Smalltalk-80 (Programmiersprache)
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Smalltalk | |
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Objektorientierte Sprache |
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Basisdaten | |
Entwickler: | diverse |
Aktuelle Version: | Smalltalk 80 |
Betriebssystem: | Windows, Linux, Mac OS X, uvm. |
Kategorie: | objektorientierte Programmiersprache |
Lizenz: | implementierungsspezifisch |
Deutschsprachig: | implementierungsspezifisch |
Website: | http://www.whysmalltalk.com |
Smalltalk ist eine dynamisch typisierte objektorientierte Programmiersprache und zugleich eine vollständige Entwicklungsumgebung, die in den 1970er Jahren am Xerox PARC Forschungszentrum durch Alan Kay, Dan Ingalls, Adele Goldberg und andere entwickelt wurde. Sie wurde allgemein unter dem Namen Smalltalk-80 freigegeben und hat die Entwicklung vieler späterer Programmiersprachen, wie z. B. Objective-C, Java und Ruby beeinflusst. Smalltalk wurde von Lisp und Simula mit seinem Klassen-Konzept beeinflusst und wurde nach Simula-67 die erste populäre objektorientierte Programmiersprache. Der Begriff "Objektorientierung" wurde von Alan Kay erfunden.
Smalltalk ist im Gegensatz zu Sprachen wie C++ oder Java eine rein objektorientierte Programmiersprache, d.h. Datentypen wie Integer, String o. ä. sind ebenfalls vollwertige Objekte. Die Smalltalk-Entwicklungsumgebung enthielt viele Ideen, die später mit der Macintosh- und dann Windows-Benutzeroberfläche verbreitet wurden. Verwendet wurde ein Grafikbildschirm mit verschiebbaren Fenstern, Aufklappmenüs und Schriften von verschiedener Größe. Eine Maus mit drei Tasten – rot, blau und gelb – diente erstmals als zusätzliches Eingabegerät. Das Model-View-Controller-Konzept (MVC) spielte in der Smalltalk-80-Entwicklungsumgebung eine wesentliche Rolle.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Wichtige Eigenschaften von Smalltalk
- Alles in Smalltalk ist ein Objekt, auch Zeichenketten, Integer, Boolesche Werte, Klassen(-definitionen), ausführbarer Code, Stack-frames, der Speicher, Codeblöcke etc.
- Objekte werden dadurch aktiviert, dass man ihnen Nachrichten (Messages) schickt. Dies führt dazu, dass die entsprechende Methode (Funktion) des Objekts ausgeführt wird.
- Der gesamte Quelltext ist i. d. R. offen und kann somit verändert werden. Nur sehr wenige Methoden greifen auf echte 'Primitives' der VM (virtuellen Maschine) zurück.
- Dynamische Typisierung – erst zur Laufzeit wird ermittelt, welche Methode tatsächlich aufgerufen wird. Eine frühe („statische“) Bindung, wie dies bei der starken Typisierung vorgesehen ist, wurde in der Smalltalk Programmiersprache bewusst ausgespart.
- Vererbung: Jede Klasse (außer der Wurzelklasse
Object
) ist von genau einer Oberklasse abgeleitet, deren Verhalten sie erbt und beliebig erweitern kann (keine Mehrfachvererbung). - Automatische Speicherbereinigung (englisch garbage collection), die nicht durch den Programmierer beeinflusst werden muss. Ein Objekt 'lebt' solange, wie es von anderen Objekten referenziert wird.
- Smalltalkprogramme werden in Bytecode übersetzt, der durch eine virtuelle Maschine ausgeführt wird. Dadurch laufen Smalltalk-Programme ohne jegliche Änderung auf jedem System, für das eine virtuelle Maschine existiert. Ursprünglich wurde der Bytecode interpretiert; kommerzielle Umgebungen arbeiten inzwischen fast ausschließlich mit dynamischer Übersetzung.
- Üblicherweise hat man eine Programmierumgebung (selbst in Smalltalk geschrieben), in der man Quelltext am „lebenden“ Objekt ändern und dann auch direkt in der geänderten Form (weiter)ausführen kann. „Smalltalkprogramme“ kann man ändern, während sie laufen.
- Die Quelltexteingabe erfolgt üblicherweise im Klassenbrowser.
- Eine überraschende Eigenschaft im Vergleich zu traditionellen Sprachen ist, dass die Kontrollstrukturen wie if-then-else, for, while nicht in die Sprache eingebaut sind. Zumindest erscheint dies dem Programmierer so. Zum Beispiel wird eine IF-Anweisung so ausgeführt, indem eine ifTrue:-Botschaft an ein Boole’sches Objekt gesandt wird. Als Parameter wird ein Block (Anweisungsfolge) übergeben. Lediglich in der Klasse True wird dieser Block ausgeführt. In der Klasse False ist diese Methode zwar auch implementiert, aber sie führt den Block nicht aus.
Es gibt nur drei eingebaute ausführbare Konstrukte:
- Senden einer Botschaft an ein Objekt
- Zuweisen eines Objekts an eine Variable
- Ein Objekt als Rückgabewert einer Methode liefern
[Bearbeiten] Bedeutung von Smalltalk
Die Vorgehensweise der Programmierung über einen Klassenbrowser und die Verwendung einer virtuellen Maschine zu Ausführung stellt von Anfang an gewisse Mindestanforderungen an die Hardware. Dies geschah zu einer Zeit in der die erschwinglichen Computer nicht über graphische Benutzeroberflächen verfügten und die Rechenleistung nicht für eine solche ausreichte. Smalltalk war seiner Zeit voraus und konnte zu Beginn nur auf Workstations effektiv eingesetzt werden. Im Ergebnis gab es daher nur wenige Smalltalk-Entwickler – dafür umso mehr C-Programmierer. Mit dem Aufkommen der graphischen Benutzeroberflächen im Mikrocomputerbereich entstand das objektorientierte C++ und da die meisten Entwickler C bereits kannten, konnte sich C++ sehr schnell verbreiten und Smalltalk blieb eine Randerscheinung.
Zudem geschah dies in einer Zeit, in der Performance sehr wichtig war und Smalltalk auf hohe Ausführungsgeschwindigkeiten keinen besonderen Wert legte (Alan Kay: "It's still fast enough for our neurons"). Anfang und Mitte der Neunziger Jahre konnte Smalltalk vor allem im Bereich Expertensysteme punkten, büßte dann aber stark gegen das aufkommende Java ein. Java hat einige Konzepte von Smalltalk übernommen, war jedoch in Bezug auf die Syntax an C/C++ angelehnt. Nachdem sich bedeutende Firmen wie IBM und Sun für Java entschieden und dafür Marketing betrieben, gewannen Java und C++ klar die Oberhand in Sachen kommerzieller Unterstützung, was zur heutigen Situation führte.
Obwohl Smalltalk im Gegensatz zu den genannten Sprachen wesentlich leichter zu erlernen (nur wenige Sprachkonstrukte) und zu debuggen ist (selten ist eine zeitaufwändige explizite Neukompilierung und -erstellung sowie ein Neustart des Programms erforderlich), wird Smalltalk heute nur noch in wenigen Bereichen eingesetzt. Ein wesentlicher Grund dafür wird auch in der mangelnden Einheitlichkeit der Programmbibliotheken und dem Fehlen einer benutzbaren freien Implementierung gesehen.
[Bearbeiten] Ausdrücke (Expressions)
Ausdrücke haben folgende Form:
objekt nachricht
Das heißt man sendet einem Objekt eine Nachricht. Das Objekt antwortet mit einem Antwortobjekt. Ausdrücke müssen mit einem Punkt getrennt werden.
Es gibt drei Arten von Nachrichten, unäre Nachrichten, binäre Nachrichten und Schlüsselwort-Nachrichten.
Unäre Nachrichten haben keinen Parameter und bestehen aus einem Bezeichner:
objekt nachricht
Eine binäre Nachricht hat genau einen Parameter und besteht aus einem oder mehreren Sonderzeichen. Vier Beispiele:
1 + 3 100 @ 200 vorname , nachname 10 // 3
Die meisten arithmetischen Operationen sind in Smalltalk als binäre Nachrichten implementiert.
Eine Schlüsselwort-Nachricht hat eine oder mehrere Parameter, wobei vor den Parametern Doppelpunkte stehen.
objekt nachricht: parameter
Diese Schlüsselwort-Nachricht heißt nachricht:
und hat einen Parameter parameter
.
objekt nachricht: parameter1 nachricht: parameter2
Diese Schlüsselwort-Nachricht heißt nachricht:nachricht:
und hat zwei Parameter. D. h. Parameter können bei Schlüsselwort-Nachrichten mitten in die Nachricht eingefügt werden. Diese Besonderheit macht es möglich, in Smalltalk besonders leicht lesbare Programme zu schreiben:
collection copyFrom: 1 to: 10
Das klingt wie ein Satz. In Java würde man das folgendermaßen schreiben:
collection.copyFromTo(1, 10);
Ausdrücke können kombiniert und mit Klammern geschachtelt werden. Ohne Klammern werden Ausdrücke in folgender Reihenfolge ausgeführt: Unäre Nachrichten vor binären Nachrichten vor Schlüsselwort-Nachrichten
Sollen einem Objekt in Folge mehrere Nachrichten geschickt werden, besteht die Möglichkeit, diese Nachrichten mit einem Semikolon (;) zu verketten:
objekt nachricht1; nachricht2; nachricht3
[Bearbeiten] Zuweisungen
Eine Zuweisung hat folgende Form:
variable := ausdruck
[Bearbeiten] Blöcke
Blöcke sind Sequenzen von Zuweisungsanweisungen und Expressions. Sie werden durch eckige Klammern eingeschlossen. Blöcke können parameterlos sein oder auch Parameter aufweisen.
blockEins := [ Anweisungen ] blockZwei := [ :einParameter | Transcript show: einParameter ]
Diese Blöcke behalten ihren Kontext, so dass diese bei der Ausführung mit den Objekten arbeiten, die bei der Erzeugung von dort aus verfügbar waren. Um einen Block ohne Parameter auszuführen gibt es eine parameterlose Methode. Bei dem Aufruf von Blöcken mit Parametern müssen diese mit Werten versorgt werden.
blockEins value blockZwei value: 'Test'
[Bearbeiten] Kontrollstrukturen
Die Kontrollstrukturen werden mit booleschen Ausdrücken und Blöcken implementiert. Ein boolescher Ausdruck liefert nach der Auswertung ein Boolesches Objekt. Diesem wird dann eine Message zugesandt, die als Parameter einen ausführbaren Block hat. Der Programmtext sieht aber ähnlich aus, wie bei anderen Programmiersprachen auch, so dass man wie dort einfach gewisse Kontrollstrukturen als gegeben anwenden kann.
Einige Beispiele.
[Bearbeiten] IF-Anweisung
aBoolean ifTrue: [ ein Block mit Anweisungen ]
oder
( einAusdruck ) ifTrue: [ ein Block mit Anweisungen ]
Das aus anderen Programmiersprachen bekannte else sähe folgendermaßen aus:
aBoolean ifTrue: [ ... ] ifFalse: [ ... ]
[Bearbeiten] Schleifen
10 timesRepeat: [ Transcript show: '.' ]. 1 to: 10 do: [ :i | Transcript show: i printString ]. [ ein Block, der ein boole'sches Objekt zurückgibt ] whileTrue. [ ein Block, der ein boole'sches Objekt zurückgibt ] whileFalse. [ ein Block, der ein boole'sches Objekt zurückgibt ] whileTrue: [ einAndererBlock ]. [ ein Block, der ein boole'sches Objekt zurückgibt ] whileFalse: [ einAndererBlock ]
[Bearbeiten] Collections
Die Smalltalkumgebungen sind mit einer großen Klassenbibliothek ausgestattet. Ein wichtiger allgemeiner Objekttyp (Klasse) sind die Collections, d. h. Sammlungen von Objekten. Die Klasse Collection steht an der Wurzel einer ganzen Hierarchie von Klassen.
Eine wichtige Arbeit, die man mit einem Collection-Objekt durchführen kann, ist für jedes Element der Collection einen Block von Anweisungen auszuführen. Andere Programmiersprachen brauchen hierfür spezielle Konstrukte (Iteratoren).
aCollection do: [ :einElement | einElement auszuführendeArbeitFürDiesesElement ]
Es hat sich eingebürgert, den Parameter als each zu bezeichnen, so dass direkt klar ist was hierbei gemeint ist. Bei Verwendung von mehreren Collections sollte man dem noch eine genaue Bezeichnung nachsetzten. Iteriert man bspw. über alle x und y Werte aus zwei unterschiedlichen Collections:
xWerte do: [:eachX | yWerte do: [:eachY | map addPoint: eachX withY: eachY]]
[Bearbeiten] Programmbeispiel
Das klassische HelloWorld-Beispiel sieht wie folgt aus:
Transcript show: 'Hello World!'.
Transcript
ist eine in jeder Smalltalkumgebung vordefinierte globale Variable, die ein Objekt enthält, auf dem man Dinge protokollieren kann (ein Ausgabefenster).
Wir senden diesem Objekt die Message
show: aString
Ein bereits etwas komplexeres Beispiel:
'Hello World' do: [ :eachChar| Transcript show: eachChar ; cr. ].
gibt den Text „Hello World“ vertikal aus. 'Hello World' ist ein String (Zeichenkette). Die Klasse dieses Objektes ist eine Unterklasse von Collection. Ein String ist also eine Collection von Zeichen. Indem wir dem Objekt String die Message
aString do: [ :eachChar | OperationenMitDiesemBuchstaben ]
senden gehen wir alle Buchstaben (Elemente) des Strings einzeln durch.
Das Dictionary (in Perl Hash, in Java HashMap) ist eine in Smalltalk häufig verwendete Datenstruktur:
d := Dictionary new. d at: 'grün' put: 'green'. d at: 'blau' put: 'blue'. d at: 'rot' put: 'red'. Transcript show: (d at: 'blau').
Alternativ können die Nachrichten auch wie bereits beschrieben verkettet werden:
d := Dictionary new. d at: 'grün' put: 'green'; at: 'blau' put: 'blue'; at: 'rot' put: 'red'. Transcript show: (d at: 'blau').
Auch das Dictionary ist eine Unterklasse von Collection. Diese Datenstruktur entspricht dem assoziativen Array in anderen Programmiersprachen.
[Bearbeiten] Schreibweise
Smalltalk wird mit kleinem T geschrieben. Häufig findet sich die falsche Schreibweise SmallTalk, selbst auf den offiziellen IBM-Webseiten (allerdings nicht durchgehend). Der Fehler rührt möglicherweise daher, dass zusammengesetzte Namen in Smalltalk selbst durch Binnenmajuskel strukturiert werden.
[Bearbeiten] Literatur
- Adele Goldberg: Smalltalk-80, The Interactive Programming Environment. Addison-Wesley, 1983, ISBN 0201113724
- Glen Krasner: Smalltalk-80, Bits of History, Words of Advice. Addison-Wesley, 1. August 1983, ISBN 0-201-11669-3
- Johannes Brauer: Grundkurs Smalltalk - Objektorientierung von Anfang an. Eine Einführung in die Programmierung Vieweg-Verlag, 2. Auflage 2004, ISBN 3-528-15818-2
- Sherman R. Alpert, Kyle Brown, Bobby Woolf: The Design Patterns Smalltalk Companion. Addison-Wesley Professional, 10. Februar 1998, ISBN 0201184621
- Mark J. Guzdial: Squeak: Object-Oriented Design with Multimedia Applications. Prentice Hall, 20. Dezember 2000, ISBN 0130280283
- Mark J. Guzdial, Kimberly M. Rose: Squeak: Open Personal Computing and Multimedia. Prentice Hall, 2. August 2001, ISBN 0130280917
- Simon Lewis: The Art and Science of Smalltalk. Prentice Hall, 1. März 1995, ISBN 0133713458
- Smalltalk-Bücher als PDF-Dokumente zum Herunterladen
[Bearbeiten] Weblinks
- "Why Smalltalk?", eine Portalseite rund um Smalltalk
- Dolphin Map - Ein Wiki mit Dolphin Smalltalk spezifischen Informationen
- Vortrag von Alan Kay auf der O'Reilly Etech 2003 Presentation
[Bearbeiten] Implementierungen
- StepTalk - GNUstep und Mac OS X Scripting-Framework.
- Squeak, eine freie Multimedia-Smalltalk-Implementierung
- GNU Smalltalk - Smalltalk des GNU-Projekts.
- IBM VisualAge for Smalltalk - Smalltalk-Umgebung von IBM
- Smalltalk/X – Smalltalk der Firma eXept, die für sehr viele verschiedene Plattformen verfügbar ist.
- Dolphin Smalltalk – Ein komfortables auf Windows spezialisierter Smalltalk-Dialekt
- Cincom Smalltalk – Smalltalk-Dialekt der Firma Cincom. Angeboten werden folgende Umgebungen:
- ObjectStudio – Entwicklungsumgebung für Microsoft Windows mit COM- und ODBC-Schnittstellen.
- VisualWorks Für Client-Server, Server und Web-basierte Entwicklung, auf mehreren Plattformen verfügbar: Microsoft Windows, PowerMac, Linux sowie diversen Unix-Derivaten
- Smalltalk MT bei Object Connect oder Smalltalk MT bei Genify – Ein C++-nahes Smalltalk-Derivat (C++ mit Smalltalk-Syntax), das zu nativen Code kompiliert.
- Ambrai Smalltalk, http://www.ambrai.com/
- LSW Vision-Smalltalk, http://www.lesser-software.com/lswvst.htm