Rohlfs-Orgel Norden
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Die Rohlfs-Orgel des Esenser Orgelbauers Johann Gottfried Rohlfs in der Evangelisch-Freikirchlichen Christuskirche (Baptistengemeinde) an der Osterstraße ist die zweitälteste Orgel in Norden (Ostfriesland).
Die Orgel wurde 1796-1799 im barocken Stil erbaut und zunächst in der Mennoniten-Kirche in Norden (erbaut 1685, seit 2. April 1797 für gottesdienstliche Feiern genutzt) aufgestellt.
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[Bearbeiten] Geschichte
- 1796/1797: 87 jugendliche Mitglieder der Norder Mennonitengemeinde schenken ihrer eigenen Gemeinde eine Orgel. Der Bauleiter, Heere Dirks Stroman, lässt das Werk von Johann Gottfried Rohlfs für 400 Reichsthaler erbauen. Die Orgel besitzt ein Klavier und hat ein angehängtes Pedal.
- 1889: Die Mennoniten-Gemeinde ist mit dem Klang der Orgel nicht voll zufrieden. Orgelbauer Diepenbrock, Norden, baut 1890 ein Register Principal 8' ein. Am 6. November 1890 wird die erweiterte Orgel begutachtet: „es ist zu vollster Zufriedenheit ausgeführt“.
- 1900: Durch Orgelbauer Wilhelm Bruns wird ein neues Gutachten erstellt. Hieraus geht hervor, dass einige Register „erneuerungsbedürftig“ sind. Außerdem wird das „angehängte Pedal“ und das Fehlen einer zweiten Klaviatur beanstandet. Die Mennoniten-Gemeinde trennt sich von ihrer Rohlfs-Orgel und verkauft sie für 450 Goldmark an die Norder Baptistengemeinde.
- 1914–1918: In diesen Jahren müssen die meisten Zinnpfeifen für Rüstungszwecke abgeliefert werden. Die Gemeinde erhält dafür 571,72 Reichsmark. Die Prospekt-Pfeifen Praestant 4') werden später durch sehr hart klingende Zinkblech-Pfeifen ersetzt.
- 1948/1949: Orgellbauer Puchar baut das bislang angehängte Pedal „freispielend“ um.
- 1958/1959: Die Orgelfirma Alfred Führer, Wilhelmshaven, überholt die Orgel. Hierbei werden die schon 1900 ausgesprochenen Beanstandungen (fehlendes 2. Manual, fehlender Pedalbass) behoben. Das Orgelgehäuse mit dem vorn in der Mitte befindlichen Spieltisch blieb im Wesentlichen unverändert. Das nunmehr untere mit Knochen belegte Manual bleibt erhalten. Auch die Windlade (Schleiflade) stammt noch vom ersten Erbauer. Bei dem Umbau wird sie lediglich geteilt und erhält einen zweiten, vorne liegenden Ventilkasten für das obere Manual. Der Tonumfang ist C-d3. Bei diesen Umbaumaßmahmen werden für die damalige Zeit zum Teil moderne (Kunststoff-)Bauteile verwendet. Dieses hat sich nicht bewährt, weil Kunststoffe mit den Jahren doch altern und schrumpfen. Hierdurch wurde die Spielart unangenehm zäh, durch Windverlust in den Zuführungen geriet der Klang kraftlos und ohne Glanz.
- 1994: Durch Orgelbauer Bartelt Immer, Norden, erfolgt eine Generalüberholung der technischen Anlage der Orgel. Das Instrument wird vollständig in seiner Werkstatt restauriert. Hierbei wird die Windlade total zerlegt und entsprechend repariert. Die Gehäuseteile wurden abgebeizt und erhalten die ursprüngliche weiße Farbgebung wie die Veenhusener Rohlfs-Orgel von 1801. Die bisher auf beide Werke verteilten Rohlfs-Register werden im Oberwerk vereinigt; aus Glöcklein 1' wird Quint 11/3'. Der Austausch des Registers Praestant (Zinkpfeifen) gegen Principal 4' entsprechend der von Rohlfs bekannten Ausfürung wird allerdings aus finanziellen Grüden auf 1998 verschoben. Die Gesamtstimmung ist auf „Alte Stimmung“ gelegt, die unterschiedliche Halbtonabstände beinhaltet, so dass Tonarten mit vielen Vorzeichen sehr unsauber klingen. Die absolute Tonhöhe ist mit a1 = 440 Hertz angegeben.
- 1998 erfolgt die Rekonstruktion der fehlenden Rohlfs'schen Register: Principal 4' aus Bleipfeifen (nur 28 % Zinngehalt) mit Rundlabien; im Prospekt sind diese Pfeifen mit Zinnfolie belegt. - Nasat 3' (zur Mündung sich konisch verjüngend) und Mixtur 3fach. Da Rohlfs immer die gleichen Mensuren bei 4'-Orgeln verwendete, konnten die Register seiner Orgel in Veenhusen gut kopiert werden. So bietet die Orgel im heutigen Zustand einen in sich geschlossenen Klangcharakter, den Rohlfs'schen Intentionen entsprechend. Am 9. Mai 1998 konnte der 200jährige Geburtstag der Orgel gefeiert werden. Hierbei spielte Kantor Ruge, Organist an der großen Arp Schnitger-Orgel in der Norder Ludgeri-Kirche, das Instrument. Er hat durch seine Gutachten und Überwachung der Erhaltungsarbeiten wesentlich zum Erhalt dieser zweitältesten Orgel in Norden beigetragen.
[Bearbeiten] Disposition
Die Rohlfs-Orgel hat folgende Disposition:
seit 1959 | seit 1994/1998 | |||
Hauptwerk | Rohrflöte 8' | Rohrflöte 8' | ||
Praestant 4' | Principal 4' | |||
Waldflöte 2' *) | Nasat 3' | |||
Terzian 2fach | Octav 2' | |||
Mixtur 3fach | Mixtur 3fach | |||
Oberwerk | Gedakt 8' *) | Gedact 8' *) | ||
Rohrflöte 4' *) | Rohrfloet 4' *) | |||
Oktav 2' | Waldfloet 2' *) | |||
Glöcklein 1' | Quint 11/3' | |||
Pedal | Subbass 16' | Subbass 16' | ||
Oktavbass 8' | Oktavbass 8' | |||
Koppeln | M.K. = Hauptwerk/Oberwerk | |||
P.K. = Pedal/Hauptwerk |
*) von 1796-1799 stammende Rohlfs-Register
[Bearbeiten] Literatur
- ten Doornkaat-Koolman: Mennonitengemeinde bis 1797
- ten Doornkaat-Koolman: Mennonitengemeinden im 19. Jahrhundert
- Popkes: Alte und neue Orgeln
- Walter Kaufmann: Orgeln in Ostfriesland