Stadtgeographie
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Stadtgeographie bzw. -grafie ist ein Teil der Humangeographie, der eng mit anderen Wissenschaften, wie Soziologie, Kommunalwissenschaft, Stadtplanung und Raumplanung, Städtebau/Geschichte und Architektur verbunden ist. Deshalb versteht man Städtegeographie als einen Teil der interdisziplinären Stadtforschung.
In der Stadtgeographie werden zum einen solche siedlungsinternen Strukturen und die zugrundeliegenden Prozesse untersucht, zum anderen aber auch Beziehungen zwischen Städten bzw. Städten und kleineren Siedlungen (siehe z. B. Suburbanisierung) ; sowie die Stadtentwicklung.
Städte weisen ab einer gewissen Größe eine innere Strukturierung auf, eine Aufteilung in Teilräume mit unterschiedlichen Charakteristika. Diese Gliederung kann auf die langfristige Genese (geplante Stadtanlage wie z. B. im Absolutismus oder ungeplantes Wachstum), den Kulturraum oder auch, wie bei den meisten Städten der Industriestaaten, auf die eher kurzfristige Funktionsentmischung nach (z. T. auch vor) der Industrialisierung und der Einführung von Massenverkehrsmitteln zurückzuführen sein.
Die Stadt ist im geographischen Sinne eine Siedlung mit besonderen funktionalen, sozialgeographischen (Sozialgeographie) und physiognomischen Merkmalen:
- Die Stadt zeichnet sich durch eine gewisse Größe, durch hohe Bebauungsdichte (und somit weitgehend künstliche Umweltgestaltung) und eine geschlossene Ortsform aus.
- Es besteht ein Kern-Rand-Gefälle bezogen auf beispielsweise die Wohn- und Arbeitsstättendichte, Miet- und Lebenshaltungskosten u.ä.
- Ein weiteres Merkmal ist die Erwerbsstruktur der Stadtbevölkerung. Die Mehrheit der Bevölkerung geht nicht einer agraren Tätigkeit, sondern Tätigkeiten im sekundären (Industrie und Handwerk) oder tertiären Sektor (Handel und Dienstleistungen) nach.
- Die Stadt ist in sich funktional und sozialräumlich gegliedert.
- Städte besitzen einen Bedeutungsüberschuss gegenüber ländlichen Siedlungen, d.h. städtische Einrichtungen werden von Bewohnern des Umlands ebenso genutzt. Durch diesen Bedeutungsüberschuss (vergleiche Zentralität) und die Mitnutzung städtischer Einrichtungen durch die Bewohner des Umlandes ergibt sich eine Verkehrsbündelung und hohe Verkehrswertigkeit der Stadt.
- Städte sind durch eine besondere Bevölkerungsstruktur gekennzeichnet. Überdurchschnittliche Anteile von Einpersonen-Haushalten und Kleinfamilien mit nur einem Kind sind als Merkmale von (europäischen bzw. nordamerikanischen) Städten bekannt.
Anhand dieser Merkmale wurden von verschiedenen Geographen sog. Stadtmodelle gezeichnet, welche genauen Aufschluss über die, für einen bestimmten Raum oder eine bestimmte Zeit, typische Struktur einer Stadt geben sollen oder Pläne für eine künftige, ideale Stadt zeigen sollen.
Ab dem späten 19. Jahrhundert konstituierten sich 7 Forschungsgebiete, die sich mit der Stadtgeographie beschäftigen:
1. morphogenetische Stadtgeographie
Dieses Gebiet beschäftigt sich allein mit dem äußeren Erscheinungsbild einer Stadt und somit mit physiognomischen Faktoren - auch als Stadtmorphologie bezeichnet.
2. funktionale Stadtgeographie
Dieses Gebiet beschreibt die Verschiedenen "Funktionseinheiten", die es innerhalb einer Stadt gibt. (Etwa Industriezentrum, financial district etc.)
3. kulturgenetische Stadtgeographie
Dieses Gebiet untersucht die Auswirkung von kulturellen oder auch geschichtlichen Hintergründen auf die Genese einer Stadt.
4. sozialgeographische Stadtforschung
Dieses Gebiet beschreibt die Grunddaseinsfunktionen und deren Erfüllung innerhalb von städtischen Funktionen. Grunddaseinsfunktionen des Menschens sind: Wohnen, Arbeiten, sich Bilden, sich Versorgen, sich Erholen, Teilnahme am Verkehr und das Leben innerhalb einer Gemeinschaft.
5. quantitative Stadtgeographie
Dieses Gebiet entwirft Stadtmodelle, um städtische Prozesse besser verstehen und einordnen zu können.
6. verhaltensorientiere Stadtgeographie
Dieses Gebiet beschäftigt sich mit dem Verhalten der Bevölkerung als Reaktion auf eine in der Stadt gegebene Voraussetzung. Es gibt zahlreiche Überschneidungspunkte mit der vierten Teildisziplin.
7. angewandte Stadtgeographie
Dieses Gebiet wendet Erkenntnisse aus den unterschiedlichsten Wissenschaftsbereichen auf die Gestaltung oder Funktion einer Stadt an. So liegt etwa das Stadtmarketing oder die Raumplanung unter dem Einfluss der angewandten Stadtgeographie.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
Burkhard Hofmeister: Stadtgeographie.Braunschweig, 1999, ISBN 3141602980.