Gesangbuch
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Ein Gesangbuch ist eine Sammlung von Liedern, die dem gemeinsamen Singen dient.
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[Bearbeiten] Arten des Gesangbuchs
Gesangbücher sind meist nach den Themen der Lieder geordnet, sind aber öfters auch nur einem bestimmten Thema gewidmet. So gibt es
- kirchliche Gesangbücher, die von den Religionsgemeinschaften oder ihren Untergliederungen herausgegeben werden, und dem Gesang während des Gottesdienstes und anderer Veranstaltungen dienen. In ihm sind Liedtexte sowie oftmals die dazugehörigen Noten von traditionellen und neuen geistlichen Liedern enthalten. Zudem sind häufig Gottesdienstabläufe, Psalmen und Gebete abgedruckt.
- Gesangbücher für Pfadfinder oder andere Gruppierungen wie die Alpenvereine
- Liederbücher für die Schule oder für Soldaten
- Kommersbücher für Studentenverbindungen.
- Thematische Gesangbücher - etwa mit Spirituals, zum Wandern, für den Advent und Weihnachten, und ähnliches mehr.
- In der Seemannssprache wird der Scheuerstein zum Scheuern des Decks als Gesangbuch bezeichnet.
Gesangbücher im deutschsprachigen Raum enthalten meist die Melodie in Notenschrift sowie den Text der Lieder. Doch gibt es auch noch jenen Typ von Gesangbuch, der nur die Texte enthält - vor allem dann, wenn es zum Mitnehmen unterwegs gedacht und die Melodien (etwa bei Bergsteigerliedern - hinlänglich bekannt sind.
Früher waren solche Lieder-Textbücher viel stärker als heute verbreitet und wurden für zahlreiche Themen und von verschiedensten Vereinen herausgegeben. Kirchengesangbücher im englischsprachigen Raum sind auch heute noch oft in der Nur-Text-Variante im Gebrauch.
Noten für Begleitinstrumente enthalten nur wenige Gesangbücher, oft sind jedoch Akkorde für die begleitende Gitarre (oder ähnliches) angegeben. Doch gehen manche Herausgeber von Gesangbüchern heute dazu über, zumindest bei einem Großteil der Lieder komplette Notensätze mit abzudrucken. Dies erspart dann die Veröffentlichung eines besonderen Notenbuchs.
[Bearbeiten] Christliche Gesangbücher, geschichtliche Entwicklung
Geschichte und Entwicklung des Gesangbuchs sind eng verknüpft mit der Geschichte des Kirchenlieds.
[Bearbeiten] Mittelalter
Bereits im Mittelalter gab es in der Katholischen Kirche Bücher mit liturgischen Gesängen wie Graduale und Antiphonale. Sie waren jedoch nicht für die Gemeinde, sondern für den Chor bestimmt. Im römisch-katholischen Gottesdienst gab es keine Gemeindelieder.
[Bearbeiten] Vorreformation und Reformationszeit
Erst in der Vorreformation wurden Gemeindegesangbücher zusammengestellt, die volkssprachliche Lieder enthielten. Eines der ersten bekannten Gemeindegesangbücher erschien 1501 bei den Böhmischen Brüder. Michael Weiße gab 1531 eine deutsche Adaption heraus.
Der Reformator Martin Luther schätzte neben der Beteiligung der Gemeinde am Gottesdienst durch den Gemeindegesang das Kirchenlied auch zur Vermittlung von Lehraussagen. 1524 erschien sein Achtliederbuch. Ebenfalls 1524 gab Luthers Mitarbeiter Johann Walter das Geistliche Chorgesangbüchlein heraus, ein 4-stimmiges Gesangbuch mit Tenorliedern.
Um 1564 erscheinen in erster Auflage die Etliche schöne christliche Gesäng wie dieselbigen zu Passau von den Schweizer Brüdern in der Gefenknus im Schloss durch göttliche Gnade gedicht und gesungen warden. Ps. 139. Ihre Dichter waren Anhänger der Täuferbewegung, Entstehungsort - wie der Titel angibt - der Kerker des Passauer Schlosses. Die zweite erweiterte Auflage (gedruckt 1571) trägt bereits im Titel den Namen, unter dem dieses Gesangbuch bekannt ist und noch bis heute in den amischen Gemeinden seine gottesdienstliche Verwendung findet: Ausbund. Es ist das älteste Gesangbuch, das seit der Reformationszeit ununterbrochen genutzt wird.
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erscheinen zahlreiche weitere Gesangbücher in rascher Folge. Die Erfindung des Buchdrucks mit (beweglichen) Lettern ermöglichte es, in großer Zahl und für alle Gemeindeglieder Gesangbücher zu drucken und zu erschwinglichen Preisen zur Verfügung zu stellen.
Gesangbücher wurden häufig mit Anleitungen zum (privaten) Gebet und zur (häuslichen) Andacht ergänzt, häufig wurden auch der Katechismus und die zentralen Bekenntnisse beigefügt.
Michael Vehe gab 1537 das erste katholische Gemeindegesangbuch heraus, das teilweise Überarbeitungen von Liedern Luthers enthielt. Umfangreicher und von der Rezeption her bedeutender war aber das 1567 erschienene Gesangbuch Geistliche Lieder und Psalmen der Alten Apostolischer recht und warglaubiger Christlicher Kirchen des Bautzener Domdekans Johann Leisentrit. Dieses größte, wohl am schönsten ausgestattete Gesangbuch der katholischen Reform enthält 250 Lieder mit 181 Melodien, darunter viele aus protestantischen Quellen und etwa 70 neue, die aus Leisentrits eigener Feder stammen dürften.
1545 erschien das noch von Luther ausdrücklich anerkannte Babstsche Gesangbuch.
Maßgeblich durch den Reformator Johannes Calvin gefördert erschien 1562 mit dem Genfer Psalter das erste vollständige Psalmengesangbuch. In den Übersetzung Ambrosius Lobwassers wurde es für über zweihundert Jahre das maßgebliche deutschsprachige Gesangbuch der reformierten Gemeinden.
1565 erschien in Tübingen der erste komplett vierstimmig vertonte deutsche Psalter von Sigmund Hemmel, in dem der Cantus Firmus noch im Tenor geführt ist.
Von Lukas Osiander stammt das erste mehrstimmige Gesangbuch mit Diskant-cantus firmus (1569).
[Bearbeiten] Zeit der Lutherischen Orthodoxie und der Gegenreformation
Die Zeit nach dem Tod Luthers war durch eine Verfeinerung und Dogmatisierung der Theologie gekennzeichnet, die sich auch in den Kirchenliedtexten niederschlug.
[Bearbeiten] Zeit des Dreißigjährigen Krieges und Vorpietismus
Im 17. Jahrhundert blühte die deutschsprachige Dichtkunst auf (1624 Martin Opitz' Buch von der Prosodia germanica oder deutschen Poeterei). Gesangbücher zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges richteten sich verstärkt an den Rahmen der privaten Andacht, so etwa das 1647 in zweiter Auflage von Johann Crüger herausgegebene Praxis pietatis melica. Es enthielt erstmals Andachtslieder von Paul Gerhardt (18 in der zweiten Auflage, 82 in der fünften Auflage 1653) und erreichte zahlreiche Wiederauflagen.
Während sich alle bisherigen Gesangbücher letztlich an Privatpersonen richteten, erschienen nun auch erste Regionalgesangbücher, welche von Landesherren für kleine Regionen herausgegeben wurden.
[Bearbeiten] Pietismus
Im Rahmen des Pietismus entstand eine Flut neuer Kirchenlieder, die sich in neuen Gesangbüchern niederschlug. Das wichtigste Gesangbuch des Pietismus, das 1704 in |Halle erschienene Freylinghausensche Gesangbuch, umfasste in zwei Bänden ungefähr 1500 Lieder.
[Bearbeiten] Rationalismus
Während des Rationalismus wurden viele existierende Lieder nach rationalistischen Wertmaßstäben überarbeitet, und es gab zahlreiche Neudichtungen. Ein Gesangbuch des Rationalismus ist das 1780 von Johann Andreas Cramer herausgegebene Cramersche Gesangbuch.
[Bearbeiten] 19. Jahrhundert
Die Romantik brachte eine Rückbesinnung auf Lieder der Reformation und auf alte liturgische Formen. Der erste Ansatz eines gesamtdeutschen evangelischen Gesangbuchs, das Deutsche Evangelische Gesangbuch in 150 Kernliedern von 1853 verzichtet fast vollständig auf pietistische und rationalistische Lieder. Letztlich konnte es sich aufgrund seiner einseitigen stilistischen Ausrichtung nicht durchsetzen.
Während das Konzept eines einheitlichen evangelischen Gesangbuchs für den gesamten deutschen Raum also zunächst scheiterte, wurden verschiedene evangelische Gesangbücher für einzelne Landeskirchen herausgegeben, beispielsweise 1883 für Schleswig-Holstein.
[Bearbeiten] 20. und 21. Jahrhundert
Das 20. Jahrhundert bringt zunächst den Durchbruch überregionaler Gesangbücher.
[Bearbeiten] Evangelische Landeskirchen
Das 1915 erschienene Deutsche Evangelische Gesangbuch für die Deutschen im Ausland wurde als Stammteil in verschiedene evangelisch-landeskirchliche Gesangbücher übernommen, die jeweils um einen Regionalteil erweitert waren. Ein Beispiel für ein Gesangbuch dieser Konzeption ist das Nordgesangbuch von 1930 für Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg.
Um 1950 wurde in allen deutschen Landeskirchen und in Österreich das Evangelischen Kirchengesangbuch (EKG) eingeführt. Auch das EKG bot einen einheitlichen Stammteil, der jeweils um einen landeskirchlichen Regionalteil ergänzt wurde.
Schon bald wurde als Mangel empfunden, dass das EKG kaum neue Melodien enthielt. Neuen musikalischen und textlichen Bedürfnissen (Jazz-Elemente, Spirituals, Neue Kirchenlieder unter Einbeziehung popularmusikalischer Elemente etc.) wurde zunächst mit Anhängen und Beiheften Rechnung getragen (1975 Gottes Volk geht nicht allein, 1983 Lieder unserer Zeit).
Schließlich wurde um 1994 das Evangelische Gesangbuch (EG) eingeführt, das sich an alle deutschsprachigen Gemeinden in Europa richtet. Wie das EKG besteht es aus Stammteil und landeskirchlichem Regionalteil. Im Gegensatz zum EKG berücksichtigt das EG eine große Breite an musikalischen und textlichen Stilistiken.
In der Schweiz gibt es seit Ende der 1990er das Reformierte Gesangbuch (RG).
[Bearbeiten] Evangelische Freikirchen
Die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) führte 1987 das Evangelisch-Lutherische Kirchengesangbuch (ELKG) ein, das im Stammteil dem EKG entspricht und im Anhang Liedgut vor allem aus Zeit der der lutherischen Orthodoxie und der lutherischen Erweckung bietet. Seit 2005 wird in der SELK an einem neuen Gesangbuch gearbeitet, für das eine "höchstmögliche Kompatibilität zu EG und ELKG in praktisch-musikalischer Hinsicht" angestrebt wird.
Die Evangelisch-Lutherische Freikirche (ELFK) benutzt seit 1971 das Lutherische Kirchengesangbuch (LKG), das eine eigenständige Struktur aufweist und teilweise noch unrevidierte Textfassungen bietet. Seit 2002 arbeitet die ELFK an einem neuen Gesangbuch. Im Herbst 2005 erschien dazu ein Probeheft unter dem Titel Auf dem Weg. Lieder zu Advent und Trauung.
Die Evangelisch-methodistische Kirchen (EmK) in Deutschland, Österreich und der Schweiz haben zum 1. Advent 2002 ebenfalls ein neues Gesangbuch veröffentlicht, das das alte Gesangbuch aus dem Jahre 1969 ablöste. Das neue Gesangbuch dieser protestantischen Freikirche umfasst 681, zum Teil ganz neue Lieder nicht zuletzt aus dem Bereich Neues Geistliches Lied. Ergänzt wird es durch Gebete, Bekenntnisse, Andachten und Liturgien. Das Gesangbuch ist erstmals durch künsterlische Bilder mit religiöser Aussage illustriet. Es umfasst insgesamt 1472 Seiten.
Sein fünftes Gesangbuch innerhalb von 100 Jahren gab der Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland im Jahr 2004 heraus. Es trägt den Titel Feiern & Loben und wird - wie auch das vorhergehende Gesangbuch Gemeindelieder gemeinsam mit dem Bund Freier evangelischer Gemeinden in Deutschland benutzt. Die drei ersten evangelisch-freikirchlichen (baptistischen) Gesangbuchausgaben trugen den Titel Glaubensstimme.
Die Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland gab Anfang der 1980er Jahre das Gesangbuch Wir loben Gott heraus. Es ist der Nachfolger der Zionslieder, woraus bisher gesungen wurde. Im Jahr 2005 kam zudem ein Ergänzungsband mit dem Titel Leben aus der Quelle heraus, teilweise mit neuerem, modernerem Liedgut.
[Bearbeiten] Römisch-katholische Kirche
Für die Katholiken in Deutschland, Österreich und Südtirol ist seit 1975 das Gotteslob Gebet- und Gesangbuch, auch mit Diözesan-Teilen. Zuvor hatte jede Diözese ein eigenes Gesangbuch, wie das Laudate im Bistum Münster, das bedeutend mehr liturgische Texte und Gebete enthielt. An einem Nachfolgewerk des Gotteslobs, das den vorläufigen Titel Gemeinsames Gebet- und Gesangbuch (GGB) trägt, wird derzeit gearbeitet. Ein Fertigstellung ist nicht vor 2010 zu erwarten.
[Bearbeiten] Andere Konfessionen
In der Neuapostolischen Kirche wurde das 1889 erschienene Apostolische Gesangbuch 1910 durch die erste Fassung des Neuapostolischen Gesangbuchs abgelöst. Die zweite Ausgabe des Neuapostolischen Gesangbuchs von 1925 war etwa 80 Jahre in Gebrauch. Sie wurde 2005 durch das Gesangbuch der Neuapostolischen Kirche ersetzt.
Die deutschsprachigen Gemeinden der freien Vereinigung Apostolischer Gemeinden haben 1959 ein eigenes Apostolische Gesangbuch herausgegeben, dass sich stark an das neuapostolische Gesangbuch anlehnte. Von 1992 bis 2005 wurde dieses grundlegend überarbeitet bzw. neugestaltet und ist seit 2005 in den Gemeinden in Gebrauch. Es heißt Singt dem Herrn.
[Bearbeiten] Ökumene
Die Zahl der gemeinsamen (ökumenischen) Lieder steigt von Gesangbuch-Neuausgabe zu -Neuausgabe. Verantwortlich dafür ist die Arbeitsgemeinschaft Ökumenisches Liedgut (AÖL).
[Bearbeiten] Gesangbücher für besondere Anlässe und für den privaten Rahmen
In vielen Kirchengemeinden werden für besondere liturgische Feiern wie die Osternacht, Gottesdienste für Kinder oder für die Jugend spezielle Liederhefte erstellt, oft auch als Schnellhefter zum Ergänzen oder Erneuern einzelner Blätter.
Auch bei kirchlichen Festen mit familiärem Charakter - vor allem für die Taufe und für Hochzeiten - wird es unter engagierten Christen üblich, die gesungenen Lieder in eigenen dünnen Liederheften zu kopieren. Diese Hefte enthalten häufig auch Fotos der "Hauptpersonen", die Texte der Lesungen oder andere Bibelstellen bzw. persönliche Texte und sind als kleines Geschenk zum Mitnehmen gedacht.
[Bearbeiten] Literatur
- Hermann Schüling: Katalog einer Sammlung von Gesang- und Gebetbüchern. (= Berichte und Arbeiten aus der Universitätsbibliothek und dem Universitätsarchiv Giessen; 44/1992). Universitätsbibliothek, Gießen 1992 (Digitalisat) – regional und sachlich gegliederter Katalog mit über 5000 Titeln
- Alexander Völker: Gesangbuch. In: Theologische Realenzyklopädie 12 (1984), S. 547-565 (Überblick mit weiterer Literatur)
- OKW: Vorschrift H.Dv. 371, L.Dv. 41 - Evangelisches Feldgesangbuch - 1939
- OKW: Vorschrift H.Dv. 372, M.Dv. 838, L.Dv. 42 - Katholisches Feldgesangbuch - 1939
[Bearbeiten] Weblinks
Wiktionary: Gesangbuch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |
- Verzeichnis protestantischer deutschsprachiger Gesangbücher
- Gesangbücher in Württemberg 1524-2002, Datenbank
- Katholisches Gesangbuch der Schweiz, Inhalt+Denkanstöße
- www.gesangbuchlieder.de - Notensätze & Musik-Files zum kostenlosen Download