Soldatenhandel
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Soldatenhandel ist das Vermieten oder der Verkauf von Soldaten vor allem seitens der Fürsten der ehemaligen deutschen Kleinstaaten, an fremde Staaten zum Zweck des Gelderwerbs. Die erzielten Einkünfte landeten entweder in der Kasse des Staates oder des Fürsten. Hierin liegt der Unterschied zwischen dem Soldatenhandel und den Subsidienverträgen zwecks Truppenstellung oder Lieferung von Subsidiengeldern, bei denen auch machtpolitische Gründe eine wichtige Rolle spielen. Der Soldatenhandel hat seinen Ursprung bei den Handelsstaaten des Altertums: Syrakus, Taranto, Karthago, und fand gleiche Anwendung in Venedig, den Niederlanden und England, die alle zur Aufstellung ihrer Heere der Werbung von Söldnern bedurften. Jedoch ist das Anwerben von Söldnern nicht identisch mit dem Soldatenhandel, bei dem ganze Regimenter ohne Zustimmung der Soldaten an andere Fürsten vermietet oder verkauft wurden.
Den Soldatenhandel begann Christoph Bernhard von Galen, Bischof von Münster, 1665; ihm folgte Johann Georg III. von Sachsen, der 1685 für 120.000 Taler 3.000 Mann an Venedig zum Krieg auf dem griechischen Peloponnes vermietete. Den höchsten Aufschwung nahm der Soldatenhandel während der Kriege Englands gegen seine nordamerikanischen Kolonien, dem Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg: etwa 30.000 Mann wurden dazu aus Deutschland (vor allem aus Hessen-Kassel, Nassau, Waldeck, Ansbach-Bayreuth, Braunschweig und Anhalt-Zerbst) gestellt, wofür die Fürsten dieser Staaten etwa 8 Millionen Pfund Sterling erhielten. Ein größeres Kontingent davon entstammt dem Soldatenhandel unter Landgraf Friedrich II. von Hessen-Kassel.
Der Landgraf Wilhelm VIII. von Hessen vermietete während des österreichischen Erbfolgekriegs sowohl Truppen an England als an Kaiser Karl VII., also an die sich bekriegenden Gegner. Er verkaufte dazu nahezu 17.000 Soldaten für 1,254 Millionen Pfung Sterling. Die Fremdentruppen, die Schweizerregimenter, die sich oft in den feindlichen Parteien gegenüberstanden, gehören zum Soldatenhandel.
Die gekauften Soldaten wurden oft unter ungewohnten geographischen und klimatischen Bedingungen eingesetzt; Misshandlungen waren an der Tagesordnung. Daher war die Zahl der Deserteure hoch, sobald sich eine Gelegenheit ergab.
Die Praxis des Soldatenhandels traf auch unter Zeitgenossen bereits auf Widerspruch; u.a. thematisierte dies Christian Friedrich Daniel Schubart in seiner Zeitschrift Teutsche Chronik (ab 1774) und Friedrich Schiller in seinem Drama Kabale und Liebe (1784).
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Max Jähns: Heeresverfassungen und Völkerleben. Allgemeiner Verlag für deutscher Literatur, Berlin 1885
- Friedrich Kapp: Der Soldatenhandel deutscher Fürsten nach Amerika. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des 18. Jahrhunderts. Melchior-Verlag, Wolfenbütteel 2006, ISBN 3-939102-80-6 (Repr. d. Ausg. Berlin 1874)
- Friedrich Lorsch: Soldatenhandel. Mit einem Verzeichnis der hessischen Sudsidienverträge. Hamecher Verlag, Kassel 1974, ISBN 3-920307-19-4 (Repr. d. Kassel 1933)
- Winter: Über Soldtruppen. Berlin 1884 (Militärwochenblatt; 8. Beiheft)
[Bearbeiten] Weblinks
- mehrere Artikel zum Soldatenhandel
- Bericht zum Soldatenhandel von Karl Biedermann: Deutschland im 18. Jahrhundert. Band 1. Leipzig 1858
- Soldatenhandel. Artikel in: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Aufl. 1888 ff., Bd. 15, S. 9 f.
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