Strukturanpassungsprogramm
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Strukturanpassungsprogramm (SAP, englisch: Structural Adjustment Programme, von der Enhanced Structural Adjustment Facility deshalb auch ESAF-Programme) bezeichnet wirtschaftliche Maßnahmen in Ländern der Dritten Welt oder Osteuropa, die vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank als Bedingung für die Vergabe von Krediten oder den Schuldenerlass im Rahmen der HIPC-Initiative verlangt wird (HIPC: Heavily Indebted Poor Countries).
Die Maßnahmen, deren Ursprünge auf die Bekämpfung der Schuldenkrise der 80er Jahre in den Entwicklungsländern zurückgehen, unterliegen marktwirtschaftlichen Prinzipien. Diese Maßnahmen sind für jedes Land einzeln zugeschnitten, jedoch weisen die meisten folgende Merkmale auf:
- Einschnitte in:
- Staatsausgaben, Löhnen, Beschäftigung im öffentlichen Dienst
- Preispolitik gestaltet um:
- Subventionen im Nahrungsmittelbereich zu eliminieren, die Preise im Agrarsektor anzuheben, die Staatsausgaben zu senken (monetäre Austerität)
- Liberalisierungen im Finanzsektor einschließlich:
- Abwertung der Landeswährung, Abbau von Devisenverkehrsbeschränkungen, Privatisierung von Staatsbetrieben, Darlehensreform
Kritiker bemängeln vor allem die enge ökonomische Ausrichtung der Programme, die soziale, umweltpolitische oder kulturelle Aspekte des Nehmerlandes außer Acht lässt. Auch die wirtschaftliche Nachhaltigkeit der Maßnahmen wird angezweifelt, da der Schuldenstand von SAP-Teilnehmerländern weiter gestiegen ist.
In den 90er Jahren wurde diese Kritik auch von seiten der Geberländer aufgenommen. Zu den ökonomischen Zielen der Maßnahmen sollten eine soziale und ökologische Komponenten kommen. Zusammen mit den 1999 vereinbarten Schuldenerlassmaßnahmen für die höchstverschuldeten, so genannten HIPC-Länder wurde ein Konzept vorgestellt, das die einzelnen Länder und ihre Gesellschaften stärker in die Armutsbekämpfung mit einbezieht.
Um einen Schuldenerlass zu erhalten, müssen die Länder nun so genannte Armutsbekämpfungs- und Wachstumsprogramme durchführen (Poverty Reduction and Growth Facility, PRGF).
[Bearbeiten] Siehe auch
Die Strukturanpassungsprogramme von Weltbank und IWF müssen jedoch auch im Lichte der Entwertungskrisen gesehen werden. Entwertungskrisen treten ein, wenn akkumuliertes Kapital und freie Arbeitskraft nicht zueinander finden. Dann wird Kapital entwertet. Die nach den Umschaltkrisen in den 80er und 90er Jahren eingetretene sog. monetaristische Wende sorgte dafür, dass Geld knapp wurde und der noch in den 70er Jahren reichliche Zustrom von Kapital in die Entwicklungsländer versiegte. Die Länder stürzten in die Schuldenkrise. An dieser Stelle beschlossen der IWF und die Weltbank, den in die Zahlungsunfähigkeit gestürzten Ländern nur dann noch "fresh money" zu gewähren, wenn sie sich verpflichteten Strukturanpassungsprogrammen durchzuführen, die u.a. Marktöffnung und Liberalisierung des Kapitalverkehrs beinhalteten. Damit war der Weg dafür geebnet, dass Entwertungskrisen seither bevorzugt in diesen Ländern stattfinden. So in Mexiko 1994, Asien 1997, Russland 1998, Brasilien 1999, Argentinien 2001. (Quelle: Thomas Fritz "Globale Produktion, Polarisierung und Protest" FDCL 2005)
[Bearbeiten] Weblinks
- IMF Lending to Poor Countries—How does the PRGF differ from the ESAF? (englisch, französisch, spanisch)
- Thomas Fritz "Globale Produktion, Polarisierung und Protest" in: Thomas Fritz, Christian Russau, Cícero Gontijo: Produktion der Abhängigkeit: Wertschöpfungsketten. Investitionen. Patente. Hrsg.v.FDCL, Berlin, Oktober 2005, 1.Aufl., ISBN: 3-923020-31-7