Techniscope
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Techniscope ist ein seit 1963 hauptsächlich in Italien eingesetztes, nicht-anamorphotisches Filmformat zur Produktion von Breitwand-Kinofilmen mit einem Seitenverhältnis von 1:2,33 (Höhe zu Breite).
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[Bearbeiten] Technische Grundlagen
Techniscope ist - ebenso wie Super 16, Super 35 oder Vistavision - ein reines Produktions-Filmformat, das im Kino nicht projiziert werden kann. Nur das Kameranegativ wird im Techniscope-Format aufgenommen; Interpositive, Internegative und Vorführkopien werden durch Umkopierung auf das Cinemascope-Format hergestellt.
Der Perforationsschritt des vertikal durch die Filmkamera laufenden 35 mm-Films beträgt bei Techiscope nur zwei statt vier Perforationslöcher ("35 mm 2-perf" statt "35mm 4-perf"). Die Einzelbilder haben die Abmessungen 22 mm x 9,47 mm und sind damit nur etwa halb so hoch wie normaler 35 mm-Kinofilm.
[Bearbeiten] Filmaufnahme
Für die Filmaufnahme werden Filmkameras (meist Arriflex) eingesetzt, deren Perforationsschritt von "35 mm 4-perf" auf "35 mm 2-perf" umgebaut ist.
Es kommen normale sphärische Objektive zum Einsatz. Daher wird das Bild des Kameranegativs nicht horizontal gestaucht, wie dies bei anamorphotischen Verfahren (z.B. Cinemascope) geschieht.
[Bearbeiten] Kopierung
Von dem geschnittenen Techniscope-Kameranegativ (Schnittnegativ) wird durch Kopierung auf dem optischen Printer ein anamorphotisches Cinemascope-Interpositiv erstellt (Seitenverhältnis 1:2,35). Hiervon werden mittels Kontaktkopierung Cinemascope-Internegative gezogen, die wiederum als Grundlage für die Cinemascope-Vorführkopien dienen.
[Bearbeiten] Vorteile
- Techniscope benötigt nur halb soviel Kameranegativ-Filmmaterial wie Cinemascope. Aus diesem Grund wurde Techniscope scherzhaft auch als „Cinemascope für Arme“ bezeichnet.
- Techniscope erfordert keine teuren und schweren anamorphotischen Objektive. Stattdessen werden normale sphärische Objektive verwendet. Für die Dreharbeiten können somit leichte und preiswerte 35 mm-Filmkameras (z.B. Arriflex II) eingesetzt werden, deren Bildfenster und Perforationsschritt auf Techniscope umgebaut wurde. Das geringe Gewicht ermöglicht den flexiblen Einsatz als Handkamera.
- Für eine Techniscope-Produktion wird eine geringere Wattage an Kunstlicht benötigt, da sphärische Objektive lichtstärker sind als Anamorphoten.
- Durch die Verwendung von sphärischen Objektiven sind plastisch wirkende Groß- und Detailaufnahmen bei geringem Abstand möglich (Weitwinkelaufnahmen im Nahbereich oder ggf. auch Makrofotografie). Vergleichbare Einstellungen sind mit anamorphen Objektiven nicht realisierbar - wegen ihrer zylindrischen Frontlinse käme es zu unnatürlichen Bild-Verzerrungen. Nur mit längeren Brennweiten bei größerem Abstand (Einsatz von Teleobjektiven) lassen sich mit anamorphen Objektiven verzerrungsfreie Groß- oder Detaileinstellungen (vgl. Einstellungsgröße) erzielen; dies führt jedoch zu "flachen" Bildern mit geringerer Schärfentiefe.
- Bei gleichem horizontalen Bildwinkel und gleicher Blendenöffnung weisen Techniscope-Aufnahmen gegenüber Cinemascope-Aufnahmen eine deutlich höhere Schärfentiefe auf. (Erklärung: Für den gleichen horizontalen Blickwinkel ist bei Cinemascope die doppelte Techniscope-Brennweite erforderlich, was die Schärfentiefe verringert.)
[Bearbeiten] Nachteile
- Die gegenüber Cinemascope reduzierte Kameranegativ-Fläche des Techniscope-Bildfensters bringt einen Verlust an Auflösungsvermögen (Bildschärfe) mit sich. Da sphärische Objektive jedoch i. d. R. bessere Abbildungseigenschaften aufweisen als anamorphe Objektive, sind Techniscope-Aufnahmen meist nur unwesentlich unterlegen.
- Da Techniscope-Filme stärker vergrößert werden müssen, wirken sie in der Projektion tendenziell blasser und körniger. Besonders bei weitwinkeligen Westernpanoramen wird der Eindruck eines gewissen Film-Alters erzeugt. Zuschauer empfinden dies jedoch meist als zum Genre passend und daher ästhetisch.
- Durch den sehr schmalen Bildstrich des Techniscope-Bildes werden häufig die Klebestellen des geschnittenen Kameranegativs sichtbar; in der Kinokopie erkennt man sie als weiße Bildblitzer. Dieses Problem entsteht allerdings auch beim Schnitt von Cinemascope-Kameranegativen, deren Bildstrich ebenfalls sehr schmal ist.
[Bearbeiten] Filmbeispiele
Zwei gute Studienbeispiele für Techniscope als verzerrungsarmes Breitbild-Aufnahmeverfahren sind Sergio Leones Western Spiel mir das Lied vom Tod (1968), bei dem Tonino Delli Colli die Kamara führte, sowie Keoma (1976) von Enzo G. Castellari. Weitere Beispiele finden sich in der englischen Wikipedia zu diesem Stichwort.