Ambra
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Die Ambra oder der Amber (arab.) ist eine graue, wachsartige Substanz aus dem Verdauungstrakt von Pottwalen. Sie wurde früher bei der Parfümherstellung verwendet. Heute ist sie von synthetischen Substanzen weitgehend verdrängt und wird nur noch in wenigen exklusiven Parfüms verwendet.
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[Bearbeiten] Entstehung
Ambra entsteht bei der Nahrungsaufnahme von Pottwalen. Die unverdaulichen Teile wie Schnäbel oder Hornkiefer von Tintenfischen und Kraken werden im Ambra eingebettet. Über die genaue Ursache der Entstehung besteht Unklarheit. Möglicherweise liegt eine Stoffwechselkrankheit des Pottwals vor, wenn er Ambra bildet. Einer anderen Theorie zufolge dient der Stoff dem Wundverschluss bei Verletzungen der Darmwand.
Über die Entstehung der Ambra wurde schon im 10. Jahrhundert spekuliert. Der arabische Reisende Al-Masudi gab Berichte von Händlern und Seeleuten wieder, die behaupteten, Ambra wachse wie Pilze auf dem Meeresboden. Sie würde bei Stürmen aufgewirbelt und so an die Küsten gespült. Ambra käme in zwei unterschiedlichen Formen, einer weißen und einer schwarzen, vor. Al-Masudi berichtete auch davon, dass an einer Stelle der arabischen Küste am Indischen Ozean die Bewohner ihre Kamele auf die Suche nach Ambra abgerichtet hätten.
Al-Masudis Theorie über die Herkunft der Ambra wurde auch sechs Jahrhunderte später noch vertreten, etwa von Adam Lonitzer. Das ein halbes Jahrhundert später erschienene Allgemeine Lexikon der Künste und Wissenschaften hielt Ambra für „erd-pech“, das durch die Flut angeschwemmt und durch Luft und Meerwasser gehärtet würde.
[Bearbeiten] Verwendung
Die frische Ambra ist weich und riecht abstoßend, sie erhält erst durch den über Jahre oder Jahrzehnte währenden Kontakt mit Luft, Licht und Salzwasser ihre feste Konsistenz und ihren angenehmen Duft.
Der grauen und schwarzen Ambra kam bei der Herstellung von Parfüm erhebliche Bedeutung zu. Aufgrund der Synthetisierung dieser Substanz und dem Handelsverbot von Pottwalprodukten gemäß dem Washingtoner Artenschutz-Übereinkommen wird Ambra heutzutage jedoch kein Wert mehr beigemessen, wenngleich es noch in der Homöopathie Anwendung findet.
Ambra wird auf dem Meer treibend gefunden in Klumpen von bis zu 10 Kilogramm, in Einzelfällen aber auch über 100 Kilogramm. Erst später entdeckte man bei der Schlachtung von Pottwalen die frische Ambra im Darm vereinzelter Tiere; es können bis zu 400 Kilogramm enthalten sein. Solche Mengen führen jedoch gehäuft zu Darmverschluss und mithin dem Tod dieser Tiere.
Der Duftstoff der Ambra ist Ambrein, ein Alkohol, der durch Luft und Licht in die eigentlichen Duftstoffe, u. a. Ambrox, aufgespalten wird. Die Duftnote liegt zwischen holzig, trocken, balsamisch, etwas tabakartig bis bouquethaft mit aphrodisierendem Einschlag. Ambra, bzw. seine synthetische Form, wird typischerweise als Basisnote in Duftkompositionen eingesetzt.
Bereits im 15. Jahrhundert wurde Ambra in Europa gehandelt und mit Gold aufgewogen, wenngleich diese Funde nur in seltenen Fällen den höchsten Qualitätsansprüchen genügten. Leo Africanus schrieb im 16. Jahrhundert, dass der Preis für Ambra in Fès bei 60 Dukaten pro Pfund liege (im Vergleich dazu kostete ein Sklave 20, ein Eunuch 40 und ein Kamel 50 Dukaten). Damit war es ein sehr kostbarer Stoff, noch teurer als Gold und Edelsteine.
Jan Huyghen van Linschoten schrieb in seinen Reiseberichten folgendes über die Ambra:
- „[Sie wird] in vielen schönen Dingen mit Moschus, Zibet, Benzoin und anderen süßen Sachen gemischt verwendet, und aus den Mischungen werden schöne Äpfel und Birnen hergestellt und in Silber und Gold gefasst, welche die Leute [in den Händen] tragen, um daran zu riechen.“ [1]
Adam Lonitzer gab in seinem Kreüterbuch mit folgenden Worten eine Ersatzrezeptur für echte Ambra an:
- „…Ambra factitia, das ist … gemachte Ambra, so an statt der natürlichen Ambrae bey vielen (doch viel geringer an Krafft) wird gebraucht, wird von Muscatnuß, … Nägelin, Spicanardi, Bisem und Rosenwasser gemacht und zu einer Massa … bereitet. Etliche bereiten ihn auf eine andere Weiß, doch muß allwegen Bisem oder Zibett darbey seyn.“
In der Liebeslyrik wurde häufig die Ambra genannt. Im Hohelied Salomos sagt der Freund zu seiner Geliebten:
- „Meine Freundin,
- wie duftet dein Leib
- besser als Narde und Ambra.“ [2]
[Bearbeiten] Etymologie
Ambra oder Amber ist ebenfalls die lateinische, englische und altdeutsche Bezeichnung für Bernstein.
Die Engländer nennen Bernstein „Amber“, wobei man annimmt, dass damit eine Ausscheidung (Ambre gris) der Wale gemeint sei, und offiziell leiten die Etymologen den Wortstamm vom arabischen Wort anbar = Ambre gris ab.
Das Wort „Amber“ wird neben dem Englischen auch in weiteren Sprachen verwendet:
- auf Französisch ambre jaune,
- auf Italienisch ambra gialla, und
- auf Spanisch el ambar.
Im Gegensatz zu den Engländern haben diese Völker früher kaum Kontakt zu Walfängern gehabt und müssten das Wort aus einer gemeinsamen Quelle bezogen haben – vermutlich aus dem lateinischen „amburo“.
Neben dem Bernstein wurde in der alten Literatur auch Walrat, weißer Liquidambar und echter flüssiger Storax als weiße Ambra bezeichnet. Al-Kindi gab zudem unter dem Stichwort „Amber“ drei Duftstoffrezepturen an, die nichts mit der Ambra zu tun hatten.
In der deutschen Sprache erscheint das Wort Amber im Flussnamen Amper, im Ammergebirge, Ammersee und im Namen Ammergau. Diese Namen sind Bestandteile einer Bernsteinroute.
[Bearbeiten] Literatur
- Renate Smollich: Der Bisamapfel in Kunst und Wissenschaft. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 1983, ISBN 3-7692-0733-5, S. 26–30 (zur Geschichte des Duftstoffs)
[Bearbeiten] Weblinks
- Australien: Reich durch Pottwal-Erbrochenes (tagesschau.de vom 24.01.2006)
- Johannes Richter: Details zur Etymologie Amber und Theorie der Bernsteinrouten (PDF)