Witzleben (Adelsgeschlecht)
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Das Adelsgeschlecht Witzleben zählt zum thüringischen Uradel. Der Stammsitz Witzleben ist heute eine Gemeinde im Ilm-Kreis in Thüringen.
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[Bearbeiten] Geschichte
Erste Spuren der Familie finden sich auf der Stammburg der Elgersburger Linie in Form des in Stein gehauenen Wappens und der Jahreszahl 1088. Man kann aus diesem Stein schließen, dass das Geschlecht als Familie schon um 1088 existiert haben muss. Dafür spricht auch, dass im Jahre 1115 ein Fritz von Witzleben als Ritter und Edler des thüringer Landgrafen Ludwig des Bärtigen in der Schlacht am Welfesholz gefallen ist.
Urkundlich verbürgt - und seither in der Genealogie durchgehend - erscheint das Geschlecht erstmals 1133 mit Adelherus et Berbato de Wiceleibe im Gefolge des Grafen Ludwig III. von Thüringen.
Schon im 13. Jahrhundert haben sich mehrere Linien herausgebildet. Eine nennt Christian von Witzleben zu Barchfeld 1290, eine Friedrich von Witzleben zu Elgersburg 1288 und eine weitere einen Ritter Herbord (Herbotho) von Witzleben ihren Stammherren - ebenfalls 1288. Andere Linien und Äste sind im Laufe der Zeit wieder erloschen. Bis heute haben sich die Linien Elgersburg, Liebenstein und Wendelstein erhalten.
Als Eigentümer des Gutes Alt-Doebern mit Schloss und angeschlossener Güter ist Dr. Heinrich von Witzleben 1886 als "Graf von Witzleben-Alt-Doebern" in den Grafenstand erhoben worden. Er war Mitglied des Preußischen Oberhauses.
Verwandtschaftliche - und adelsrechtlich legitimierte - Zusammenschlüsse mit Linien anderer adeliger Familien haben zu den Namensvereinigungen "von Witzleben-von Normann" (seit 1876), "von Ziegler-von Witzleben" (seit 1919), "Freiherren von Seckendorff-von Witzleben" (seit 1962) und "von Wurmb-von Witzleben" (seit 1989) geführt, die teilweise bis heute existieren und dabei sowohl eigenständige Familien als auch Teile der beiden jeweils betroffenen (soweit noch existent) Familien sind.
Das Geschlecht Witzleben hat über zahlreiche Besitzungen verfügt. So unter anderem über Angelroda, Berka, Bösleben, Elgersburg, Liebenstein, Molschleben, Neuroda, Oberellen, Wartenburg, Wendelstein, Witzleben und Wolmirstedt. Der Doktor beider Rechte und Ritter Heinrich von Witzleben zum Wendelstein stiftete 1554 die noch heute bestehende Klosterschule Roßleben, an deren Spitze seit dem immer ein Wendelsteiner Witzleben als Erbadministrator steht. Dieses Wendelsteiner Vorrecht wurde allerdings 2001 durch die Stiftung insoweit geändert und auf alle volljährigen männlichen Nachkommen erweitert.
Vor allem die Enteignungen nach 1945 führten zu zahlreichen Verlusten (darunter auch die Elgersburg und das Schloss Angelroda) von Besitzungen, die teilweise seit dem 12. Jahrhundert in Familienbestitz waren. So befinden sich heute noch das Herrenhaus Hude (Oldenburg) (seit 1678) der Liebensteiner Linie und die Klosterschule Roßleben (seit 1554) im Eigentum von Familienmitgliedern bzw. Stiftungen. Das Schloss Weingartsgreuth ist als ehemaliger Besitz des Freiherrn von Seckendorff seit 1962 im Eigentum des Erben, des Freiherrn von Seckendorff-von Witzleben.
[Bearbeiten] Wappen
Das Stammwappen ist dreimal von Silber und Rot in gestürztem Sparrenschnitt geteilt. Auf dem Helm ist ein runder roter Hut mit aufgeschlagener Hermelinkrempe. Der Hut ist besteckt mit zwei schwarzen Schäften, die beiderseits mit runden Blättern besteckt sind und oben fünf abwechselnd rot und silberne Straußenfedern tragen. Die Helmdecke ist ebenfalls rot-silber.
Die Liebensteiner Linie führt darüberhinaus einen zweiten Helm, aus dem in natürlicher Farbe Hals samt Kopf eines goldbewehrten Geiers mit goldenem Halsband zwischen rechts zwei und links drei silbern- und rotgespaltenen Fähnlein mit roten Stangen hervorwächst.
[Bearbeiten] Namensträger
Neben zahlreichen Offizieren und Generälen (14 deutsche Generäle von 1755-1976) der deutschen Geschichte finden sich:
- Christian von Witzleben (1358-1394), (katholischer) Bischof von Naumburg-Zeitz von 1381/1382 bis 1394.
- Esther-Maria von Wittelsbach, Pfalzgräfin zu Birkenfeld-Gelnhausen (auch Esther-Maria von Birkenfeld-Gelnhausen), geborene von Witzleben (1665-1725), verwitwete von Bromsee, verheiratet mit Johann Karl Pfalzgraf von Birkenfeld-Gelnhausen (1638-1704), mit ihr wurde die bis heute bestehende (und auf Schloss Tegernsee und Schloss Wildenwart ansässige) Nebenlinie zu den Königen von Bayern, die Linie der Herzöge in Bayern, begründet; sie ist die leibliche Urururgroßmutter der späteren Kaiserin Elisabeth von Österreich ("Sisi").
- Karl August Friedrich von Witzleben (1773-1839), deutscher Schriftsteller unter dem Pseudonym A. von Tromlitz.
- Karl Ernst Job-Wilhelm von Witzleben (1783-1837), Herr auf Liszkowo (Witzleben), zuletzt preußischer Generalleutnant und Generaladjutant König Friedrich Wilhelms III. von Preußen, 1833-1835 Staats- und Kriegsminister. Nach ihm ist der Stadtteil "Berlin-Witzleben" in Berlin benannt, da die Gründe um den Lietzensee ihm vom König geschenkt wurden.
- Hartmann Erasmus von Witzleben (1805-1878), Oberpräsident von Magdeburg, Königlich-Preußischer Wirklicher Geheimer Rat, Dechant von Merseburg; verheiratet mit Marie Wilhelmine Elise Gräfin von Solms-Baruth (1823-1910); Vater von Dr. Heinrich Hartmann Friedrich Graf von Witzleben-Alt-Doebern.
- Gerhard August von Witzleben (1807-1880), preußischer Generalleutnant und Militärschriftsteller.
- Margarethe von Witzleben (1853-1917), Menschenfreundin, gründete die deutschen Hephata-Vereine für Schwerhörige und Ertaubte, Gründerin der deutschen Schwerhörigen-Bewegung; 1901 organisierte sie den ersten Gottesdienst für Schwerhörige, 1905 begründete sie die "Hephata"-Zeitschrit für arbeitslose Schwerhörige, 1906 ein erstes Gymnasium für Schwerhörige, die heutige Margarethe-von-Witzleben-Schule in Berlin. Ihr Grab auf dem Friedhof Berlin-Wilmersdorf wurde 1995 zum Ehrengrabstätte ernannt. Das "Witzlebenhaus" - Sitz der Deutschen Schwerhörigenbundes - in der Charlottenstraße 23a in Berlin trägt eine Gedenktafel. Bis heute verleiht der Deutsche Schwerhörigenbund (DSB) als höchste Auszeichnung die Margarethe-von-Witzleben-Medaille.
- Dr. Heinrich Hartmann Friedrich Graf von Witzleben-Alt-Doebern (1854-1933), Mitglied des Preußischen Oberhauses.
- Walther Otto Dietrich von Witzleben (1865-1949), Generalmajor, Kommandeur des sächsischen Militärordens St. Heinrich, Ritter des Ordens Pour Le Mérite; Weggefährte Mackensens.
- Job-Wilhelm Georg Erwin von Witzleben (1881-1944 (hingerichtet)) deutscher Heeresoffizier, zuletzt Generalfeldmarschall und Oberbefehlshaber des Heeres West; seit 1934 regimekritisch, als Widerstandskämpfer des 20. Juli wurde er 1944 in Berlin hingerichtet.
- Dr. Wolf-Dietrich von Witzleben (1886-1970), Aufsichtsratsvorsitzender der Siemens-Halske AG under der Siemens-Schukertwerke AG, des späteren Siemenskonzerns.
- Irmgard Marie Elisabeth von Witzleben (1896-1944 (hingerichtet)), Künstlerin, Schülerin von Emil Orlik, malte unter anderem den Kronprinzen Wilhelm von Preußen; als kämpferische Gegnerin des Nationalsozialismus korrespondierte sie mit der Königin von Großbritannien. Als dieses Bemühen aufkam, wurde sie verhaftet und 1944 im Konzentrationslager Ravensbrück hingerichtet.
- Friedrich-Karl Dietrich von Witzleben (1929-2001), Vorstandsvorsitzender der Siemens Nederland N. V.
- Alexander Reymar Karl-Wilhelm von Witzleben (* 1963), aktuell Vorstandsvorsitzender der JENOPTIK AG, wechselt 2007 in den Vorstand der Franz Haniel & Cie. GmbH.
[Bearbeiten] Literatur
- Otto Hupp: Münchener Kalender 1929. Buch u. Kunstdruckerei AG, München / Regensburg 1929.
- Genealogisches Handbuch des Adels, Adelige Häuser A Band XXIV, Seite 465f., C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1996, 0435-2408
- Meyers Lexikon, Siebente Auflage, 1930, Band XII.
- Hermann v. Witzleben / Ilka v. Vignau, Die Herzöge in Bayern - Von der Pfalz zum Tegernsee, Prestel, München 1976.