Türmer
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Türmer war im Mittelalter ein nicht sonderlich angesehener Beruf.
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[Bearbeiten] Aufgaben
Türmer (auch Turmwächter oder Turmbläser genannt) hatten allgemein die Aufgabe, vom höchsten Turm aus die Stadt vor Gefahren zu warnen.
Je nach Gegebenheit wurden dafür Kirchtürme oder Türme der Stadtbefestigung genutzt, innerhalb von Schlössern oder Burgen war es meist der Bergfried. Zur Warnung der Stadtbewohner nutzten die Türmer entweder ein Wächterhorn, Glocken, Signalflaggen oder bei Dunkelheit auch Lampen. Es war durchaus üblich, dass Türmer gleichzeitig im Turm wohnten. Einer der letzten seiner Zunft, der Munotwächter von Schaffhausen (Schweiz) tut dies immer noch. Eine weitere Aufgabe des Türmers konnte zudem das stündliche Schlagen einer Glocke zur Zeitangabe sein.
Zu den Gefahren gehörten herannahende Truppen und Banden, aber auch Brände, die wegen der Enge der Städte, der Holzbauweise und des als Hausbrand lange verwandten Torfs (dessen Asche relativ lange nachglüht) sehr gefährlich waren.
Türmer wurden bis Anfang des 20. Jahrhunderts eingesetzt. Heute werden sie in wenigen Städten im Rahmen des Tourismus angestellt.
Das erste deutsche Türmermuseum befindet sich in Vilseck, einer Stadt des Regierungsbezirks Oberpfalz in Bayern.
[Bearbeiten] Historische Überlieferungen
Tragisch endete 1661 das Schicksal des Türmers von St. Reinoldi in Dortmund, als dessen Kirchturm nach Erdbebenschäden einstürzte. Zwar, so berichten die Stadtchroniken, schaffte er es noch die Passanten unterhalb des Turmes zu warnen, der Wächter selbst fand jedoch den Tod.
In der Hamburger Kirche St. Michaelis versah der Türmer schon im Turm der ersten großen St. Michaeliskirche, die 1750 durch Blitzschlag zerstört wurde, sein Amt. Der damalige Türmer Hartwig Christoffer Lüders schrieb: „den 2. März 1750 habe ich den Dienst angetreten, aber nur acht Tage verwaltet, weil den 10. März selbigen Jahres die Kirche samt Thurm durch einen unglücklichen Wetterstrahl in die Asche gelegt ward. Anno 1778 den 14. September habe ich durch die Gnade Gottes erlebt, daß der Knopf und Flügel des neu erstandenen Thurmes ist wieder aufgesetzt, und mit innigster Freude Lob- und Danklieder musicirt.“[1] Schon einen Monat nach dem großen Unglück ließ der Rat der Stadt auf dem Großneumarkt einen 20 Meter hohen Glockenturm aus Holz errichten, in dem Glocken der kurz vorher wegen Baufälligkeit abgerissenen kleinen St. Michaeliskirche aufgehängt wurden. Von diesem Turm blies der Türmer dann täglich morgens um 10 Uhr und abends um 21 Uhr seinen Choral bis er diesen Dienst wieder vom Turm herab ausüben konnte. Er und seine Nachfolger mussten übrigens noch bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts einen Teil ihres Einkommens zu Weihnachten mit einer Büchse bei den Gemeindemitgliedern erbitten.
Türmer gibt es schon so lange, wie Menschen Türme bauen. Das Choralblasen vom Turm ist aber jüngeren Datums, eine rein protestantische Einrichtung, die erst mit der Reformation aufkam. Dem geblasenen Choral kam eine besondere Bedeutung zu, es war eine Art Predigt, die über die Häuser hinweg zu den Menschen hingetragen wurde. Die Gemeinde hörte den Choral und konnte im Hause oder auf der Straße mitsingen oder mitbeten.
Heute bläst der Türmer in St. Michaelis an jedem Werktag um 10 und um 21 Uhr und am Sonntag um 12 Uhr.
[Bearbeiten] Türmer in der Literatur
Im Gesangbuch findet sich noch das Kirchenlied Wachet auf, ruft uns die Stimme des Wächters sehr hoch auf der Zinne.
Jedem Schweizer bekannt ist das "Lied vom Munotglöckchen", welches den Liebeskummer des Munotwächters beschreibt.
Ein literarisch berühmtes Türmerlied ist das des Lynkeus in Goethes Faust II: Zum Sehen geboren, zum Schauen bestellt, dem Turme geschworen, gefällt mir die Welt. Goethe beschrieb auch in der Ballade "Der Totentanz" das Schicksal eines Türmers.
[Bearbeiten] Weitere Bedeutungen
"Der Türmer" war auch der Name einer nationalkonservativen, protestantischen Kulturzeitschrift, die von 1898 bis 1943 in Berlin erschien und lange Zeit von dem Schriftsteller Jeannot Emil Freiherr von Grotthuß herausgegeben wurde.
Druck und Verlag von Greiner und Pfeifer - STUTTGART
Siehe auch: Kreidfeuer
[Bearbeiten] Quellen
[Bearbeiten] Literatur
- Scheele, Friedrich [Hrsg.]; Glimme, Martina: Slaept niet die daer waeckt: von Nachtwächtern und Türmern in Emden und anderswo; Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung, Veröffentlichungen des Ostfriesischen Landesmuseums und Emder Rüstkammer 11, Oldenburg: Isensee, 2001, ISBN 3-89598-761-1