankung betroffenen Netzabschnitt bzw. Regelzone. Nach spätestens 15 Minuten muss entsprechend der Vorgaben der UCTE der sekundäre Regelvorgang abgeschlossen sein.
Die Höhe der sekundär zur Verfügung gestellten Leistung hängt zum einen von der Netzkennzahl und der Frequenzabweichung ab, zum anderen von der Differenz aus den tatsächlichen Austauschleistungen zu Nachbarnetzen und den als Fahrpläne deklarierten Austauschleistungen. Durch einen Vergleich der tatsächlichen Austauschleistungen mit den deklarierten und der Frequenzschwankung wird die Sekundärreserve nur genau in dem Netzabschnitt eingesetzt, in dem die Ursache für die aufgetretene Frequenzabweichung lag.
Auch bei der Minutenreserve wird zwischen negativer und positiver Regelenergie unterschieden. Die Minutenreserve wird durch Kraftwerke erbracht, die an die Sekundärregelung des Übertragungsnetzbetreibers angeschlossen sind. Dies müssen regelfähige Kraftwerke sein, wie z.B. Pumpspeicherkraftwerke oder Steinkohlekraftwerke. Um die Lastschwankungen ausregeln zu können, müssen die Kraftwerke kurzzeitig ihre Leistung mit einem Gradienten von mindestens zwei Prozent ihrer Nennleistung verändern können. Bei einer Nennleistung von 800 MW wären dies beispielsweise ±16 MW, um die die Leistung angepasst werden kann.
Bei besonderen Betriebszuständen zur Aufrechterhaltung der Systemsicherheit ist es auch möglich, große Lasten vom Netz zu trennen.
Für die negative Minutenreserve stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung:
Bei Frequenzsteigerungen können zusätzliche Lasten in Form von Pumpspeicherkraftwerken, Nachtspeicherheizungen etc. im Netz aktiviert werden. Außerdem ist es möglich, die erzeugte elektrische Leistung in den Kraftwerken innerhalb kürzester Zeit durch Schließen der Dampfventile und Reduzierung der Brennstoffzufuhr bzw. Speisewasserzufuhr in thermischen Kraftwerken zu verringern.
[Bearbeiten] Beschaffung von Regelenergie
Die Beschaffung von Regelenergie erfolgt durch die Betreiber von Übertragungsnetzen. Dabei ist ein Ausschreibungsverfahren durchzuführen, welches diskriminierungsfrei und transparent ist (§ 22 Abs. 2 EnWG). Die deutschen Betreiber von Übertragungsnetzen haben für die Ausschreibung von Regelenergie unter www.regelleistung.net eine Internetplattform eingerichtet, über die eine gemeinsame Ausschreibung der Regelleistungsarten abgewickelt werden soll. Seit 01. Dezember 2006 wird Minutenreserve auf der gemeinsamen Internetplattform ausgeschrieben. Die gemeinsame Ausschreibung der Primär- und Sekundärregelung erfolgt sobald die Bundesnetzagentur die Ausschreibungsbedingungen festgelegt hat.
Siehe auch: