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Steyr GB

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Steyr GB
Bild:Steyr GB.jpg
Allgemeine Information
Einsatzland: Österreich
Entwickler: /
Hersteller:
Steyr Mannlicher
Herstellerland: International
Produktionszeit: 1981 bis 1988
Waffenkategorie: Selbstladepistole
Maße
Gesamtlänge: 214 mm
Gesamthöhe: 142 mm
Gewicht:
(mit leerem Magazin):
0,845 kg
Gewicht:
(mit maximaler Ausrüstung):
1,285 kg
Visierlänge: 160 mm
Lauflänge: 136 mm
Technische Daten
Kaliber: 9 mm Parabellum
Mögliche Magazinfüllungen: 18 Patronen
Feuerarten: Einzelfeuer
Mündungsgeschwindigkeit
Projektil (V0):
370 m/s
Drall: rechts (polygon)
Liste der Handfeuerwaffen


Von Steyr Mannlicher wurde die halbautomatische Selbstladepistole Steyr GB (während der Entwicklung Steyr Pi18, später auch „GB-80“) entwickelt. Die halbautomatische Armeepistole verfügt über einen Spannabzug und verwendet das Kaliber 9 x 19 mm.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Einleitung

Die Steyr Selbstladepistole „GB“ ist eine halbautomatische Selbstladepistole in Ganzstahlausführung mit Spannabzug (DA/SA), Kaliber 9 mm x 19 (9 mm Parabellum / Luger). Die während der Entwicklungsphase verwendete Typenbezeichnung „Pi 18“, auf die für die 70er Jahre überdurchschnittliche Magazinkapazität von 18 Schuss hinweisend, wurde bei Markteinführung in „GB“ geändert. Dieses Kürzel steht für den Begriff „GasBremse“, welcher grob das Funktionsprinzip der mittels Gasdruck verzögernden, halbstarren Verschlussverriegelung umreißt. Die konstruktiv korrekte Bezeichnung für dieses Verschlussprinzip lautet „gasdruckverzögerter Masseverschluss“, welcher allerdings nicht mit dem mehr bekannten Verschlussprinzip des „Gasdrucklader“ (dt. Sturmgewehr 44, russ. Kalashnikov usw.) verwechselt werden sollte.

Die Pistole wird gelegentlich auch noch als GB-80 bezeichnet, was auf die „offizielle“ Markteinführung Anfang der 1980er Jahre hinweist.

Der gasdruckverzögerte Masseverschluss ist ein äußerst ingeniöses und bahnbrechendes Verschlussprinzip, welches gegenüber dem althergebrachten, „starrverriegelten“ Browningverschluss einige wesentlichen Vorteile aufweist. Er ermöglicht die störungsfreie Verwendung von praktisch allen Laborierungen, welche auf Grund der weltweiten Verbreitung des Kalibers 9 mm x 19 in militärischer sowie ziviler Verwendung stark variieren können. Auf Grund des feststehenden Laufes sowie der exakten (systembedingt notwendigen!) „gasdichten“ Passung zwischen Laufmündung und Mündungskappe einerseits - sowie der auch äußerst passgenauen hinteren Verschlussführung im Griffstück andererseits - schießt die GB im Vergleich zu anderen militärischen "Browning-Gebrauchspistolen" wesentlich präziser. Streukreise von max. 4 cm @ 25 cm mit nicht nachgearbeiteten (!) Serienpistolen und fester Visierung sind die Regel, Verwendung von Markenmunition vorausgesetzt. Die gasdruckverzögerte Verriegelung reduziert darüber hinaus auch merklich den Rück- und Hochschlag, was bei schnellen Schussfolgen die Waffe weit weniger aus dem Ziel auswandern lässt als mit einem „starr verriegelten“ Browning-verschluss.

Die GB wurde als militärische Seitenwaffe (Ordonnanzpistole) ausgelegt und entstand bereits Ende der 1960er Jahre auf Grund eines „inoffiziellen“ Entwicklungsauftrages für das Österreichische Bundesheer. Ein Pflichtenheft existierte zu diesem Zeitpunkt nicht; die Steyr-Daimler-Puch AG hatte aber auf Grund der damaligen Beziehungsgeflechte sehr präzise Kenntnisse darüber, was für eine Pistole das Bundesheer wünschte. Die GB sollte dann die zwischenzeitlich bereits in die Jahre gekommenen deutschen Walther PP, P 38 aus Wehrmachtsbeständen sowie auch die belgischen FN GP (HP) der Gendarmerie ersetzten.

[Bearbeiten] Technische Eckdaten

  • Hersteller: Steyr Daimler Puch AG, Steyr Österreich
  • Modell: GB (GB-80, Pi 18)
  • Länge: 216 mm
  • Höhe: 142 mm
  • Breite: 37 mm
  • Masse o. Mag.: 850 g
  • Magazin (leer): 120 g
  • Magazin (voll): 340 g
  • Lauflänge: 136 mm mit trigonalem Polygonprofil
  • Drallänge: 220 mm
  • Visierlinie: 160 mm
  • Visierung: Balkenkorn mit Leuchtpunkt; Rechteckkimme mit 2 Leuchtpunkten
  • Vo: munitionsabhängig ca. 350 – 420 m/s
  • Eo: munitionsabhängig ca. 400 – 640 J
  • Magazinkapazität: 18 Schuss
  • Verschlusssystem: aufzuschießender, gasdruckverzögerter Masseverschluss
  • Abzugssystem: Spannabzug („DA“ / „SA“)
  • Sicherungen: automatisch wirkende, innenliegende Fallsicherung, Sicherheitsraste, Zündstiftsicherung bei Betätigung des Hahn-Entspannhebels
  • Oberflächen: äußere Verschlussflächen geschliffen brüniert, Oberseite sandgestrahlt brüniert; äußere Griffstückflächen mit eingebranntem, fein strukturiertem Schrumpflack überzogen


[Bearbeiten] Systembeschreibung

[Bearbeiten] Verriegelungssystem

Äußerlich unterscheidet sich der gasdruckverzögerte Masseverschluss nur unwesentlich vom verriegelten Browningverschluss. Als signifikantes Unterscheidungsmerkmal kann aber die mündungsseitige Verschlusskappe gelten. Das Funktionsprinzip der Gasdruckverriegelung ist jedoch ein gänzlich anderes als jenes mit starr verriegelten Browningsystems. Die Kenntnis dessen mit seinen wesentlichen Funktionsmerkmalen wird hier als bekannt vorausgesetzt.

Beim Schuss wird beim gasdruckverzögerten Masseverschluss ein kleiner Teil der Treibladungsgase durch zwei, ca. in Laufmitte eingebrachte Bohrungen abgezweigt und in eine Reaktionskammer geleitet. Diese Kammer wird aus dem Zwischenraum Lauf / Verschlussgehäuse gebildet und kommt daher ohne ein zusätzliches Piston aus. Sie besteht aus einer vorn am Verschluss (Schlitten) angeordneten, gasdicht abschließenden Verschlusskappe mit nachgelagertem Laufbund und einer fest auf dem Lauf, auch ca. mittig aufgesetzten Labyrinthdichtung. Nachdem das Projektil die Bohrungen passiert hat, strömt ein kleiner Teil der Verbrennungsgase in die Reaktionskammer und hindert hiermit über den entstehenden Schwalldruck „pneumatisch“ das Öffnen des Masseverschlusses. Die für diese Verriegelung notwendige Angriffsfläche für den Schwalldruck wird vom vorderen Teil der Verschlusskappe gebildet. Diese innere Fläche ist funktionsbedingt etwas kleiner ausgelegt als der Hülsenquerschnitt am Stossboden der Patrone. Die Verschlusskappe - mit dem Verschluss fest verbunden mittels Bajonettverbindung - hält diesen geschlossen, bis das Projektil die Laufmündung passiert hat. Danach sinkt im inneren des Laufes der Treibladungsdruck schlagartig ab; durch die Laufbohrungen kann nun der innerhalb der Reaktionskammer aufgebaute Innendruck in den Lauf entweichen. Impulsbedingt beginnt nun der Verschluss sich zu öffnen und pumpt während des Rücklaufes die entspannten Schwalldruckgase aus der Reaktionskammer in den Lauf. Gleichzeitig entweicht auch bei der beginnenden Verschlussöffnung ein Teil der Gase über die freigewordene Labyrinthdichtung durch den sich ergebenden Spalt zwischen Laufwandung und Verschlusskappe.

Die Gasdruckhöhe in dieser „Gasbremse“ bestimmt automatisch die Rücklaufverzögerung und in Folge dessen den Verriegelungsgrad des Verschlusses: Ein hoher Gasdruck bewirkt eine starke Verriegelung, ein mittlerer eine mittlere und schwacher eine schwache Verriegelung. Analog zur Laborierung verhält sich die Verriegelungssteifigkeit des Systems, was es ermöglicht, die verschiedensten Laborierungen störungsfrei zu verschießen. Nach unten hin findet die Laborierung jedoch durch die Verschlussfederkraft (bzw. Federkonstante) ihre Grenze. Der interne Pumpvorgang während des Verschlussrücklaufes bewirkt zusätzlich eine signifikante Rückstossdämpfung, welche hiermit auch das Drehmoment im Handgelenk – und damit den Hochschlag – stark abschwächt.

[Bearbeiten] Verschluss

Er besteht aus dem Verschlussschlitten sowie einer mündungsseitigen Verschlusskappe mit Führungsrohr. Besonders stark beanspruchte Stellen des Vergütungsstahls sind zusätzlich induktiv gehärtet, um Abriebverschleiß entgegenzuwirken. Die innen verchromte Verschlusskappe wird mittels Verriegelungswarzen in einer umlaufenden Nut im hierfür entsprechend verstärkten Vorderteil des Schlittens aufgenommen. Die Bajonettverriegelung wird durch den Eintritt des Federführungsrohres in die Verschlussfeder gegen Verdrehung gesichert. Die Verschlusskappe verfügt über eine Labyrinthdichtung, welche aus zwei Stegen mit einer Gesamtbreite von ca. 4,5 mm besteht. Hinten wird der Verschluss in 30 mm langen, hinter dem Magazinschacht liegenden Leisten praktisch spielfrei geführt.

Im geschlossenen Zustand wird - für die einwandfreie Funktion unabdingbar - der Verschluss mittels des Führungsrohres der Verschlusskappe passgenau ‚gasdicht’ geführt.

Die Seitenflächen des Verschlusses sind geschliffen, die restlichen Flächen sandgestrahlt. An der Mündung sind die Seitenflächen leicht eingezogen. Damit ist der Verschluss sehr gut gestaltet und „holsterfreundlich“.

[Bearbeiten] Lauf

Der gehämmerte, innen und außen hartverchromte Polygonlauf hat ein dreieckiges Profil. Dieses Profil minimiert beim Geschossdurchgang auf Grund der an einander vorbeilaufenden Druckspitzen die interne Verformungsarbeit im Projektil. Der Lauf ist fest mit dem Griffstück über ein Brillenstück verschraubt. Die Zug- und Felddurchmesser betragen 8,70 mm und 9,03 mm. Entgegen der bei 9 mm x 19 üblichen Drallänge von 250 mm wurde diese auf 220 mm verkürzt, was die Drallgeschwindigkeit und damit die Schusspräzision auch auf größere Schussentfernungen erhöht. Die beiden Gasentnahmebohrungen mit Durchmessern von 4,5 mm sind 81 mm vor der Laufmündung eingelassen und schräg zur Mündung hin gerichtet. Sie liegen direkt vor der Labyrinthdichtung, welche einen Außendurchmesser von 16 mm hat. Sie wird durch zwei ringförmige Ausdehnungen von jeweils 1,4 mm Breite gebildet. An der Laufmündung erweitert sich der Durchmesser von 11,9 mm zur Mündung hin auf 12,6 mm. Auf diesem ca. 6 mm breitem Bund schließt das Führungsrohr der Verschlusskappe ‚gasdicht’ ab. Die Laufmündung ist außen angefast und innen abgesenkt.

[Bearbeiten] Visierung

Die 162 mm lange Visierlinie wird aus einem festen, 3,5 mm breiten Leuchtpunkt-Balkenkorn und einer 4,2 mm breiten, verschiebbaren Rechteckkimme mit zwei Leuchtpunkten gebildet. Die Visierung entspricht militärischem Standard. Eine abgesetzte Visierschiene fehlt; die Oberseite ist sandgestrahlt und damit reflexionsfrei.

[Bearbeiten] Griffstück

Der Griffwinkel beträgt 107° und bietet hiermit auch optimale Deutschusseigenschaften. Es besteht aus zwei zusammengeschweißten Blechprägehälften mit geglätteten Schweißnähten, mittels nachträglicher Wärmebehandlung einsatzgehärtet. Dieses spezielle Herstellung (Blechprägeverfahren) wurde bereits während des 2. WK in Deutschland entwickelt und revolutionierte die Waffenherstellung. Das Griffstück der „zivilen“ GB ist mit einem anthrazitfarbenen, fein strukturierten Einbrenn-Schrumpflack überzogen, der eine sehr gute Griffigkeit gewährleistet. Bei der „militärischen“ Variante verzichtete man auf diesen Luxus. Die Verwendung von Polymerwerkstoffen wurde erwogen und wieder fallengelassen; das Unternehmen verfügte reichlich über hochwertige Stahlpressen. Hochfeste Prägeteile konnten in hoher Qualität hergestellt werden; Investitionen in Spritzgussmaschinen erübrigten sich deshalb. Die kalt verformende Blechprägetechnik macht – beim Prägevorgang mit im Material einhergehender Festigkeitserhöhung - erheblich reduzierte Wandstärken (GB: nur 1,5 mm!) im Vergleich zur „klassisch“ gefrästen Ausführung möglich. Trotz der hohen Magazinkapazität von 18 Schuss ist das Griffstück deshalb nicht überdimensioniert und eignet sich auch für relativ kleine Hände. Der separat gefertigte Abzugsbügel aus Polymerwerkstoff ist mit dem Griffstück lösbar verschraubt. Die Griffschalen sind aus unzerbrechlichem Kunststoff und werden mit je zwei Schauben am Griffstück gehalten.

[Bearbeiten] Magazin

Es nimmt zweireihig 18 Schuss auf. Magazinkörper, Stossboden sowie auch der Zubringer sind ebenfalls in Blechprägetechnik hergestellte Teile; lediglich die Magazinfederführung ist aus Kunststoff gefertigt. Der Magazinlippenabstand entspricht dem Patronendurchmesser; das Laden erfolgt damit wie bei einem MP-Magazin „von oben“. Trotz der sehr kräftigen Magazinfeder wird keine Ladehilfe oder Fingerakrobatik benötigt.

[Bearbeiten] Entwicklungsgeschichte

[Bearbeiten] Entwicklungsgeschichte der Gasdruckverriegelung

Das der Steyr Pi 18 zu Grunde liegende Gasdruckverriegelungssystem wurde bereits 1944 unter Leitung des damaligen Chefkonstrukteurs Barnitzke bei den ehemaligen „Gustloff-Werken“ in Suhl entwickelt. Es fand noch Verwendung im „Gustloff“ Volksgewehr 1-5, welches in aller Eile speziell für den Volkssturm an der Ostfront entwickelt worden war. Wie auch der Gasdrucklader Sturmgewehr 44 – ein konstruktiv aber auch ganz anders funktionierendes System - verwendete es ebenso die „Polte“-Kurzpatrone 7,92 x 33. Das VG 1-5 war eine genial einfach konstruierte, für Einzel- und Dauerfeuer eingerichtete Handwaffe, welche dann ab Anfang 1945 noch produziert werden konnte. Auf Grund der äußerst kritischen Logistik- und Materialversorgungslage kamen aber bis Kriegsende nur noch wenige dieser Maschinenkarabiner in den Volkssturmverbänden zum Einsatz.

[Bearbeiten] Entwicklungsgeschichte der Steyr GB

Ende der 60-iger Jahre griff man in Österreich bei Steyr-Daimler-Puch dieses Barnitzke-Verschlusssystem wieder auf und begann mit einer Anschlussentwicklung. Diese mündete direkt in die Entwicklung der „militärischen“ Pi 18. Die abschließende Patentschrift vom 6. Dezember 1972 der Herren Kepplinger und Wagner lehnt sich an das Barnitzke-System an, wobei dieses konstruktiv noch wesentlich verbessert wurde.

Nachdem 1972 die ersten GB-Gebrauchsmuster dem österreichischen Bundesheer zur Verfügung standen, kam jedoch trotzdem kein Kontrakt zu Gunsten der GB zu Stande, obgleich die militärischen Stellen die GB stark befürwortete. Der Grund lag im Umstand, daß einige Jahre vorher eine ähnlich „inoffizielle“ Entwicklungsaktion für das Bundesheer mit einer Maschinenpistole, der MPi 69 (Uzi-Klon), in Gang gesetzt worden war. Steyr hatte davon nun Anfang der 70-iger ca. 5000 Stück „auf Lager“. Man betrachtete bei Steyr die Sachlage nun zunehmend kritisch und legte daher dem Bundesheer nahe, die MPi 69 nun abzunehmen und die Pi 18 "als Zugabe" mit dazu zu bekommen. Man konnte sich jedoch auf diesen Kompromiss nicht einigen, und so blieben die 5000 MPi 69 weiter im Keller liegen - und die Pi 18 in der Schublade ...

Es ist nun nicht nachvollziehbar, weshalb Steyr ab diesem Zeitraum nicht sofort mit der „zivilen“ GB-Vermarktung begann. Sie hätte am Markt Mitte der 70-iger mit ihren Leistungsdaten alle anderen vergleichbaren Pistolen in den Schatten gestellt. Als dann Ende der 70-iger dann doch noch ein Lieferkontrakt mit dem Bundesheer zugunsten der MPi 69 zu Stande kam, wurde die Pi 18 hierbei aber nicht mit einbezogen.

[Bearbeiten] GAU: US-Plagiat „L.E.S / ROGAK P-18“

Mitte der 70-iger Jahre erhielt der damalige Steyr USA-Repräsentant Rogak von einem Steyr-Manager die Pi 18 - Fertigungsunterlagen. Die näheren Gründe hierfür liegen im Dunkeln. Diese Aktion war eine Fehlentscheidung mit fatalen Folgen, deren Wirkung nicht lange auf sich warten ließ. Ob zwischen Rogak und Steyr jemals eine „offizielle“ Lizenzierung bzw. andere autorisierende Vereinbarungen bestanden haben, ist nicht eindeutig geklärt. Steyr dementierte aber auf Grund einer Fachzeitschrift-Anfrage von 1980 schriftlich, dass „zu keiner Zeit diesbezüglich offizielle Abmachungen zwischen Steyr und Rogak bestanden haben“.

Rogak begann Ende der 70-iger – ob nun mit oder ohne Lizenzvereinbarung - in den USA die Pistole unter der Bezeichnung "Rogak P-18“ zu bauen und auch über eine Vertriebsgesellschaft „L.E.S.“ weltweit anzubieten. Er sah auf Grund der Leistungsdaten der (österreichischen!) Pi 18 hohe Marktchancen, die er so rasch als möglich auch auszuschöpfen gedachte. Produziert wurden drei „kosmetisch“ leicht voneinander abweichende Varianten aus rostfreiem Stahl. Entweder war Rogak nun aber entweder überfordert oder nicht willens, die vorliegenden Maße, Passungen und Materialkennwerte der österreichischen „Pi 18“ hinreichend zu interpretieren bzw. anzuwenden. Somit wurden dann diese „Quick-and-Dirty P-18“ in wesentlichen Details konstruktiv unzureichend gefertigt. Die Verarbeitung war im Vergleich zur Steyr P 18 schlechter. Der Nachbau funktionierte dann auch dementsprechend schlechter. Selbst unter den relativ anspruchslosen US-Waffentestern galten sie bald nur noch als ‚Jammatic’ („Automatische Ladehemmung“) oder ‚polished Junk’ („polierter Schrott“). Bei Steyr in Österreich erwog man nun - entsetzt durch einen anzunehmenden Imageverlust für die noch nicht eingeführte GB - eine juristische Auseinandersetzung mit Rogak. Das erledigte sich dann aber von selbst: die erste US-„Wondernine“ überlebte nicht einmal die Marktdurchdringungsphase. Nach ca. 2300 verkauften Pistolen wurde 1981 auf Grund des ruinösen Rufes die Produktion wieder eingestellt.

Bei Steyr hatte man bis zu diesem Zeitpunkt mit einer GB Testwaffe über 40 000 Schuss ohne Fehlfunktionen verschossen. Es war eine erstklassig funktionierende und hervorragend verarbeitete Waffe. Die ersten österreichischen Pistolen kamen dann allerdings erst 1982 auf den Markt. Von der weiteren Bezeichnung Pi 18 hatte man sich schon deshalb verabschiedet, um einer Verbindung zu dem US-Desaster um die „P-18“ möglichst aus dem Wege zu gehen. Ein hoffnungsloses Unterfangen, wie sich jedoch sehr bald herausstellen sollte.

[Bearbeiten] Vermarktung

[Bearbeiten] Ausschreibung Österreichisches Bundesheer

Auf Grund personeller Veränderungen bei den zuständigen Stellen des Bundesheeres sowie auch bei der Steyr-Daimler-Puch AG war inzwischen das Beziehungsgeflecht stark geschwächt worden. Das zwischenzeitlich vom Bundesheer erstellte Pflichtenheft konnte damit von einem anderen, äußerst agilen österreichischem Hersteller stark beeinflusst werden.

Mitte 1982 begann beim Österreichischen Bundesheer die Erprobung für die neue Ordonnanzpistole. Außer der Steyr GB wurden auch getestet: Beretta 92(F), Glock 17, H&K P 80 (geringfügig modifizierte P 7) sowie die SIG 220, 225, 226. Obgleich die GB von allen Waffen bei den Schussleistungen am besten abschnitt, entschied sich die österreichische Beschaffungskommission 1983 für die „billigste“ aller getesteten Waffen. Das zwischenzeitlich bestens funktionierende Beziehungsgeflecht zwischen Bundesheer und Glock gab den Ausschlag: die damals noch fast unbekannte österreichische Glock 17 - eine an puristischer Schlichtheit nicht mehr zu unterbietende „Plastikpistole“ - ging als Sieger der Ausschreibung hervor. Der Anfangsbedarf lag bei ca. 25 000 Pistolen. Angeschafft wurden dann ca. 28 000 Stück.

[Bearbeiten] Ausschreibung US-Army XM9

Enttäuscht und beschämt, im eigenen Land von einem „No-Name“-Mitbewerber geschlagen worden zu sein, nahm Steyr-Daimler-Puch mit der GB dann ab 1984 an einer US-amerikanischen Heeresausschreibung (JSSAP) teil. Dieser war eine Luftwaffenausschreibung vorausgegangen, welche das Heer aber nicht anerkannte. Die Heereserprobung „XM9“ sollte eine geeignete Seitenwaffe „M9“ im Kaliber 9 mm x 19 als Ersatz für die veralteten Colt Government M 1911 A1 im Kaliber .45 ACP ermitteln. Amerikanische und europäische Hersteller nahmen an der Erprobung teil: Beretta, Colt, FN, H&K, SIG-Sauer, Smith&Wesson, Steyr und Walther. Glock nahm an dieser Ausschreibung nicht, weil Glock einige Randbedingungen der Ausschreibung – z.B. im Auftragsfall die Offenlegung von Fertigungsdetails sowie auch die Abtretung von Patentrechten - nicht akzeptierte.

Die amerikanischen XM9-Waffentester waren wieder besonders von der GB beeindruckt: Höchste Präzision, Feuerkraft und Zuverlässigkeit sowie ein niedriger Rückstoß auch bei Verwendung extrem stark geladener Sondermunition zeichneten die Pistole aus. Das dann ausgerechnet Beretta mit ihrem Modell 92 den Zuschlag bekam, kann sich nur jemanden erschließen, der die Eigenarten US-amerikanischer Erprobungs- und Vergabepraktiken kennt. Stark beeinflussend war jedenfalls, daß Beretta in Bundesstaat Maryland bereits eine Fertigungsstätte für die Bedienung des zivilen US-Marktes hatte. Damit konnte die Produktion sowie die Wertschöpfung für die neue Seitenwaffe M9 in den USA stattfinden. Der M9-Kontrakt war anfänglich für 315 000 Pistolen ausgelegt und wurde später dann auf fast 500 000 erhöht.

[Bearbeiten] Zivile Vermarktung

Steyr erhielt zwar in den Folgejahren internationale kleinere Aufträge für militärische, paramilitärische sowie polizeiliche Spezialeinheiten - u.a. auch für die Special Forces in den USA sowie dem Libanon und in Pakistan. Auch etliche Geheimdienste interessierten sich für die GB. Das ehemalige MfS der DDR („Stasi“) orderte via USA ein paar Dutzend der GB. All diese kleineren Kontrakte konnten jedoch nicht den Verlust der österreichischen und amerikanischen Grossaufträge kompensieren. Steyr bemühte sich deshalb ab Mitte der 80-iger Jahre, mit der GB stärker in die zivilen Märkte einzudringen. Zu diesem Zeitpunkt war das - in Folge vieler Neuentwicklungen namhafter internationaler Hersteller - nicht gerade einfach. In den USA trat zwar das Kaliber 9 mm x 19 mit den sogenannten „Wondernine“-Pistolen seinen Siegeszug an; am häufigsten gefragt waren jedoch die gekürzten Kompaktvarianten. Die GB gab es in diesem Zeitraum jedoch nur als rein „militärische“ Variante in voller Größe. Für „Zivilisten“ also in der Regel etwas zu „klotzig“. Die GB entspricht in ihren Abmessungen ziemlich genau der Beretta 92 FS.

Steyr konnte Anfang der 80-iger mit der GB auch nicht in der damals international aufkommenden PPS-Szene (Praktisches Pistolenschießen, heute IPSC) signifikant Fuß fassen. Auf Grund ihrer ausgezeichneten Schnellschussfähigkeit und hohen Feuerkraft eignet sich die GB ganz hervorragend für das taktische Schießen. Eine bedeutende Einschränkung findet sich aber in der (versportlichen!) IPSC-Regel, den Wettkampf-Parcour mit gespanntem Hahn und „gesichert“ anzutreten – ein Relikt aus den Zeiten der Colt „Government“. Da die GB aber an Stelle der Sicherung eine aus taktischer Sicht geeignetere Hahn-Entspannvorrichtung hat, so wäre der Schütze beim ersten Schuss hierbei auf den SA-Revolverabzug angewiesen. Es wurde von Steyr leider versäumt, eine Variante mit „klassischer“ Sicherung nachzuschieben. Die GB wurde aber trotzdem bei denjenigen Pistolenschützen sehr beliebt, die in der o.a. Einschränkung für sich selbst kein Hindernis sahen und die auch keine Berührungsängste bezüglich der ungewohnten Verschlusstechnik sowie dem unkonventionellen und etwas futuristisch anmutenden Äußeren hatten.

Renommierte internationale Waffentester begeisterten sich an der GB. Sie lobten einstimmig die solide Ganzstahlkonstruktion, Präzision, Schussleistung, Funktionalität und die perfekte Griff-Ergonomie, sowie auch die hervorragende Handhabung und die gefällig-elegante Formgebung. Das jedoch immer noch nachwirkende Desaster um die äußerlich ähnliche „L.E.S. P-18“ hat - zumindest in den USA - verhindert, daß die verstärkten Marketingmaßnahmen dort Mitte der 80-iger zu wesentlich höheren Verkaufszahlen hätten führen können. Und nur diese - oder ein wesentlich höherer Preis - hätten nach der Ansicht von Steyr eine profitable Vermarktung ermöglicht.

1986 bot Steyr für die GB als Ergänzung zusätzlich noch einen in die Mündungskappe integrierten Kompensator an, der an Stelle der Standard-Mündungskappe eingesetzt werden konnte. Er ist speziell für die Verwendung von sehr stark geladener militärischer- oder IPSC- Sondermunition gedacht. Er wirkt direkt auf den Verschluss und verringert den Rückstoß nochmals um ca. 20%.

1987 teile Steyr dem US-Importeur Gun South mit, dass aus Wirtschaftlichkeitsgründen der Preis für die GB um ca. 150 $ angehoben werden müsse. Mag sein, dass Steyr mit dieser Preiserhöhung etwas zu ungeduldig agierte, denn alle „Wondernines“ befanden sich Mitte der 80-iger Jahre noch in der Markteindringungsphase und erwirtschafteten deshalb in den USA nur mäßige Gewinne. Beretta 92 FS und Steyr GB kosteten Mitte der 80-iger in den USA ca. 600 $. Damit war die Beretta im Vergleich zur GB zu teuer, verkaufte sich aber ohne Probleme.

Steyr war Mitte der 80-iger mit der GB auf Grund ihrer Leistungsdaten bestens aufgestellt. Gun South war aber der Ansicht, dass ein Preis von ca. 750 $ für die GB in den USA nicht durchsetzbar sei. Man hatte dort auch anscheinend das Desaster mit der L.E.S. / Rogak P-18 noch nicht ganz aus dem Köpfen bekommen. Steyr erachtete nun die Einwände des US-Importeurs als plausibel, und in Ermangelung fehlender Erkenntnisse aus anderen, zuverlässigeren Quellen wurde beschlossen, die Fertigung der GB einzustellen. Nun - weder Beretta, Walther oder SIG-Sauer hatten später Probleme, ihre Produkte zu sogar noch höheren Preisen zu vermarkten. Marketingtechnisch hiermit nun – nach der Sache mit L.E.S. / Rogak die zweite Fehlentscheidung. Und im Hinblick auf die sich damals bereits abzeichnenden Trend zu noch stärkeren Kalibern hatte die GB auf Grund ihres revolutionären Verschlusssystems das Aufwuchspotential hierfür. Eine Eigenschaft, die heute – bei Licht betrachtet - nur noch die Pistolen von Glock uneingeschränkt erfüllen.

Am 25. November 1988 erfolgte die letzte GB-Lieferung in die USA mit 633 Stück. Steyr hatte bis dato ca. 20 000 GB hergestellt.

Der Fall „Steyr GB“ zeigt drastisch auf, daß allein nur die Leistungsdaten über den Werdegang einer Waffe nicht entscheiden. Zeitpunkt der Markteinführung, negative wie positive Begleiterscheinungen, politische und wirtschaftliche Kausalitäten sowie marketingtechnische Unzulänglichkeiten entscheiden oft mehr darüber, ob eine Waffe über Jahrzehnte hinweg Furore macht, oder ob sie vom Markt wieder verschwindet. Als gesichert kann jedoch gelten, daß die mehr als unglücklichen Vorgänge um die Rogak „L.E.S. / Rogak P-18“ der Steyr GB sehr im Weg gestanden haben. Bei glücklicheren Begleitumständen hätte sich die GB auf Grund ihrer Leistungsdaten mindestens ähnlich wie die ebenfalls aus den 70-iger Jahren stammende tschechoslowakische Ceska Zbrojovka M 75 (CZ 75) durchsetzten können.

[Bearbeiten] Quellen

[Bearbeiten] Weblink

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