Wehrmachtslokomotive WR 360 C 14
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WR 360 C 14 DB und DR Baureihe V 36 |
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Baujahr(e): | ab 1938 |
Ausmusterung: | DB: bis 1981 DR: bis 1985 |
Achsformel: | C |
Länge über Puffer: | 9.200 mm |
Dienstmasse: | 39 bis 43 t |
Radsatzfahrmasse: | 127 bis 140 kN |
Höchstgeschwindigkeit: | 55/60 km/h |
Treibraddurchmesser: | 1.100 mm |
Motorbauart: | 1 6-Zylinder Diesel-Reihenmotor |
Leistungsübertragung: | hydraulisch |
Lokbremse: | Druckluftbremse |
Die Diesellokomotiven des Typs WR 360 C 14 entstanden in den späten 1930er Jahren als Rangierlokomotiven für die deutsche Wehrmacht. Die Typenbezeichnung bezeichnet eine Wehrmachts-Rangierlokomotive mit 360 PS, Achsfolge C (drei gekuppelte Treibachsen) und einer Achslast von (ca.) 14 Tonnen.
Sowohl die Deutsche Bundesbahn (DB) als auch die Deutsche Reichsbahn der DDR (DR) haben nach dem Krieg Lokomotiven dieser Bauart als Baureihe V 36 eingeordnet. Vorübergehend liefen die Lokomotiven bei der DR auch unter anderen Bezeichnungen, z. B. V 10. Bei den ÖBB wurden die in Österreich verbliebenen Lokomotiven unter der Baureihe 2065 eingereiht. In den neuen deutschen Nummernplänen trugen die Maschinen bei der DB ab 1968 die Baureihenbezeichnung 236, bei der DR ab 1970 die Baureihenbezeichnung 103.
Die Kraftübertragung vom Dieselmotor (verschiedener Hersteller, wie auch die Lokomotiven selbst) zu den Rädern erfolgte über ein hydraulisches Mehrstufengetriebe von Voith, eine Blindwelle und Triebstangen. Gebaut wurden die Loks für explosionsgefährdete Standorte der Wehrmacht (Raffinerien, Tanklager und Munitionsdepots), aber auch für Häfen, Flugplätze und ähnliches, wo Dampflokomotiven mit ihren Dampf- und Rauchschwaden sonst die Standorte verraten hätten. Ein gutes Beispiel dafür ist die Heeresversuchsanstalt in Peenemünde auf der Ostseeinsel Usedom, wo die WR 360 C 14 zwischen Zinnowitz und Peenemünde auch vor Personenzügen zum Einsatz kamen.
Entwickelt wurde die WR 360 C 14 aus der WR 200 B 12 und WR 200 B 14, der späteren DB Baureihe V 20. Die WR 360 C 14 wurde aber auch weiterentwickelt. Es entstand noch während des Krieges die WR 550 D 14, also eine stärkere, vierachsige Bauart in geringer Stückzahl. Diese Loks überlebten den Krieg allerdings, ganz im Gegensatz zu vielen ihrer zwei- und dreichachsigen Schwesterlokomotiven, leider nicht. Die Kriegs-Diesellokomotiven wurden während des Zweiten Weltkrieges in ganz Europa und - besonders im Fall der vierachsigen Variante - auch in Nordafrika eingesetzt. Ein Wochenschaubericht der damaligen Zeit zeigt sogar die Entladung einer WR 550 D 14 in einem nordafrikanischen Hafen.
Nach dem Krieg verblieben viele dieser Lokomotiven in den West- und in der Ostzone Deutschlands. Wenige Einzelstücke fand man auch in Österreich, Italien, Frankreich und den Benelux-Staaten. Bei der späteren DB wurden die WR 360 C 14, deren Aufarbeitung sich noch lohnte, in den Unterbaureihen V 36.0, V 36.1, V 36.2 und V 36.3 zusammengefasst. Während erstere ein dieselhydraulisches Getriebe und einen Endführerstand mit einem langen, hohen Vorbau besassen, waren die V 36.3 Mittelführerstand-Loks mit dieselmechanischer Kraftübertragung. Diese wurden aber schon bald ausgemustert, besonders nachdem die DB noch einmal eine Nachbauserie als V 36 401 - 418 bestellt hatte.
Die V 36.1, .2 und .4 wurden sogar im Wendezugdienst vor und hinter Reisezügen eingesetzt. Dabei kam die sogenannte "indirekte Wendezugsteuerung der Einheitsbauart" zum Einsatz. Das heißt, beim geschobenen Zug (meistens vierachsige Dieseltriebwagensteuer- und beiwagen, aber auch Plattformwagen der Bauart „Donnerbüchse“) befand sich der Lokomotivführer im Steuerwagen, währenddessen die Lok, die immer mit dem Vorbau am Zug stand, von einem „maschinentechnischen Begleiter“ besetzt war. Die Übermittlung der Fahrbefehle (die Bremse wurde vom Lokführer bedient) erfolgte über eine Klingelleitung und eine Art „Maschinen-Telegraph“. Für diese Einsätze wurden diverse V 36 einem großen Umbau unterzogen: Weil die Fahrt mit dem (recht hohen) Vorbau voraus immer etwas problematisch war und den Einmannbetrieb verhinderte, wurde ihnen eine Kanzel auf das Führerhaus gesetzt. Der Lokomotivführer stand dann auf dem Führerpult, in etwa so wie der Kapitän eines U-Boots im Turm. Es gab Versuchs- und Einheitskanzeln. Nach der Lieferung stärkerer Loks, vor allem der Baureihe V 60, wanderten die V 36 in den leichten Rangierdienst, in den Arbeitszug- und in den Werkstättendienst ab. In den 70er Jahren erfolgte ihre Ausmusterung.
Etliche V 36 blieben erhalten, sei es nun bei der DB und der DR selbst als historische Loks, bei Privatbahnen im In- und Ausland (die Verkehrsbetriebe Grafschaft Hoya (VGH) in Norddeutschland waren lange ein "V 36-Paradies") oder bei Museumsbahnen. Bei der DR sollen die V 36 wesentlich seltener vor Personenzügen im Einsatz gestanden haben. Hier waren die Loks - wegen mangelnder Ersatzteile remotorisiert - eher da zu finden, wofür sie schon die Wehrmacht vorgesehen hatte.
Als nach dem zweiten Weltkrieg der Schienenfahrzeugbau in Deutschland wieder anlief, bauten viele Hersteller der V 36 sehr ähnliche Lokomotiven für Privat- und Industriebahnen, z. B. die Krauss-Maffei ML 440 C. Von diesen Typen sind ebenfalls zahlreiche Exemplare verschiedener Hersteller erhalten geblieben, einige wenige Exemplare werden noch heute auf Industriebahnen eingesetzt.
Interessant ist hierbei, daß der Motor ein sogenannter "Warmstarter" ist, der erst bei ca. 60 Grad Celsius Kühlwassertemparatur angelassen werden kann. Der Motor entwickelt dabei, selbst im Startvorgang, nachweislich nur ein Minimum an Ruß, das jedem modernem Common-Rail-Dieselmotor zur Ehre gereicht.
[Bearbeiten] Literatur
- Stefan Lauscher: Die Diesellokomotiven der Wehrmacht. Die Geschichte der Baureihen V 20, V 36 und V 188. EK-Verlag, Freiburg 1999, ISBN 3-88255236-0