Tal des Schweigens
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Das Tal des Schweigens ist das höchstgelegene Tal oder Kar der Erde.
Ein anderer Name dieses Tals ist im Englischen „Western Qwm“ (Khum gesprochen), sowohl nach einem walisischen Namen, als auch in Anlehnung an den Fluss und Gletscher namens Khumbu.
Das Tal liegt in Nepal, in extrem unzugänglicher Lage südlich des Gipfels vom Mount Everest, westlich vom Gipfel des Lhotse und nördlich des Siebentausenders Nuptse. Nördlich wird das Tal vom berüchtigten Westgrat des Everest begrenzt, seine südliche Flanke bilden die Kette der West- und Ostgrate des Nuptse, die zum Westgrat des Lhotse führen, und am Ende des Tales erhebt sich die vereiste Flanke des Lhotse, die auf den höchsten Pass der Erde führt, den 8.000 Meter hohen Südsattel hinüber ins östlich gelegene Tal des Kangshung-Gletschers in Tibet.
Das Tal selbst ist ein irritierender Ort. Umschlossen durch die hohen Bergketten, ist es in dem Tal oft windstill (daher der Name: Tal des Schweigens) und am Tage oft ungewöhnlich heiß durch die Reflexion des Sonnenlichtes an den vielen Eis- und Schneeflächen; nachts bzw. nach Sonnenuntergang können die Temperaturen tief unter den Nullpunkt springen. Der einzige Zugang zum Tal ist ein extrem gefährlicher, über 600 Höhenmeter messender Eisbruch des in diesem Tal entstehenden Khumbu-Gletschers.
Das Tal selbst beginnt auf einer Höhe von ca. 6.000 Metern oberhalb des Eisfalls; in dieser Region wird in der Regel das „Vorgeschobene Basislager“ bzw. Advanced Base Camp, kurz ABC errichtet. Am Ende des Tales oder einige Hundert Meter davor, vor der Flanke des Lhotse, wird ein weiteres Lager errichtet.
In seiner vergletscherten Mulde entspringt der Khumbu-Gletscher, aus dem sich der Khumbu-Fluss speist, nach dem die gesamte Region und der Naturpark benannt ist. Unterhalb des Tals des Schweigens befindet sich auf der Gletscher-Seitenmoräne das Everest-Basislager in ca. 5400 Metern Höhe, von dem aus das Tal aufgesucht wird: über einen der gefährlichsten Wege der Erde, nämlich durch einen 600 Meter bergauf ansteigenden Eisbruch, in dem sich der Gletscher um ca. 1,2 Meter täglich bewegt. Den Weg säumen Seracs, gigantische zerbrochene Eisnadeln, die das Volumen einen Hochhauses haben können mit Höhen bis zu 35 Metern, und beinah jederzeit umstürzen können. Zwischen den Seracs befinden sich Gletscherspalten, die zu Teilen über 150 Meter tief sein können. Der Eisbruch ist das mit Abstand gefährlichste Stück Weg hinauf auf der gängigsten Route der Everest-Besteiger, der Südsattel-Route.
Hinter dem Eisbruch im eigentlichen Tal ist es relativ sicher, jedoch geht man auf einem bewegten Gletscher, der gewaltige Spalten aufweisen kann. Das Tal selbst ist nur schwach geneigt und hat ca. zweieinhalb Kilometer Länge bis zum östlichen Talabschluss auf knapp 7.000 Metern Höhe.
Der erste Mensch, der in das Tal des Schweigens blickte, soll der berühmte englische Bergsteiger George Mallory gewesen sein. Er erklomm bei seinen Erkundungen der Everest-Region am 19. Juli 1921 von tibetischer Seite aus den Lho-La-Pass nordwestlich des Khumbu-Tales vom Rongbuk-Gletscher aus. Von der Passhöhe aus 6.000 Metern blickte er in ostsüdöstliche Richtung schräg von oben in das Tal des Schweigens. Er berichtete, dass aufgrund des riesigen Eisbruchs niemand in dieses Tal gelangen könne. Das erste Foto vom Eisbruch und dem Tal machte der Neuseeländer L. V. Bryant 1935 vom gleichen Platz aus. Raymond Lambert und der Sherpa Tenzing Norgay waren 1952 im Rahmen einer Schweizer Everest-Expedition die ersten, die das Tal des Schweigens erreichten. Ein Jahr später, 1953, gelangte die englische Expedition unter Sir John Hunt mit den Erstbesteigern, Tenzing Norgay und Sir Edmund Hillary, durch dieses Tal auch auf den Gipfel des Mt. Everest.
Tal des Schweigens ist auch der Titel eines Films, der jedoch mit dem realen Tal am Mount Everest nichts zu tun hat.