Stadtplanung
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Stadtplanung beschäftigt sich mit der Entwicklung der Stadt sowie mit den räumlichen und sozialen Strukturen in der Stadt. Darauf aufbauend erarbeitet sie Planungskonzepte, im Idealfall unter Abwägung aller relevanten Interessen mit dem Ziel der Konfliktminimierung. Sie ordnet sowohl die öffentliche als auch die private Bautätigkeit und steuert die raumbezogene Infrastruktur-entwicklung in der Stadt. Die kommunale Stadtplanung steuert dabei im Rahmen der Bauleitplanung im wesentlichen die Bodennutzung im Gemeindegebiet.
Die mit Stadtplanung beschäftigten Fachleute (meist Stadtplaner, Architekten, Ingenieure, Raumplaner oder Geographen) werden als Stadtplaner bzw. Stadtplanerinnen bezeichnet; diese Berufsbezeichnung ist allerdings in fast allen Bundesländern gesetzlich geschützt und darf nur von den Fachleuten verwendet werden, die zwingend in der entsprechenden Liste der Stadtplaner- und Architektenkammern der Länder eingetragen sind. Stadtplaner/innen arbeiten zum überwiegenden Teil in der öffentlichen Verwaltung der Kommunen und in freien Planungsbüros für Städtebau/Stadtplanung, teils aber auch in Architektur-, Landschaftsplanungs- und Ingenieurbüros, in intermediären Institutionen sowie an den einschlägigen Fachbereichen der Universitäten und Hochschulen. Die Stadtplanung ist eine Disziplin, die an einigen Hochschulen als eigenständiges Studienfach (z. B. Berlin, Dortmund, Hamburg, Kaiserslautern, Kassel) oder im Rahmen einer nahe verwandten Ausbildung wie der Architektur, dem Ingenieurwesen oder der Raumplanung gelehrt wird.
Aufgabe der Stadtplanung ist die Erzielung einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung der Städte und Gemeinden sowie deren Teilgebiete. Dabei sind die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen miteinander in Einklang zu bringen. Eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozial gerechte Bodennutzung ist zu gewährleisten. Stadtplanung soll dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln, auch in Verantwortung für den allgemeinen Klimaschutz. Darüber hinaus soll die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell erhalten und entwickelt werden. Grünordnung und Landschaftsarchitektur erhalten eine zunehmende Bedeutung im Rahmen der Stadt- und Dorfplanung und des Stadtumbaus.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Stadtplanung in Deutschland
[Bearbeiten] Bauleitplanung
Gesetzliche Grundlage für stadtplanerisches Handeln bildet das Baugesetzbuch (BauGB). Im BauGB werden förmliche Verfahren zur Aufstellung verschiedener Pläne geregelt. Den höchsten Stellenwert nimmt die Bauleitplanung ein, die zwei Planwerke von unterschiedlicher Detailschärfe und Verbindlichkeit unterscheidet:
- Als vorbereitender Bauleitplan dient der Flächennutzungsplan (FNP), der das gesamte Gemeindegebiet umfasst und die Grundlage für die Ausarbeitung von detaillierten Plänen für Teile des Gemeindegebietes dient. Im FNP werden Aussagen über die zukünftig beabsichtigte Verteilung von Bodennutzungen getroffen, also die Verteilung und Zuordnung von Wohn-, Gewerbe-, Frei- und Sonderflächen sowie die Lage wichtiger Verkehrstrassen. Der FNP ist aus dem Regionalplan zu entwickeln und hat einen zeitlichen Planungshorizont von rund 15 Jahren. Nach Abschluss des Aufstellungsverfahrens mit intensiver Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange wird der Flächennutzungsplan vom Gemeinderat beschlossen. Der Flächennutzungsplan entfaltet gegenüber Privaten keine Rechtswirkung, sondern ist nur für öffentliche Stellen verbindlich.
- Für Teilbereiche eines Gemeindegebietes werden als verbindliche Bauleitpläne Bebauungspläne aufgestellt. Nach dem Baugesetzbuch gibt es drei Arten von Bebauungsplänen: Qualifizierte Bebauungspläne, vorhabenbezogene Bebauungspläne (Vorhaben- und Erschließungspläne) und einfache Bebauungspläne. Zu diesen drei Arten von Bebauungsplänen ermöglicht das Baugesetzbuch noch verschiedene Unterarten wie den Bebauungsplan der Innenentwicklung. Bebauungspläne haben neben den Aussagen zur Verteilung der Bodennutzungen auch gestalterische Festsetzungen und bestimmte Grundstücksrechte enthalten können. Bebauungspläne sind parzellenscharf. Sie durchlaufen bei ihrer Aufstellung im Regelfall das gleiche Verfahren zur Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung wie der Flächennutzungsplan. Bebauungspläne werden vom Gemeinderat als Satzung beschlossen. Sie sind danach unmittelbar rechtswirksam gegenüber jedermann, insbesondere den Grundstückseigentümern im Plangebiet.
Das Besondere Städtebaurecht regelt die Durchführung städtebaulicher Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen, der Maßnahmen zum Stadtumbau und der Sozialen Stadt und legt die Rahmenbedingungen für weitere städtebauliche Private Initiativen wie Business Improvement Districs fest.
Aufgrund der Regelungen des Baugesetzbuches werden Rechtsverordnungen erlassen: die Baunutzungsverordnung (BauNVO) bestimmt für verschiedene Typen von Baugebieten Art und Maß, in der ein Grundstück genutzt werden darf und enthält Vorgaben über Bauweise und überbaubare Grundstücksfläche. Die Planzeichenverordnung (PlanzVO) enthält Vorgaben für die plangraphische Darstellung von Bauleitplänen.
[Bearbeiten] Bauordnungrecht
Eng verzahnt mit dem Bauplanungsrecht nach dem BauGB ist das Bauordnungsrecht der Bundesländer. Auf der Grundlage der Landesbauordnungen können eine Reihe gestalterischer Festsetzungen in den Bebauungspläne übergenommen werden.
[Bearbeiten] Informelle Pläne und Programme
Zu den Aufgaben der Stadtplanung gehört neben der Abwicklung formeller Planungsverfahren auch die Aufstellung informeller Planwerke und Programme. Unter informellen Plänen sind alle Pläne ohne gesetzliche Grundlage zu verstehen, die von der Planungsverwaltung freiwillig aufgestellt werden und daher lediglich behördenverbindlich sind. Sie dienen in der Regel zur Erarbeitung von Planungsalternativen und sollen bei der Aufstellung formeller Pläne beachtet werden. Obwohl informelle Pläne aller Art denkbar sind, haben sich einige Standard-Planwerke herausgebildet:
- Stadtentwicklungsplan
- Städtebaulicher Rahmenplan
Daneben aber auch:
- Stadtkernsanierung und Sanierungskonzepte
- Stadtumbau, Stadtteil- und Quartierskonzepte
- Dorferneuerung, Örtliche Entwicklungsplanung, Entwurf von Einzelmaßnahmen, Bauberatung und Betreuung öffentlicher und privater Baumaßnahmen
- Entwicklungsplanung, Regionalstudien
- Städtebauliche Nutzungsstudien zur Nachnutzung großflächiger Industriebrachen
- Regionale Entwicklungskonzepte
- Regionalmanagement
[Bearbeiten] Gestaltungsplanung für den öffentlichen Raum
Zum Aufgabengebiet der Stadtplanung gehört auch noch die Gestaltungsplanung für die unterschiedlichen Bereiche. Es sind dies:
- Platzgestaltung
- Straßenraumgestaltung
- Gestaltung von Außenanlagen von öff. Einrichtungen im Rahmen der Stadt- und Dorferneuerung
- Gestaltungssatzungen
Darüber hinaus gibt es in der Stadtplanung eine lange Tradition von Planungswettbewerben. Für besonders anspruchsvolle städtebauliche (oder auch architektonische oder ingenieurtechnische) Vorhaben werden Ideenkonkurrenzen nach bestimmten Regeln durchgeführt, die zu einer Vielzahl an Lösungsvorschlägen führen. Aus den eingereichten Arbeiten ermitteln unabhängige Jurys den jeweils bestgeeigneten Entwurf.
[Bearbeiten] Aktuelle Themen der Stadtplanung
Durch gesellschaftliche Veränderungen ändern sich auch die Aufgabengebiete der Stadtplanung. Während ursprünglich die Bereitstellung geeigneter Flächen für Wohn- und Gewerbenutzung im Vordergrund stand, beschäftigt sich die Stadtplanung heute auch mit anderen Aufgaben:
- Schrumpfende Stadt: Seit einigen Jahren beschäftigt sich Stadtplanung mit sogenannten "Schrumpfenden Städten", ein Phänomen krisenhafter Stadtentwicklung, das durch Strukturkrisen, Abwanderung und generellem Bevölkerungsrückgang durch das Ungleichgewicht von Geburtenrate und Sterberate verursacht wird. Hierbei muss Stadtplanung nicht auf Wachstum orientiert agieren, sondern sich mit Problematiken zu immer dünner besiedelten Kommunen und dem Brachfallen ganzer Stadtquartiere auseinandersetzen.
- Stadtumbau: Der Umgang mit bestehenden Stadtquartieren bekommt einen wachsenden Stellenwert in der Stadtplanung, da vielfach die vorhandenen Siedlungsstrukturen nicht mehr den heutigen Anforderungen genügen und planerische Maßnahmen erfordern. Das Problem des Stadtumbaus stellte sich zunächst in Ostdeutschland, wo die Abwanderung aus den "Plattenbausiedlungen" Umstrukturierungen notwendig machte. Inzwischen wurden die Förderprogramme ausgedehnt, so dass bundesweit unter den Programmtiteln "Stadtumbau Ost" und "Stadtumbau West" nunmehr umfassende Maßnahmen zur Neuordnung bestehender Stadtteile oder Stadtquartiere und zum geordneten Rückbau nicht mehr benötigten Wohnraums umgesetzt werden können.
- Soziale Stadt: Bereits 1999 haben Bund und Bundesländer unter dem Programmtitel "Soziale Stadt" ein Förderprogramm für "Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf" aufgelegt. Ziel dieses Programms ist es, der sich verschärfenden sozialen und räumlichen Spaltung in den Städten gegenzusteuern. Im Vordergrund steht die Einbeziehung der betroffenen Bevölkerungsgruppen und den lokalen Akteuren in den Stadtteilen (siehe Quartiersmanagement). Angestrebt wird ein ganzheitlicher Planungsansatz, der über rein baulich-gestalterische Maßnahmen hinaus geht.
- Festivalisierung: Wie die Bewerbungen um die Ausrichtung der Kulturhauptstadt 2010 in Deutschland zeigten, werden wesentliche Fragen über die Zukunft von Stadträumen aktuell durch die Planung großer Events aus den Bereichen Musik, Freizeit oder Sport geprägt. Hoffnungen auf Wachstumsimpulse und Ausstrahlungseffekte durch Unternehmen der Kulturwirtschaft finden sich in fast jedem Leitbild städtischer Planungen wieder. Mit großem finanziellem Aufwand werden insbesondere Innenstadträume auf derartige Veranstaltungen vorbereitet und umgestaltet. Durch gezielte nationale Kulturförderung aus Mitteln der staatlichen Lotterie ist diese Entwicklung in Stadtzentren Großbritanniens besonders anschaulich zu beobachten (Millennium-Projekte). Kennzeichnend für die Umsetzung derartiger Großvorhaben sind Kooperationsstrukturen, welche die Kommune mit der lokalen Privatwirtschaft und einzelnen Akteuren eingeht. Positivbeispiele für eine sich selbst tragende Entwicklung der Stadterneuerung im Zeichen der Festivalisierung finden sich in der Belebung der Stadtkerne von Manchester, Wolfsburg und Lille.
- Die menschengerechte Stadt ist eine Idee des Städteumbaus, die auf Grund schlechter Lebensbedingungen, ökologischer Probleme und mangelnder Infrastruktur entstanden ist. Man versucht durch das Vorbild einer menschengerechten Stadt einer Entfremdung und Anonymisierung der Gesellschaft, Verarmung vieler Stadtgebiete und deren Bevölkerung sowie einer allgemeinen Segregation vorzubeugen. An vorderster Stelle steht hier, dass ein hoher Standard gewahrt wird. Auch das Gefühl der Gemeinschaft wird von Forschern als wichtiges Kriterium für eine menschengerechte Stadt festgestellt. Alle Menschen sollen in ihrem Wohnviertel Arbeit, Versorgung, Wohnungen und Erholung vorfinden. Eine große Rolle spielt auch das Wohnumfeld. Parkanlagen, Spielflächen und andere Plätze sollen ausreichend Platz zur Erholung und Freizeitbeschäftigung haben. Umweltforscher fordern nicht nur im Sinne der Natur eine Verbesserung des Städteklimas, Reinigung des Oberflächen- und Grundwassers, Einschränkung der Versiegelung und der E- und Immissionen sondern auch für menschengerechte Lebensbedingungen. Außerdem soll das ganze Stadtleben für alle Lebensformen und geschichtliche Hintergründe geöffnet sein. Die Infrastruktur soll durch überschaubare, untergliederte und naturnahe Strukturen gegliedert werden.
[Bearbeiten] Verweise
- Städtebau - Teilgebiet der Stadtplanung, daß sich mit den bautechnischen, verkehrstechnischen und wirtschaftlichen Aufgaben beschäftigt, die sich bei der Anlage, Erweiterung oder Sanierung einer Städten und Gemeinden ergeben.
- Stadtbaugeschichte -beschäftigt sich mit der baulichen Entwicklung von Städten.
- Stadtmorphologie- beschäftigt sich mit den Formungsprinzipien von Städten
- Oberbegriff für räumliche Planung: Raumplanung
- Andere Teilgebiete der Raumplanung: Regionalplanung, Landesplanung, Raumordnung
- Benachbarte Disziplinen: Geographie, Landschaftsarchitektur, Landschaftsplanung, Verkehrsplanung, Architektur, Immobilienwirtschaft
- Informationskreis für Raumplanung e. V.
- EVALO
- Beispiel: Stadtplanung in Berlin
- Portal:Planen und Bauen
[Bearbeiten] Literatur
- Gerd Albers: Stadtplanung. Eine praxisorientierte Einführung, Darmstadt 1996
- Uwe Altrock, Ronald Kunze, Elke Pahl-Weber, Ursula von Petz, Dirk Schubert (Hg.): Jahrbuch Stadterneuerung. Berlin 1990 bis 2007 (jährlich)
- Frank Betker: Ökologische Stadterneuerung. Ein neues Leitbild der Stadtentwicklung?, Aachen 1992
- Gerhard Curdes: Stadtstruktur und Stadtgestaltung. Stuttgart 1993. 2. Auflage 1996
- Gerhard Curdes: Stadtstrukturelles Entwerfen. Stuttgart 1995
- Klaus Selle (Hg.): Planung neu denken. Zur räumlichen Entwicklung beitragen. Konzepte. Theorien. Impulse, Dortmund 2006.
- Bernd Streich: Stadtplanung in der Wissensgesellschaft - Ein Handbuch, Wiesbaden 2005
[Bearbeiten] Weblinks
[Bearbeiten] Verbände und Vereinigungen
- Informationskreis für Raumplanung e.V. IfR
- Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung e.V. SRL
- Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung (DASL) http://www.dasl.de
- Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL) ARL
- Website des Fachbereichs Architektur Stadtplanung Landschaftsplanung an der Universität Kassel UNI KASSEL FB 6
- Institut für Städtebau und Wohnungswesen (http://www.isw.de)
- Ordem Profissional dos Urbanistas do Québèc OUQ
- International Society of City and Regional Planners ISOCARP
- American Planning Association APA
- Sociedad de Urbanistas del Perú SURP
- Société Française des Urbanistes SFU
- Asociación Española de Técnicos Urbanistas AETU
- Planum - The European Journal of Planning
- INURA - International Network for Urban Research and Action
- European Council of Town Planners ECTP
- Council for European Urbanism - ein europäisches Netzwerk für Städtebaureform CEU
[Bearbeiten] Programme und Initiativen
- Bundestransferstelle Stadtumbau Ost
- shrinking cities - Projekt
- Schrumpfende Stadt - Projekt
- Bund-Länder-Programm "Soziale Stadt"
- Stadtumbau Ost
- Stadtumbau West
[Bearbeiten] Forschungsprojekte
- Forschungsseite zur computerbasierten Simulation von Stadtentwicklungsprozessen
- Stadtentwicklung in Sachsen Anhalt
- Stadtplanung im Zeichen der Kulturwirtschaft - ausgewählte europäische Beispiele, Forschungsprojekt an der Bauhaus-Universität, Weimar, Alexander Bergmann.
Dieser Artikel oder Absatz stellt die Situation in Deutschland dar. Hilf mit, die Situation in anderen Ländern zu schildern. |